Wir finden ihn am Waldboden, an vermodernden Baumstämmen aber auch an Pilzen oder sogar an Brennnesseln, die sie überfallartig erobern und verspeisen – Schleimpilze. Sie sind nicht Tier, nicht Pflanze und auch nicht Pilz; sie gehören zu den sogenannten Amöbozoen, einzelligen Lebewesen, die keine Zellstruktur haben und eher mit Tieren als mit Pilzen verwand sind. Ihr oft sehr farbintensiver “Körper” glibbert über den Untergrund und umschließt alles Fressbare, verdaut es und lässt es als zusammengefallene Restmasse zurück. Wenn man ein Allien erfinden will – hier hätte man ein perfektes Vorbild.
Nach dem Fressen kann man ein Wachstum des Schleimpilzes erkennen – ohne Zellvermehrung ( normales Wachstum bei Tier und Pflanzen) nimmt die Masse zu. Diese besondere Lebensform nennt sich Plasmodium. Aber nicht nur das Plasmodium ist für Forscher von Interesse, es scheint, als haben dieses schleimige Lebewesen eine intelligente Vorgehensweise, um möglichst schnell an seine Fressbeute zu gelangen. Japanische Forscher haben die Gefräßigkeit und Intelligenz von Schleimpilzen zur Planung der Verkehrswegen zwischen Ballungsräumen in Tokio genutzt und Ergebnisse mit denen von Menschen entworfenen Plänen verglichen. Der Versuchsaufbau war recht einfach: Ins Zentrum (= Tokio) einer Platte wurde der Schleimpilz gesetzt. In entsprechenden Entfernungen von Tokio wurden die Punkte festgelegt, die den Entfernungen der großen Metropolen um Tokio entsprachen. Auf diese Punkte wurden Mengen von Haferflocken gelegt, die im Mengenverhältnis zur Bevölkerung dieser Metropolen stand. Wasserflächen wurden mit Plastikfolie und Berge mit Blaulicht simuliert – beides mag der Schleimpilz nicht so sehr.
Der Versuch begann, und es dauerte nicht lange und der gesamte Großraum um Tokio herum war bis über die Grenzen mit gelben Schleim überwuchert. Dann geschah das Unglaubliche: der Schleimpilz im Zentrum reduzierte innerhalb von acht Tagen seine großflächige Struktur und ließ nur Hauptstränge seiner “Versorgungsorgane” übrig. Es bildete sich ein Versorgungsnetz aus, dessen Größe und Länge der jeweiligen Nahrungsmenge angepasst war. Alle Teile der Zelle hatten optimale Verbindungen zueinander. Die Wissenschaftler verglichen die Struktur mit der bestehenden, echten Verkehrsstrukturen und mussten eingestehen, der Schleimpilz hatte die bessere Lösung gefunden und bereits Ersatzversorgungsleitungen eingeplant, die aktiviert werden können, wenn auf einer bestehenden Leitung Störungen entstehen würden. Übrigens: Der Schleimpilz im Bild wurde am Wiesenkotten entdeckt.