Die Schmiede nahmen es mit der Steuer nicht sehr genau

Den Teil II des Beitrags über die Geschichte der Remscheider und Bergischen Werkzeug- und Eisenindustrie entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid:

Teil II

Wann die ersten Wasserhämmer und Schleifkotten im Remscheider, Cronenberger und Lüttringhauser Gebiet erbaut worden sind, wissen wir nicht. Die Heberegister der Kellnerei Burg aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die uns Auskunft zu geben vermöchten, sind leider verloren gegangen. Das älteste bekannte Verzeichnis der Mühlen, Hammerwerke und Schleifkotten im Amt Bornefeld ist von dem Burger Kellner Johann Bernhard Francken im Jahre 1692 aufgestellt worden. Aus dem Amt Beyenburg, dem die Wasserwerkean der Nordgrenze Remscheids und im Lüttringhauser Gebiet unterstanden, sind uns ältere Nachrichten erhalten geblieben.

Wie bemerkt, war dieses Amt über 100 Jahre lang mit einer kurzen Unterbrechung verpfändet. In der Zeit der Zwischenherrschaft entstanden am Morsbach, Mückenbach, Hermannsmühlenbach usw. zahlreiche Wasserkraftanlagen. Da sich die fremden Besitzer um die gewerblichen Verhältnisse dieses abgelegenen Gebiets anscheinend wenig kümmerten, so hatten die Inhaber dieser Werke keine Genehmigung nachgesucht. Recht erfreulich war es auch für sie, dass sie keine Abgaben für die Benutzung der Wasserkraft zu entrichten brauchten, während sonst in jenen Zeiten vielfach der Staat oder jeweilige Grundherr die Flüsse und Bäche als Regal nutzte und für die Benutzung der Gefälle einen Wasserzins einzog.

Dieser Zustand der Steuerfreiheit nahm aber mit der Rückkehr unter das Bergische Regiment ein jähes Ende. Im Jahre 1608 schrieb der Beyenburger Rentmeister Johannes Karsch an den Kanzler und die Räte zu Düsseldorf, dass im Kirchspiel zu Lüttringhausen in verschiedenen Orten auf den kleinen Bächen „vor langer Zeit vor und nach” einige Untertanen auf ihrem eigenen Grund und Erbe Klopfhämmer, Schleifkotten, Pulver- und Walkmühlen aufgerichtet und gebaut hätten, aber keine Wassererkenntnis (Steuer) zahlten, wie es im Amt Solingen und Burg gebräuchlich wäre. Die stets geldbedürftige Düsseldorfer Regierung nahm mit Vergnügen von dieser neuen Einnahmequelle Kenntnis und erteilte dem Rentmeister den Auftrag, unter Zuziehung des Lüttringhauser Richters sowie zweier Scheffen und des Amtsboten die betreffenden Werkstätten in Augenschein zu nehmen und den zu entrichtenden Wasserzins zu bestimmen. Es fand dann eine Besichtigung der Werke statt, die unterhalb der Hermannsmühle begann und bis zum Clemenshammer, hierauf ins Gelpetal bis zum Salscheider Bach führte und mit zwei Abstechern zum Leyer- und Marscheider Bach beendet wurde. Dabei wurden u. a. am Morsbach zwischen Clarenbach und Clemenshammer vier Klopfhämmer und neun Schleifkotten festgestellt.

Wenn im oberen Morsbachtal zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Wasserkraft in dieser Weise ausgenutzt wurde, dann dürfen wir annehmen, dass der Bach weiter unten, wo er bedeutend leistungsfähiger war, und wo links und rechts an den Abhängen die Stätten eines blühenden und gewerbefleißigen Sensenhandwerks lagen, noch stärker ausgenutzt wurde.

Die frühesten Nachrichten über die Hämmer und Schleifkotten der Cronenberger Gegend verdanken wir dem Elberfelder Lagerbuch von 1598. Noch früher werden einige Hämmer bei Clemenshammer und Büchel im Morsbachtal erwähnt. Im Jahre 1554 hören wir von einem Streit der Hammer- und Wiesenbesitzer unterhalb Büchel über die Wassernutzung, und im Jahre 1580 treten bei einer anderen Auseinandersetzung über die Anlage eines Schutts Clemens auf dem Hammer (Clemenshammer) und Hans im Grund auf, von denen der letztere den Hammeshammer bei Platz samt der dabei befindlichen Hütte besaß. Ein Schleifkotten in der Hasteraue wird bereits im Jahre 1548 als „der alte Rotten” bezeichnet. Die im Morsbachtal genannten Werke des Elberfelder Verzeichnisses lagen auf der rechten Seite des Baches. Die Anlagen des linken Ufers sind hier nicht erwähnt, weil sie in den Bereich der Kellnerei Burg gehörten und dorthin zinspflichtig waren.

Unter den zahlreichen Werken, die der Kellner Johann Bernhard Francken im Jahre 1692 als steuerpflichtig in sein Heberegister eintrug, sind sechs Kornmühlen, zwei Ölmühlen, acht Pulvermühlen (im Dabringhauser und Burscheider Gebiet), sowie zwei Walkmühlen und eine Loh­mühle (im Bereich Lennep) enthalten. Von den im Dienst des Eisengewerbes stehenden Werken sind bemerkenswert eine Drahtrolle und eine Feindrahtmühle zu Burg an der Wupper, die die landesherrliche Verwaltung um das Jahr 1670 selbst angelegt hatte, um die Herstellung grober und feiner Drahtwaren ins Bergische zu verpflanzen. Die Bemühungen, für die blühende Drahtindustrie des Märkischen Gebiets ein Gegenstück zu schaffen, scheiterten aber, und die Bergischen Drahtziehereien gingen bald wieder ein. An gleicher Stelle wird auch eine Büchsenschmiede im Burgtal genannt. Mit ihren Bemühungen zur Förderung der Gewehrfabrikation hatte die Landesregierung mehr Glück, sie wurde bis gegen 1800 bei Burg mit Erfolg betrieben.

Die weit überwiegende Mehrheit der Wasserkraftanlagen bilden die Hämmer und Schleifkotten. 28 Hämmern und 20 Schleifkotten des Morsbachtales stehen elf Hämmer und ein Schleifkotten im Eschbachtal gegenüber. Rechnen wir die Werke der Seitentäler noch hinzu, so ergeben sich 37 Hämmer für das Morsbachgebiet und 15 Hämmer im Bereich des Eschbachs; bei den Schleifkotten ist das Verhältnis der entsprechenden Zahlen 22:1. Diese Tatsache spricht für die frühere gewerbliche Erschließung des Morsbachtales. Namentlich die Häufung der Schleifkotten in diesem Tale ist ein Beweis für die frühzeitige Ent­wicklung der Herstellung von Kleineisenwaren in den benachbarten Remscheider, Cronenberger und Lüttringhauser Ortschaften; denn in den Schleifkotten wurden die von den Schmieden gefertigten Sensen, Sichten, Strohmesser, Sicheln und Werkzeuge geschärft und poliert.

Im Süden Remscheids lagen anscheinend am Unterlauf des Lobachs in dem sogenannten Hammertal die ältesten gewerblichen Anlagen. Hier wird im Jahre 1622 schon außer einer Schmelzhütte ein Hammer und ein Schleifkotten bezeugt. Es dürften aber damals am mittleren Lobach, sowie im nahen Eschbachtal noch weitere Anlagen vorhanden gewesen sein. 

(nach: „Aus der Geschichte der Remscheider und Bergischen Werkzeug- und Eisenindustrie“ von Wilhelm Engels und Paul Legers, erschienen 1928 zum 25jährigen Bestehen des Arbeitgeber-Verbandes der Eisen- und Metallindustrie von Remscheid und Umgebung e. V., 1979 im Verlag Ute Kierdorf als Faksimile­druck neu aufgelegt.) 

Foto: Teichmauer am Diederichskotten 1994. © G. Schmidt (aus seinem 6. Buch)

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Richard Kranz
    • 06.01.19, 13:47 Uhr

    Nun ja, man merkt schon, daß da aus einem 90 Jahre alten Werk zitiert wird und daß die “Bergische Forschung” – wenn es so etwas denn überhaupt gibt – es seither für keinerlei Mühe wert erachtet hat, die Geschichte des eisenverarbeitenden Gewerbes im Bergischen Land weiter zu vertiefen. Der mittelalterliche Hintergrund ist natürlich auch sehr schwierig auszuleuchten, geht es doch zum nicht geringen Teil um Waffen, -Produktion und -Handel. Da stellt sich dann ganz schnell die Frage, was denn die ach so christlichen Altenberger Zisterziensermönche, ab dem späten 14. Jhd. Herren des “Klingenstädter”Fronhofes, mit der Lieferung von Kriegsgerät zu tun hatten; gleiches gilt für die auf Schloß Burg residierenden Johanniter, im Besitz z.B. des Strohner Hammers an der Mündung des Bertramsmühlenbaches in die Wupper, der als Kommendebesitz natürlich nicht in den herzoglichen Kellner-verzeichnissen auftaucht, weil kirchlich und daher “exemt”.

    Überhaupt : Waffenhandel und urkundliche Dokumentation sind wohl auch heute noch nicht wirklich mit einander vereinbar, verrgleiche das aktuelle Gerichtsverfahren gegen (ehemalige) Manager der Oberndorfer Firma Heckler & Koch, die – natürlich nicht offiziell und um drei bis vier Ecken – Handfeuerwaffen an mexikanische Drogenbarone geliefert haben sollen. War natürlich keiner, alle unschuldig ! Gibt schließlich so gut wie keine schriftlichen Beweise 🙂

    Die meiner Kenntnis nach frühesten urkundlich erfaßten metallverarbeitenden Werkstätten verzeichne ich zu Beginn des 15. Jhd. im oberen Sengbachtal : Buse/Frantz, Abgabenlisten, hrsg. vom BGV Abt. Wermelskirchen.

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