VON WALTER SCHUBERT
In einer Rundmail habe ich darüber informiert, dass ich mit sofortiger Wirkung die Arbeit als freier Mitarbeiter einer Lokalzeitung einstelle. Diese Nachricht habe ich an den Bürgermeister, den Dezernenten, an Vereine, Freunde und Bekannte geschickt. Kurz, an fast alle, die ich seit Jahren immer wieder bei Terminen treffe und spreche. (Sorry, habe bestimmt auch jemanden vergessen).
Ich habe ein paar Gründe dargelegt und aus dieser Funktion heraus „Tschüss“ gesagt.
Kaum waren diese Mails in der Welt kamen auch schon die ersten Antworten. Alle bestätigen mich in meiner Entscheidung, können sie verstehen, finden sie richtig und konsequent. Viele haben persönliche Worte gefunden, sich bedankt und nicht mit Lob und Anerkennung gespart. Dafür ganz herzlichen Dank, es hat mich teilweise richtig berührt. Aber das Ganze sollte ja kein Nachruf werden – hey, bin ja noch da!
Die Antworten haben, teils auch zwischen den Zeilen, gezeigt, wie in unserer Stadt „der journalistische Baum brennt“. Die Erwartungen an eine Zeitung und gerade auch an eine Lokalredaktion werden offenbar nicht erfüllt. Auch beim letzten Kulturstammtisch zeigte sich diese Erwartung. Immer wieder wurde gesagt: „Hier müsste die Zeitung…“ oder „Könnte denn nicht die Zeitung…“ und „Das wäre doch mal eine Aufgabe für die Zeitung…“ geäußert. Bei mir hätte man die Tür nicht eintreten müssen, sie hätte dafür weit offen gestanden, aber eben nur bei mir.
Wir werden sicher noch weiter darüber diskutieren und vielleicht ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, an die wir jetzt noch gar nicht denken.
Gute Zeit, man sieht sich.
(Beitragsfoto: Walter Schubert an den Tasten im Haus Eifgen © Wolfgang Horn)
Ich weiß, wie dringend wir den bezahlten Journalismus brauchen.
Aber mir war in der Tageszeitung alles zu “nett,” zu wenig investigativ. Mir scheint, man ist bemüht, niemandem weh zu tun.
Lieber Herr Ludwig,
Sie sprechen mir aus der Seele. “Investigativ” ist für unsere kleine Stadt vielleicht zu groß aber die Beschreibung “nett” trifft den Nagel auf den Kopf. Ich habe folgende Beschreibung: “Es ist wie ein schlaffer, lauwarmer, leicht feuchter Händedruck, ohne Meinung, ohne Kritik, ohne jegliche Haltung. Nicht anecken, nichts anstoßen, nichts und niemanden kritisch benennen. Den Kopf einziehen, in Deckung bleiben und nur nicht auffallen”.
Vielleicht merken es die Bürger jetzt doch.
Schöne Metaphern.
Der schlaffe Händedruck gefällt mir am Besten.
Mein Seminar für Kreatives Schreiben fängt am 8.3. in der VHS an und noch gibt es Plätze.