Kermani: Saufexzesse zu Karneval sind “Wohlstandsphänomen”

Der in Köln lebende Schriftsteller Navid Kermani (50) hält, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, die in jüngster Zeit viel diskutierten Exzesse im Kölner Karneval für ein Wohlstandsphänomen. “Ich glaube, jeder ältere Kölner wird bestätigen können, dass der Karneval kurz nach dem Krieg eine ganz andere Bedeutung hatte als jetzt, auch wenn damals viel weniger Alkohol getrunken und viel weniger Aufwand getrieben wurde. Aber es hatte eben eine Bedeutung, dass man drei, vier Tage im Jahr feiern und die Sorgen vergessen konnte.” In ärmeren Ländern könne man diese Art des Feierns heute noch erleben. “Aber wenn es jetzt auch noch Sommerkarneval und Kölner Oktoberfest und elften Elften gibt, dann verliert das Feiern seine eigentliche Bedeutung als etwas Besonderes, das vom Alltag befreit. Feiern als Dauerbeschäftigung kommt mir fürchterlich öde vor.” Dieses Phänomen sei im übrigen keineswegs nur in Köln zu beobachten. Durch den Dauerkarneval sei es lediglich besonders präsent. “Wenn nur noch eine Verballermannisierung stattfindet, wenn die Spaßgesellschaft sozusagen durchdreht und es nur noch darum geht, zu grölen und sich möglichst schnell zu besaufen, laufe ich weg.”

(© Beitragsfoto: Lesekreis: Navid Kermani auf der Frankfurter Buchmesse 2015 • CC-BY-SA 4.0)

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