Buchtipp: Die Türkin aus Wipperfürth

Von Matthias Dohmen

Texte, die über einen längeren Zeitraum entstanden sind und um das Verhältnis von Deutschen und Türken kreisen, hat Michael Zeller zu einem Titel zusammengebunden.

„Wo aus der Türkei kommen Sie her?“, wollte er

von ihr wissen, innerlich schon halb auf dem Rückzug.

„Aus Wipperfürth“, sagte sie.

„Anatolische Nüsse“ heißt die Geschichte, welcher der hier zitierte Dialog entnommen ist. 25 sehr unterschiedliche Texte vereinigt der Band „Die türkische Freundin“ des in Wuppertal lebenden Schriftstellers Michael Zeller. Meist kreisen die Texte um Zellers alter ego Andrich und seine türkische Freundin: erst Schülerin, später Mutter von zwei Kindern. „Die türkische Freundin I“ steht am Beginn des Buches, „Die türkische Freundin II“ am Ende, quasi als Klammer. Dazwischen stehen Skizzen, kurze erzählende Stücke und Gedichte, von denen allerdings eine Rezensentin meinte, sie blieben „rätselhaft“.

Ein zentraler Text heißt „Das falsche Grab“ und handelt von einem norddeutschen Dorf, mittendrin die Kirche und daneben der Gottesacker, den Andrich besucht. Dort stößt er auf zwei türkische oder türkischstämmige Kinder und ein Gräberfeld, auf dessen Tafeln ganz unterschiedliche Namen stehen: „Gemeinsam ist allen nur eines: der Zeitpunkt ihres Todes: 18. April 1945, 19. April, 20. April, zu ‚Führers’ letztem Geburtstag ins Gras gebissen, hier in diesem norddeutschen Dorf, weit weg von zu Hause, ein Wimpernschlag vor dem Ende des Mordens“. Und: „Krieg – wie soll Andrich das dem Mädchen erklären? Soll er es überhaupt?“

Meist ist das Leben von Türken und Nicht-Türken, Deutschen und Nicht-Deutschen oder Deutschen, die von der Abstammung her Türken sind, ja banaler. Kein Völkermord, dagegen aufwühlende Fußballspiele etwa bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft. Mesut Özil heißt der Kicker, der nicht in Deutschland geborene Bundesbürger aus Anatolien befreit „Deutsch-Land“ rufen lässt: auch eine Form der Assoziierung.

„Geschichten und Gedichte“, so der Untertitel, vereinigt das von Jorgo Schäfer (Cover) sinnfällig illustrierte Buch über Menschen, die, was immer für ein Geschrei ertönt, zu Deutschland gehören. Wie mag Zeller die Begegnungen beschreiben, die in zehn oder zwanzig Jahren stattfinden? In Franken, in Wipperfürth oder der Metropole des Bergischen Landes.

Michael Zeller, Die türkische Freundin. Geschichten und Gedichte, Oberhausen: Asso 2018, ISBN 978-3-938834-89-3, 108 Seiten, Euro 12,00,

www.assoverlag.de

www.michael-zeller.de

Dr. Matthias Dohmen M. A. ist Journalist und Historiker und lebt in Wuppertal.

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