Dieser Beitrag von Adam Seef Aldin ist zuerst im Bürgerportal Bergisch Gladbach (in-gl.de) erschienen. Wir veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Georg Watzlawek.
Syrerin baut Online-Markt für Flüchtlinge auf
Von Adham Seef Aldin
Im März 2014 landete ihr Flugzeug in Düsseldorf. Sie kam mit ihrem Ehemann und zwei Kindern und sprach kein einziges Wort Deutsch. Inzwischen hat Weaam Eissa in Deutschland Asyl bekommen und in Bergisch Gladbach einen Online-Shop gegründet. Auf der Webseite „Souk Online” verkauft die Frau aus Syrien orientalische Produkte aller Art, ihr Mann kümmert sich um die Kinder.
Eissa hat in Syrien Architektur studiert und ist Bauingenieurin. In Deutschland merkte sie, wie schwierig es ist, für die Kinder Bücher in arabischer Sprache zu bekommen. Viele Flüchtlinge kopieren diese Bücher. Aber Issa fand heraus, dass es billiger ist, die Bücher in arabischen Ländern zu bestellen.
Daraus entstand ihre Geschäftsidee: „Ich will Flüchtlingen Produkte anbieten, die es hier vor Ort nicht gibt oder die zu teuer sind”, sagt sie. Auf einem Markt („Souk”) im Internet.
Die Syrerin hatte Oliver Schillings schon ein Jahr zuvor kennen gelernt, er ist Inhaber der PR-Agentur Alpha & Omega in Bensberg. Er berichtet jetzt: „Wir haben irgendwann überlegt, dass es schön wäre, zusammen ein Geschäft zu gründen. Weaam hatte die Idee, arabische oder syrische Produkte in Deutschland online zu verkaufen. Dann haben wir irgendwann Nägel mit Köpfen gemacht und das Projekt aufgesetzt.”
Oliver Schillings ist als Gesellschafter mit an Bord
Die Souk-Online UG war rasch gegründet, aber wegen der deutschen Bürokratie dauerte dann doch alles etwas länger. „Ich habe viele Hindernisse und Enttäuschungen erlebt”, sagt Eissa. So habe ihr Sachbearbeiter im Jobcenter ihre Pläne nicht ernst genommen. Sie habe doch drei Kinder.
Das Unternehmen brauchte nur wenig Startkapital. Das Jobcenter unterstützte das Projekt mit 3.000 Euro, Schillings übernahm einen Minderheitsanteil an der Unternehmergesellschaft. Sehr gute Unterstützung und Beratung bekamen die beiden von der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (RBW), berichtet Schillings.
Aber die Formulare von der Zollbehörde und dem Finanzamt zeigten sich als größere Schwierigkeit – weil Eissa sie nicht verstand. Die Sprachbarriere spielte auch für sie eine große Rolle.
Viel Zeit benötigten Eissa und Schillings, um interessante Lieferanten zu finden. Denn Souk Online verkauft viele verschiedene Sachen: Seife für das Gesicht, arabische Kinderbücher und Romane, Kopftücher, Mosaik und Geschenke zum Beispiel.
Gerne würde Eissa noch viel mehr Waren verkaufen. Zum Beispiel arabische Handarbeitsprodukte, die von Frauen oder jungen Menschen hergestellt werden. „Viele Syrer haben Erfahrung in der manuellen Fertigung, aber sie können diese Produkte nicht verkaufen,” erzählt sie. „Deshalb werden wir unser Bestes tun, um diesen jungen Frauen und jungen Männer einen Online-Markt anzubieten.” Außerdem könnte Souk Online auch Waren von arabischen Produzenten hier in Deutschland aufnehmen.
Eissa importierte ihre Waren zuerst aus Kuwait, inzwischen auch aus anderen Ländern. Im Gegenzug würde sie gerne kleine Elektrogerät aus Deutschland über Bekannte und Verwandte in die arabischen Länder exportieren.
Hinweis der in-GL-Redaktion: Autor Adham Seef Aldin stammt selbst aus Syrien. Er ist Journalist und nimmt mit dem Bürgerportal am Projekt „Newscomer” teil. Mit Georg Watzlawek bildet er eines der ersten lokalen „Tandems” und berichtet über Themen aus Bergisch Gladbach. Wenn Sie Vorschläge oder Hinweise haben, melden Sie sich!
Inzwischen ist die Seite Souk Online im Internet zu finden. Dort werden die Waren auf Arabisch und Englisch präsentiert. Es gibt auch eine Facebookseite mit rund 700 Fans. Auf der Seite kann man die Waren bestellen und elektronisch bezahlen, bevor sie mit der Post ausgeliefert werden. Viele Leute sind allerdings ängstlich, auf einer Website ihre Bankdaten anzugeben.
Zudem gibt es immer noch technische Herausforderungen, die Website ist nie ganz fertig und soll weiter wachsen. „Die Umsätze sind noch niedrig, nicht so hoch wie ich erwartet hätte”, erklärt Eissa. Aber sie gibt sich kämpferisch: „Trotzdem bin ich optimistisch, dass ich genug verkaufen werde.”
Schon bald soll ein Mitarbeiter im Kundenservice eingestellt werden, ergänzt Schillings, Arabisch-Kenntnisse wäre da von Vorteil.
Die neue Arbeit hat Eissa inzwischen gezwungen, auf das arabische Kochen für die Familie zu verzichte: „Das ist Nebensache geworden, ich habe zu wenig Zeit,” sagt sie. Ihr Ehemann gebe ihr moralische und häusliche Unterstützung: Er kümmere sich um die Kinder, während sie auf dem Arbeitsplatz ist. Er sei der Meinung, dass die finanzielle Unabhängigkeit und der Verzicht auf Sozialhilfe der beste Weg sei, der staatlich Hilfe und Kontrolle zu entkommen.
Schillings ist bei dem ganzen Projekt stark beteiligt. Auch er ist optimistisch und auch er profitiert von der Zusammenarbeit: „Weaam und ich haben das ganz gut auf die Beine gestellt. Ich habe dabei viel Neues über die kulturellen und mentalen Unterschiede gelernt. Durch Weaams Blick auf die deutsche Bürokratie fallen auch mir Dinge auf, über ich nie nachgedacht hatte.”
(Beitragsfoto: Weaam Eissa gründete Souk Online in Bergisch Gladbach)