Dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid, entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung den nachfolgenden Offenen Brief der Remscheider Jungsozialisten, die sich gegen eine Koalition mit CDU/CSU aussprechen. Wir publizieren diesen Brief aus der Nachbarstadt, weil es in Wermelskirchen keine Jungsozialisten gibt und mithin die Stimme gegen die Koalition fehlt.
Offener Brief der Remscheider Jungsozialisten (Jusos) in der SPD
Liebe Genossinnen und Genossen, es ist kein Geheimnis, dass wir, die Remscheider-Jusos, die GroKo nicht unterstützen. Die ausgehandelten Punkte im Koalitionsvertrag haben uns noch einmal deutlich gemacht, dass viele sozialdemokratische Inhalte nicht vorhanden sind oder gar durch Einwirken der Union keinen sozialen Nutzen mehr haben. Wir sind uns sicher, dass die Parteispitze alles daran gesetzt hat, viele Punkte zu unseren Gunsten auszuhandeln. Doch angesichts der sozialen Probleme, denen wir ausgesetzt sind, bietet der Koalitionsvertrag keine große Verbesserung für die Menschen hier im Lande.
Einige Punkte im letzten Koalitionsvertrag, die durchgesetzt wurden, aber erhebliche Schwächen aufweisen.
Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Potsdam zufolge wurden 2016 mindestens 1,8 Millionen Beschäftigte schlechter bezahlt als 8,50 Euro pro Stunde
Die eingeführte Mietpreisbremse der schwarz-roten Koalition im Jahr 2015 wurde vor kurzem für gescheitert erklärt. Laut Wissenschaftlern fehlt der Anreiz von Seiten der Politik, neue Wohnungsbauten zu fördern.
Das Gesetz, um die Zeitarbeit auf maximal 18-Monate zu beschränken und nach neun Monaten denselben Lohn für Zeitarbeiter zu ermöglichen, ist vielen Klauseln und Sonderregeln ausgesetzt. Der Arbeitgeber darf von der 18-Monatsfrist abweichen, gleichgültig ob man tarifgebunden ist oder nicht. Zeitarbeiter als Streikbrecher sind weiterhin möglich, solange Zeitarbeiter aus anderen Stellen des Betriebs kommen. (Ausführlich: https://www.bund-verlag.de/aktuelles7-fragen-zur-neuen-leiharbeithttps://www.diw.de/de/diw_01.c.572687.de/themen_nachrichten/rund_1_8_millionen_beschaeftigte_die_an spruch_auf_den_mindestlohn_haben_bekommen_weniger.html / http://www.wiwo.de/politik/deutschland/zeitarbeit-und-werkvertraege-andrea-nahles-drehtbei/ 13580126.html)
Nein zu einem Weiter so!!!-Koalitionsvertrag
Bildung: Das Kooperationsverbot soll aufgehoben werden und es sollen 11 Milliarden Euro Bildungspaket in die Wege geleitet werden, die BAföG-Reform, eine bessere Ausstattung der Universitäten und den „Digitalpakt“ für Schulen ermöglicht. -Das Problem jedoch liegt darin, dass für dieses Vorhaben das Grundgesetz verändert werden muss. Es ist also eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag nötig, die Union und SPD einfach nicht haben. Wie schnell diese Reformen in die Wege geleitet werden sollen, ist ebenso unklar.
Arbeitsmarkt: Arbeitgeber dürfen mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen. Die sachgrundlose Befristung soll auch von ehemals 24 Monaten nur noch bis maximal 18 Monaten zulässig sein. Das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit wird erst ab einer Firmengröße von 45 Mitarbeitern gewährt. Der Anspruch wird jedoch nur einem pro 15 Mitarbeiter gewährt. Im Grunde ist der neuen bevorstehenden sachgrundlosen Befristung nichts auszusetzen. Doch bleiben weiterhin im Rückkehrrecht immense Probleme bestehen. Wer darf als Mitarbeiter wieder zurück in Vollzeit? Und wie wird die Entscheidung hierfür getroffen? Durch diese Regelung werden Frauen weiterhin der Altersarmut ausgesetzt. Ökonomen empfehlen Damen im Alter, sich einen Mann zu suchen?!
Pflege: Es sollen 8000 Pflegekräfte sofort neu eingestellt werden. Außerdem soll der Beruf des Pflegers durch eine Ausbildungsoffensive und mehr Anreize für Vollzeit attraktiver gemacht werden. -Wenn man bedenkt, dass in Deutschland 13.000 Pflegeeinrichtungen vorhanden sind, ist dieses Vorhaben nicht ansatzweise ausreichend.
Familien: Das Kindergeld soll zum 1. Juli 2019 um 10 Euro und Anfang 2021 soll es um 15 Euro erhöht werden. -Nichts auszusetzen. Doch kommen die Erhöhungen viel zu spät und für Familien sind es nur Tropfen auf den heißen Stein.
Digitalisierung: Bis 2025 soll es flächendeckend schnelles Internet mit Gigabit-Netzen geben, dafür soll ein Fonds von 10 bis 12 Milliarden Euro sorgen. -am 20.8.14 beschloss die Bundesregierung die digitale Agenda. Alle Haushalte über einen schnellen Internetanschluss mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde auszustatten. Dieses Ziel wurde ebenso nicht erreicht. – Die Digitalisierung ist ein komplexes Themengebiet. Doch scheint kein Wille vorhanden zu sein, um die Digitalisierung so schnell wie möglich zu fördern.
Finanzen: Für den Haushalt gilt weiter das Ziel einer “schwarzen Null”, also keine neuen Schulden. Die Länder sollen bis 2021 insgesamt acht Milliarden Euro für Flüchtlingskosten erhalten. -Angesichts dieser Wahlversprechen ist das Festhalten an der „schwarzen Null“ praktisch unmöglich. Wie die GroKo das bewerkstelligen möchte, überlasse ich Euch eurer Fantasie.
Es sind nicht alle Punkte aufgelistet, doch haben wir die wichtigsten Punkte hier noch einmal aufgelistet. Wir, die Jusos, appellieren an Herz und Verstand. Dieser Koalitionsvertrag ist leider eine Farce und bietet keine prägende sozialdemokratische Handschrift. In naher Zukunft stehen wir vor gewaltigen Herausforderungen, die kluge politische Lösungen brauchen: Dazu gehört die Schere zwischen Arm und Reich und die daraus resultierende Vererbung von Armut, sowie die Chancen-Ungleichheit, der maroden Infrastruktur, Altersarmut und der Renteneintritt der sogenannten „Babyboomer“ ab 2025. Um diese Problemen stemmen zu können, brauchen wir sozialdemokratische Lösungen. Liebe Genossinnen und Genossen lasst Euch bitte nicht von den Wahlumfragen einschüchtern und stimmt wie die Jusos mit einem Nein! für eine Erneuerung der SPD und für ein besseres Deutschland!!!
Liebe Grüße
Eure Remscheider Jusos
gez. Burhan Türken und Oliver Sommavilla (Juso-Vorsitzender)