Camino Santiago 2018 bis 2020 – Ein Tagebuch

Tag 16 – Heute von Logrono nach Najéra

Heute machte ich mich nach einem Café con Leche in der Herberge auf den Weg aus der Stadt. Die Herberge fünfzig Meter weiter wurde gerade polizeilich geräumt. Keine Ahnung, wieso, weshalb.

Gestern, nach der Etappe und der Schreibarbeit, ging ich auf Empfelhung einer Mitarbeiterin der Herberge Tappas essen. Nicht in der Touri-Straße, sondern in einer der Parallelstraßen. Ich besuchte zwei verschiedene Tappabars, ließ es mir schmecken und genoß den Rotwein. Dannach, es war auch schon 22 Uhr, hatte ich die notwendige Bettschwere, um zu schlafen.  – Logrono ist eine große, wuselige Stadt. Man merkt, daß sie eine Universität beherbergt. Denn Logrono ist von jungem Leben geprägt.

Gestern schon beschäftigten mich die politischen Entwicklungen in der Welt und in Deutschland. – Klar, war dies auch Gesprächsstoff in den Gesprächen mit dem einen oder anderen Mitpilger. Und, klar, ich habe das politische Geschehen verfolgt. Es erschreckt, wie sehr auf weltpolitischer Ebene an den verschiedenen Zündschnüren gefrickelt wird.  – Es erschreckt mich, dass Nationalkonservative, Erzkonservative und Nazis, die sich in der AFD sammeln, in Deutschland anscheinend wieder salonfähig werden bzw. geworden sind. Es erschreckt mich, dass sich eine demokratische Wählergemeinschaft in meiner Heimatstadt anscheinend Anträge von der AFD schreiben lässt. Es erschreckt mich, daß demokratische Politiker versuchen, Menschen, die sich für Menschen engagieren, zu diffamieren und ins Lächerliche zu ziehen. 

Auch hat mich das Matthäus-Evangelium, Mt. 6 -15, in der Fassung der Zürcher Bibel beschäftigt. Wobei ich bei Mt 14 – 15 hängen geblieben bin. Der Aufforderung, dem, der sich mir gegenüber verfehlt, in jedem Fall zu vergeben. Denn nur dann vergibt mir Gott meine Verfehlungen. – Gehts eine Nummer kleiner? – Doch die Aufforderung im Evangelium ist eindeutig und läßt auch keinen Spielraum für Interpretationen. – Daran werde ich wohl noch bis zum Ablauf meiner Lebenszeit üben müssen.

Der Weg aus der Stadt führte erst einige Kilometer an Hauptstraßen entlang. Danach bog der Weg in einen Park ab und führte uns in das Naherholungsgebiet “Embaise de la Grajera”. Nach etwa 1,5 Stunden erreichte ich mein erstes Zwischenziel Navarreta. An der Kaffeebar direkt am Anfang der Hauptstraße herrschte schon Hochbetrieb. Das machte mir jedoch nichts, da es mir die Gelegenheit gab, mich mit einem Mitpilger zu unterhalten.

 

Nach meinem zweiten Frühstück ging es weiter Richtung Ventosa und Najera. – Navaretta ist für seine Töpferwaren bekannt. Am Ortsanfang stehen die Ruinen des Pilgerhospitals “San Juan de Arce”.

Der Weg zum zweiten Zwischenziel begann ganz nett und verlief zwischen Weinhängen. Später folgte er leider der neuen Autobahn über bestimmt fünf Kilometer. – Und, klar die eine oder andere Steigung hielt der heutige Weg bereit. So auch kurz vor Ventosa. Die Kaffeebar lag an einem Hang. Super! – Hauptsache Café con Leche.

Weiter ging es. Vorbei an einer der vielen Bodegas hier im Rioja. Eine kleine, steinige Steigung hinauf und dann auf der Hochebene. Die Landschaft zeigte sich wellenartig, links und rechts Weinreben. – Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Pilgerdichte seit Logrono nochmals zu genommen hat. Dennoch empfinde ich es nicht mehr störend, eher als bereichernd. Mal hier ein Hallo, mal dort und das eine oder andere längere Gespräch.

Die letzten Kilometer bis Najera zogen sich dann ganz schön. Irgendwann hatte ich genug von den Weinreben.  Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich dann endlich Najera und die Herberge. Ich mußte feststellen, dass ich doch sehr schnell unterwegs gewesen bin, trotz der zwei Pausen. Ich erreichte mein Tagesziel nach 6,5 Stunden und hatte 30 Kilometer auf dem Tacho. – Najera wurde 923 von König Sanchos Garcés erobert. Zuvor war es ein Stützpunkt der Römer, der von Kelten und später von Arabern übernommen wurde. Von der  blühenden, könglichen Stadt ist nichts mehr  geblieben.

Morgen ist für mich der letzte Tag auf dem Camino Santiago für dieses Jahr. – Es geht nach Santo Domingo de la Calzada.

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