Von Fritz Wolf
Nach der Wende gründeten sieben Fotografen aus Ostberlin die Agentur Ostkreuz, nach dem Vorbild von Magnum. Inzwischen ist „Ostkreuz“ die wichtigste Fotoagentur in Deutschland. Maik Reichert hat die Gruppe porträtiert (Arte, Mo 12.02.2018, 01.50-02.45)
Ute und Werner Mahler gehören zu den Gründungsmitgliedern der Fotoagentur Ostkreuz. Drehkreuz für gesellschaftlich engagierte Fotografie wollten sie sein, daher der Name. Ute Mahler lacht und sagt, wenn‘s nicht klappt, können wir immer noch sagen, dass der Name von der S-Bahnstation kommt, einem Berliner Verkehrsknotenpunkt.
Es hat aber geklappt. „Ostkreuz“ hat heute achtzehn Mitglieder, organisiert sich als Kollektiv wie das Vorbild „Magnum“ und ist eine Vereinigung sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten und Künstler. Maik Reichert hat sieben von ihnen begleitet und bei der Arbeit beobachtet: Annette Hauschild, Harald Hauswald, Ute und Werner Mahler, Julian Röder, Linn Schröder sowie Maurice Weiss.
Und dabei geht es dem Autor nicht nur um die bemerkenswerte Erfolgsgeschichte, sondern vor allem um Arbeitshaltungen bei ihren aktuellen Projekten. Julian Röder, der jüngste der Gruppe, der oft Demonstrationen fotografiert und sich in der Tradition von Malern von Schlachtengemälden sieht. Annette Hauschild, die sich auf die Suche nach Orten in Europa macht, in denen Sinti und Roma noch leben können. Harald Hauswald, der in „Ferner Osten“ die letzten Jahre der DDR fotografierte. Linn Schröder, die ihre Erkrankung zum Thema ihrer Fotos machte und Maurice Weiss, der einzige aktuell arbeitende Politikfotograf, der sich im hektischen Bilder-Inszenierungsgeschäft Haltung bewahrt.
Ute und Werner Mahler, die von April bis Juni eine große Werkausstellung in Hamburg hatten, werden mit einer wunderbaren Serie „Die Monalisen der Vorstädte“, mit Porträts junger Frauen aus fünf europäischen Ländern kurz vorgestellt. Oder vom Regisseur beobachtet bei einer Porträtsitzung mit Nina Hoss und Lars Eidinger, wunderbar leicht, klug, heiter, unaufgeregt. In den historischen Dokumenten der Gruppe taucht auch einmal Sibylle Bergemann auf, die leider viel zu früh verstorbene Fotografin, die vor allem der Modezeitschrift „Sibylle“ in der DDR gearbeitet hatte, der wichtigsten und interessantesten Zeitschrift des Landes mit hochwertiger Fotografie. Die vor allem auch davon lebte, dass die Bilder allesamt starke, selbstbewusste Frauen zeigten.
Natürlich kommt auch die schwierige Lage der Fotografen im Zeitalter der Digitalisierung zur Sprache, die Not, sich mit Aufträgen über Wasser halten zu können. Dazu aber auch die Leidenschaft und Neugier, die sich mit diesem Beruf verbindet. Ein interessantes und aufschlussreiches Gruppenporträt, von dem man nur hoffen kann, dass es über den sonntäglichen Sendeplatz am späten Nachmittag auch noch zu besserer Sendezeit wiederholt wird.