Expertenrunde: „Politiker und soziale Medien“

Wermelskirchen | Der Ältestenrat des Stadtrats, also die vertrauliche Runde der Fraktionsvorsitzenden der Stadtratsfraktionen unter Vorsitz des Bürgermeisters, hält eine öffentliche Expertenrunde „Politiker und soziale Medien“ mit externen Fachleuten für Kommunikation und politische Sprache für sinnvoll.

Anlass für die Beratung in diesem kleinen Kreis des Stadtrates waren die von Henning Rehse (WNKUWG) öffentlich auf Facebook gemachten Äußerungen zur Seenotrettung im Mittelmeer und der Identitären-Sprech von der „Umvolkung“ Deutschlands.

Es ging und geht seit geraumer Zeit um die Frage, ob sich Mandatsträger nicht einer besonderen Sorgfaltspflicht bei der Wahl öffentlicher Äußerungen unterziehen und einer weiteren Verrohung der Sprache entgegenwirken sollen. 

Jochen Bilstein, Fraktionsvorsitzender der SPD, hatte mit seinem Antrag, der Rat möge Henning Rehse für seine Äußerungen rügen, den Anstoß für die Sitzung des Ältestenrates gegeben. Aus formalrechtlichen Gründen ist die Behandlung des Antrages im Rat nicht möglich. Bilstein sagte nach der Sitzung: „Wir waren uns einig, dass es in der Wirkung keinen Unterschied macht, ob man etwas privat postet oder als Mandatsträger“. Es gehe um die Wortwahl, es gehe darum, der Verrohung der Sprache etwas entgegenzusetzen und es gehe um die Verantwortung der Mandatsträger bei Themen wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. 

Die SPD-Fraktion wird für die Sitzung des Stadtrates am 7. Oktober einen Resolutionsentwurf zu diesem Themenkomplex vorlegen.

Nachtrag:

Henning Rehse ist einer der treuesten Leser des Forum Wermelskirchen. Mehr noch: Er beteiligt sich mitunter auch an der Verbesserung, an der Präzisierung von Beiträgen. So geschehen heute. Über Facebook.

„Abmahnung: Hallo Herr Horn, ich gebe Ihnen bis spätestens 14 Uhr Zeit, das Wort “Umvolkung” in Ihren Beitrag https://forumwk.de/2019/08/03/expertenrunde-politiker-und-soziale-medien/ in Verbindung mit meinen Äußerungen zu entfernen oder nachzuweisen, wo ich dieses Wort benutzt habe. Gruß HR“

Ich habe am 11. Juli an dieser Stelle unter dem Titel “Bevölkerungsaustausch” geschrieben:

„Bevölkerungsaustausch. Was für ein Wort. Was für eine krude Idee. Flüchtlinge und Migranten würden systematisch ins Land geholt, seit 2015, um die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung zu verändern. Mehr noch: um das deutsche Volk zu ersetzen. Durch Nicht-Deutsche.“ Ein anderes in diesen Kreisen populäres Wort dafür ist „Umvolkung“. Beide Begriffe sind toxisch. Es ist die Sprache der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“, es ist die Sprache des Flügels der AfD, es ist Rechtsextremisten-Sprech.

Was unterscheidet nun den folgenden Satz von den Begriffen „Umvolkung“ oder „Bevölkerungsaustausch“: „Es geht ausschließlich darum, dass bestimmte Kreise Menschen nach Deutschland holen wollen, um hier und in Europa in ihrem Sinne die Zusammensetzung der Bevölkerung zu verändern!“

Nichts.

2. Nachtrag

Henning Rehse ist noch nicht zufrieden. Via Facebookmessenger bittet er um die Nachbesserung des Beitrages:

Da ich auch das Wort „Bevölkerungsaustausch“ nicht verwendet habe, sind Ihre neuerlichen falschen Ausführungen nach wie vor in der Welt. Ich fordere Sie abermals zur Löschung auf!

Die Antwort auf meine Frage oder zumindest ein kleiner Hinweis darauf, inwieweit sich die vor allem von Rechtsextremisten verwendeten Begriffe Umvolkung oder Bevölkerungsaustausch von der Rehseschen Wortschöpfung Veränderung der Bevökerungszusammensetzung unterscheiden, hat der Fraktionsvorsitzende der WNKUWK indes nicht geliefert. Schade.

3. Nachtrag

Henning Rehse ist so freundlich zu erklären, was er eigentlich gemeint haben könnte:

Herr Horn, ich muss nichts liefern, Sie müssen falsche Aussagen gerade rücken. Ich erkläre es Ihnen aber gerne: Wenn in der Hagenstrasse ein Seniorenehepaar fortzieht und eine Familie mit Kindern hinzieht, hat sich die Zusammensetzung der Bevölkerung in der Hagenstrasse verändert. Das ist Fakt und zudem ein völlig wertfreier. Dieser Fakt gilt für die Hagenstrasse im Kleinen ebenso wie für Deutschland und Europa im Großen – völlig wertfrei. Mit Umvolkung und Bevölkerungsaustausch hat das – anders als Sie es gerne interpretieren – nichts zu tun.

Naja, immerhin ein Versuch, Herr Fraktionsvorsitzender. Klar ist es peinlich, mit einer öffentlichen Behauptung erwischt zu werden, die der Identitären Bewegung entlehnt ist. Statt Umvolkung oder Bevölkerungsaustausch habe Rehse aber mit seiner Formulierung, es gehe darum, “dass bestimmte Kreise Menschen nach Deutschland holen wollen, um hier und in Europa in ihrem Sinne die Zusammensetzung der Bevölkerung zu verändern”, allenfalls die Möglichkeiten einer demographischen Verjüngung der Hagenstraße und von ganz Deutschland vor Augen gehabt. Ich finde es nicht wirklich nett vom Fraktionsvorsitzenden der WNKUWK, sich jetzt dümmer zu machen, als er wirklich ist. Noch vor wenigen Tagen hat er auf Facebook geschrieben:

Ehrlich wäre es zu sagen, dass es bestimmten Kreisen nur darum geht, Menschen nach Europa zu locken und zu transportieren um Europa ethnisch, religiös, sprachlich, kulturell etc. zu verändern.

Europa ethnisch, religiös, sprachlich, kulturell zu verändern. Tja. Das ist die ganze Wahrheit. Henning Rehse fürchtet, daß sich durch die Aufnahme von Flüchtlingen die Bevölkerung in Gänze verändert bzw. verändert werden soll. Das ist, was die Identitären Bevölkerungsaustausch nennen, Reichbürger und Rechtsextremisten Umvolkung.

Wenn man das in dieser dankenswerten Offenheit schreibt, dann sollte man zu seinen Äußerungen auch stehen, Herr Fraktionsvorsitzender. Nebelkerzen sind überhaupt nicht angebracht. Stehen Sie zu Ihren Positionen und erklären Sie sie den Menschen in der Stadt. Aber geben Sie doch bitte Ihr Doppelspiel auf, auf Facebook fragwürdigste Thesen in teils unsäglich-unanständiger Sprache zu veröffentlichen und in der Umgebung das Rathauses von all dem nichts wissen zu wollen. Dr. Jekyll und Mr. Hyde haben beide im hiesigen Rat nichts verloren.

4. Nachtrag

Wenn nichts mehr hilft, dann bleibt ja immerhin noch die denunziatorisch formulierte Beleidigung:

Danke, dass Sie mit der Veröffentlichung bestimmter wortgleicher Phrasen zumindest dem Mitgliedern des Ältestenrates deutlich machen, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD noch eine von Ihnen und Ihresgleichen gesteuerte Marionette ist.

Nachlese

Zu guter Letzt:

Wie Sie ticken, wie verquer Sie Wortklaubereien betreiben, Ihr Wording, ihre untauglichen Versuche, missliebigen Personen das Wort im Mund rumdrehen, ihre Obsession, sich zum Zensor und Wächter gegen alles, was vermeintlich rechts von Ihnen – und das wird wahrscheinlich fast alles sein – steht, zu machen, gibt nur noch zu Gelächter bis Kopfschütteln Anlass!

(Ironiemodus an)
Kritisieren Sie doch bitte einmal alle die, die den Begriff „Mindestlohn“ benutzen – der Begriff ist nämlich ein ganz schlimmer, weil die Kommunistische Plattform der Linken ihn auch benutzt, und die ist „Kunde“ beim Verfassungsschutz…
(Ironiemodus aus)

Nein, Herr Rehse. Rehse gibt es bei mir immer nur im Original. Kein einziges Ihrer Zitate wurde geändert. Ich habe selbst alle orthographischen oder grammatischen Fehler übernommen. Hier kann man nichts “im Mund rumdrehen”. Jeder Leser kann sich sein eigenes Bild machen. Auch davon, wie Sie jetzt mal wieder versuchen abzulenken. Von Umvolkung zum Mindestlohn, von Rechtsextremisten hin zur Partei Die Linke. De-Railing nennen die Fachleute das oder Whataboutism.

Zudem: Sie sind für mich nicht “missliebig”. Sie sind gewählter Stadtverordneter. Es geht lediglich darum, deutlich zu machen, daß Sie einerseits mit bei Rechtsextremisten entlehnter Sprache Stimmenfang auf der undemokratisch-rechten Seite des Politischen Spektrums betreiben und zugleich in der Umgebung des Rathauses den Eindruck erwecken wollen, Sie gehörten nach wie vor zur bürgerlichen Mitte.

Wir sollten das an dieser Stelle beenden, schlage ich vor.

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