Heimat-Zuhause – Ein Thema ohne verbindliche Antwort

Für mich plötzlich und in dieser Weise unerwartet hat seit 2015 der Begriff Heimat/Zuhause in der gesellschaftlichen Diskussion einen großen Stellenwert errungen. Sicherlich zu einem großen Teil bedingt durch die menschliche Geste der Bundesregierung im Jahr 2015, als sie tausende Menschen, die vor unserer Haustür einer Katastrophe entgegensahen, ins Land ließ, ihnen nicht die Türe vor der Nase zusperrte.

Aber was bedeutet Heimat für mich ganz konkret? Was ist mein Zuhause. Ich denke, jeder hat seine eigene Antwort auf diese Frage. Es gibt keine allgemeinverbindliche Antwort darauf. Der eine verbindet diese Begriffe mit dem Ort, an dem er geboren wurde und aufgewachsen ist. Der andere mit dem Ort, an dem er jetzt grade sein Leben lebt. Jemand anderes verbindet Heimat vielleicht mit seiner Nationalität, seiner Religion, was auch immer.

Ich muss gerade eine gesundheitliche Krise durchleben, die mich in ihrer akuten Phase massiv aus dem inneren Gleichgewicht brachte und bringt.  Ich mußte mein Zuhause verlassen. –  Ich sehe die fragenden Gesichter. – Ja, für mich hat Heimat/Zuhause ganz viel mit meinem inneren Gleichgewicht, meiner inneren Zufriedenheit zu tun. Etwas, das ich mir letztlich täglich neu erarbeiten muss. Dessen Grundstock jedoch meine Eltern, meine Geschwister, meine Lehrer gelegt haben. Um diese Basis herum habe ich mein Leben, meine Heimat, mein Zuhause gesponnen. Diese Heimat unterlag und unterliegt einem stetigen Wandel und musste schon so manche Krise erleben.

Meine akute gesundheitliche Krise hat mich aus der Bahn geworfen.  – Wie sehr aber würde ich aus der Bahn geworfen, wenn ich aus Gründen von Krieg, wegen wirtschaftlicher Zwänge oder  wegen Verfolgung meine Heimat verlassen müsste. – Ich weiß es nicht.

Viele unserer neuen Mitbürger, viele der Menschen, die bei uns eine neue Heimat suchen, ein Zuhause, erleben genau solche Krisen.  Ihre Heimat ist, wie auch immer sie dies bisher definiert haben, zusammengebrochen. Sie stehen plötzlich vor der Aufgabe, ihr Zuhause neu zu gestalten und zu definieren. Dabei verweben sie natürlich die neu vorgefundenen Gegebenheiten mit ihrer bisher vorhandenen Definition von Heimat, von Heim, von Zuhause. Sicherlich werden sie nicht nur das neue hinzufügen, sondern viele Teile ihrer bisherigen Heimat ersetzen bzw. verdrängen.

Heimat. Zuhause. Ein Begriff mit vielen Facetten, ohne allgemeingültige Definition. Und dennoch ein existentieller Begriff. Ein Begriff, der jeden einzelnen von uns täglich fordert, diesen mit Sinn zu füllen. Ein Begriff, der jeden einzelnen von uns täglich daran erinnern sollte, dass wir alle, gleich welcher Nationalität, Religion, welcher sexuellen Orientierung auch immer, unsere Heimat, unser Zuhause so definieren und gestalten, dass wir menschlich bleiben.

Buchtipp: Daniel Schreiber: „Zuhause – die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen“  https:/suhrkamp.de/buecher/zuhause-daniel_schreiber

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Richard Kranz
    • 12.03.19, 11:52 Uhr

    Ich glaube, eine erste Näherung ans “heimatliche Nest” beschreibt Kamil Gebran so :

    Sind deine Kinder klein, gib ihnen Wurzeln.
    Sind sie groß, gib ihnen Flügel.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.