Eine Stellungnahme von „Willkommen in Wermelskirchen“ zur kürzlich veröffentlichten Kriminalitätsstatistik
Von Cornelia Seng
Der Anstieg der Kriminalitätsrate unter jungen Flüchtlingen ist besorgniserregend, daran ist nichts schönzureden. Alles andere wäre realitätsfremd. Besonders junge Männer aus Nordafrika ohne Bleibeperspektive seien gefährdet, laut der Studie in Niedersachsen.
Ich habe mich schon immer gefragt, wie Menschen das aushalten können: Monatelange, oft jahrelange Wartezeiten bis zum Ausgang des Asylverfahrens ohne jede Aufgabe und jeden Nutzen. Es muss schwer sein, dabei anständig zu bleiben.
Kein Mensch kann auf Dauer leben ohne Wertschätzung, ohne Achtung vor der Würde seines Menschenlebens, ohne Selbstwirksamkeit, ohne Hoffnung auf Zukunft.
Das Konzept der Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Wermelskirchen“ war es von Anfang an, jedem Menschen, der bei uns angekommen ist, eine Chance auf Verwirklichung seines Lebens zu geben. Und ihm Respekt entgegenzubringen.
Das gebietet der christliche Glaube: Achtung vor der Würde jedes Einzelnen und Achtung vor den Geboten Gottes.
Zur Achtung der Menschenwürde gehört es, Teilhabe an unserer Gesellschaft zu ermöglichen.
Die Botschaft der Flüchtlingsinitiative an die Flüchtlinge lautete deshalb von Anfang an: Wenn du mit uns leben willst, musst du dich (natürlich) an die Regeln und Gesetze unseres Landes halten, unsere Sprache lernen und sobald wie möglich eine Arbeitsstelle finden, mit der du deinen Lebensunterhalt selber finanzieren kannst.
Deshalb bietet WkiWk für jeden kostenfreie Sprachkurse an und unterstützt aus Spendengeldern die Teilnahme an den offiziellen Deutschkursen des BAMF (Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge).
Mit ausreichender Sprachkenntnis kann man eine Lehrstelle finden, und wer eine Lehrstelle hat, kann eine Ausbildungsduldung bekommen, dann hat er eine Bleibeperspektive mindestens für die Zeit der Ausbildung.
Mit großem Einsatz der Aktiven von „Willkommen in Wermelskirchen“ ist es gelungen, gut fünfundzwanzig jungen Flüchtlingen in Wermelskirchen auf diese Weise eine Perspektive zu bieten, ein Ausweg aus der Langeweile, eine Aussicht auf Zukunft.
Ein weiteres Team von Menschen organisiert Nachhilfestunden und unterstützt sie dabei, den Anforderungen der Berufsschule nachzukommen.
Gut sechzig Menschen haben eine feste Arbeitsstelle oder haben Aussicht auf eine Arbeitsstelle nach erfolgreich absolvierten Praktika.
Die realen Zahlen dürften noch weit höher liegen, denn viele werden vom Jobcenter in Maßnahmen vermittelt oder haben durch eigene Kontakte Arbeit gefunden.
Deutschland braucht junge Flüchtlinge, nicht nur als schon voll ausgebildete Spitzenkräfte, wir brauchen Nachwuchs im Handwerk, gute Facharbeiter und Pflegekräfte.
Dazu ist ein klares Einwanderungsgesetz nötig: Es muss eine Perspektive geben, für die, die schon da sind. Ein Gesetz mit klaren Anforderungen und Fördermaßnahmen.
Das gebietet die Menschenwürde und auch der klare Menschenverstand, wie die Studie zur Kriminalitätsstatistik jetzt gezeigt hat.
Einwanderung und Migration brauchen endlich Regeln, auch für die, die sich über das Asylgesetz eine Lebensperspektive in unserer Gesellschaft erhoffen.
Ob die neue Bundesregierung das in ihr Programm aufnehmen wird?
Menschen, denen keine Wertschätzung entgegengebracht wird, werden auch der Gesellschaft, die sie ausschließt, keine Wertschätzung entgegenbringen.
In Wermelskirchen haben viele Bürger und Bürgerinnen die Einwanderung selbst in die Hand genommen, mit spürbar gutem Erfolg. Wie lange wird die Politik noch brauchen, um Menschenwürde und Vernunft in Einklang zu bringen?
Es liegt auch an der Offenheit der Bevölkerung, ob Integration gelingt.
Der Wiener Theologieprofessor Paul Zulehner sagt, er mache sich Sorgen. Sorgen um den Verbleib des „Christlichen“ im Christlichen Abendland.
Für Deutschland habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
(© Beitragsfoto: WKIWK. Junge Flüchtlinge in Wermelskirchen beim Tag der Offenen Tür im Berufskolleg 2016)