Gesetzesänderung betrifft Windpocken

Dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für unsere Nachbarstadt Remscheid, entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung die nachfolgende Pressemitteilung der Stadt Remscheid, die für Wermelskirchener Bürger von gleichem Interesse ist:

Pressemitteilung der Stadt Remscheid

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde in mehreren Teilen am 17. Juli 2017 geändert. Am 24. August hat das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem „RKI-Ratgeber für Ärzte – Windpocken, Herpes zoster (Gürtelrose)“ die Abschnitte „Impfungen“ und „Umgang mit Kontaktpersonen“ aktualisiert. Das Vorgehen wurde damit den bereits bestehenden Empfehlungen beim Auftreten von Masern angepasst. Der Paragraf 34 des IfSG bezieht sich auf die Tätigkeit oder Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung nach Paragraf 33 IfSG (Schulen, Kindergärten, Horte, Ferienlager etc.) und kann bei Kindern, die keine Immunität gegenüber Windpocken besitzen, zum Ausschluss aus der Einrichtung für einen Zeitraum der mittleren Inkubationszeit (16 Tage) führen. Immunität gegenüber Windpocken haben diejenigen, die entweder diese Erkrankung durchgemacht haben oder zwei Mal eine Impfung gegen Windpocken erhalten haben.

Die Windpocken werden durch das Varizella-Zoster-Virus verursacht und führen im Kindesalter zu dem typischen Krankheitsbild der Windpocken mit Fieber und Hautausschlag, bei nichtimmunen Erwachsenen und Risikopersonen, wie beispielsweise Schwangeren oder Personen mit einer Immunschwäche kommen auch schwere Verläufe mit Komplikationen vor (zum Beispiel Lungenentzündung mit hoher Sterblichkeit, Hautblutungen). Auch Neugeborene sind besonders gefährdet, da sie ein unreifes Immunsystem haben.

Wer die Windpocken einmal hatte, ist gegen sie immun, kann jedoch im späteren Lebensalter die sogenannte Gürtelrose bekommen („Zoster“), denn diese wird vom selben Virus verursacht, das im Körper lebenslang verbleibt. Die Windpocken sind äußerst ansteckend und werden sowohl durch die Luft als auch durch den Bläscheninhalt übertragen. Man schätzt, dass weit über 90 von 100 nichtimmunen Personen nach Kontakt mit einem Infizierten erkranken. Die Ansteckung erfolgt etwa ein bis zwei Tage vor Auftreten der typischen Bläschen. Das führt zu einer raschen Ausbreitung in einem nichtimmunen Kollektiv und macht die Ausbreitungskontrolle sehr schwer. Es gibt jedoch vorbeugende Maßnahmen (Impfung) und nachsorgende (postexpositionelle Immunisierung) sowie weitere Maßnahmen der Ausbruchskontrolle (Zulassungsbeschränkungen), die in den nachfolgenden Absätzen näher beschrieben werden sollen.

Seit August 2004 besteht eine Impfempfehlung für alle Kinder und Jugendlichen. Mit zwei Impfungen ab dem 11. Lebensmonat wird ein wirksamer Schutz vor Windpocken erreicht. Die Impfung wird auch für bestimmte erwachsene Risikogruppen empfohlen. Ganz wichtig ist beispielsweise, dass Personal im Gesundheitsdienst, vor allem im Bereich Gynäkologie/Geburtshilfe und Intensivmedizin immun ist, da dort die besonders empfänglichen Personengruppen anzutreffen sind.

Grundsätzlich hat eine Impfung nicht nur den Zweck, das geimpfte Individuum zu schützen, sondern auch eine möglichst flächendeckende Immunität in der Population aufzubauen (sogenannte „Herdenimmunität“), um Personen zu schützen, die nicht geimpft werden können oder ein eingeschränktes Immunsystem haben. Sich impfen zu lassen ist daher bei vielen von Mensch zu Mensch übertragbaren Erkrankungen auch ein Akt der Verantwortung für seine Mitmenschen, denn durch eine möglichst umfassende Durchimpfung der Population ist es möglich, gefährliche Erkrankungen gänzlich oder in bestimmten Regionen auszurotten (z.B. Pocken, Polio).

Verdacht und Erkrankung an Windpocken sind schon seit März 2013 namentlich meldepflichtig nach Paragraf 6 und 7 IfSG. Die Gesundheitsämter sind verpflichtet, die Meldung innerhalb von 24 Stunden an die Landesgesundheitsbehörden auf dem elektronischen Weg weiterzuleiten. Auch Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen sind verpflichtet (Paragraf 34 IfSG), einen Krankheitsverdacht auf Windpocken oder eine Erkrankung an die Gesundheitsämter zu melden. Diese sind dann verpflichtet, Kontaktpersonen zu ermitteln und in Abhängigkeit von der konkreten Situation (Intensität des Kontaktes, Impfstatus, Vorhandensein von Risikopersonen) Maßnahmen zu treffen. Diese Maßnahmen können bei empfänglichen Personen einen Ausschluss aus der jeweiligen Einrichtung nach sich ziehen.

Die durch das Gesundheitsamt getroffenen Maßnahmen sind abhängig vom Immunstatus. Bei zweifach geimpften oder vor 2004 geborenen Personen erfolgen grundsätzlich keine Maßnahmen, da von Immunität ausgegangen werden kann. Hierzu existieren aussagekräftige Studien mit hohen Fallzahlen. Kann keine oder nur eine Impfung nachgewiesen werden und besteht keine Immunität, muss im Einzelfall entschieden werden, ob ein Besuch der Einrichtung weiterhin möglich ist.

Die Bedeutung der Windpocken ergibt sich vor allem aus den möglichen Komplikationen. Zur Entscheidung des RKI für die Gesetzesänderung und für die geänderten Empfehlungen zum Umgang mit Kontaktpersonen hat die Auswertung der Meldedaten geführt, die zu einen Rückgang um mehr als 85% seit Einführung der Impfempfehlung im Jahr 2004 geführt haben. Um die Zirkulation der Erreger zu reduzieren und somit die Verschiebung der Krankheitslast in ein höheres Lebensalter, mit all den dort häufiger vorkommenden Komplikationen, zu verhindern, wurde eine Reduktion des Ansteckungsrisikos in Gemeinschaftseinrichtungen zum Ziel erklärt.

Nach Eingang einer Verdachtsmeldung wird zunächst Kontakt zum meldenden Arzt aufgenommen und im nächsten Schritt durch das Gesundheitsamt ermittelt, zu welchen Personen und wann der/die Erkrankte engen Kontakt hatte. Die notwendigen Schutzmaßnahmen für nicht Geimpfte und nicht Immune werden individuell nach Risikoabschätzung festgelegt, um die Verbreitung der Erkrankung in der Einrichtung zu verhindern. In den Impfausweisen der Kontaktpersonen wird geprüft, ob eine zweifache Impfung besteht oder nicht und es erfolgt eine Beratung der betroffenen Personen. Im Fall von einmaliger Impfung wird eine umgehende Zweitimpfung empfohlen. Nach der Impfung kann das Kind die Einrichtung ohne weitere Einschränkungen wieder besuchen. In einzelnen Fällen kann bei ungeimpften Risikopersonen auch eine passive Immunisierung mittels Immunglobulin notwendig sein.

Wenn kein Impfnachweis geführt werden kann oder keine ärztliche Bestätigung über durchgemachte Windpocken besteht, kann dies, je nach Situation, zu einem Ausschluss vom Besuch der Einrichtung für die mittlere Dauer der Inkubationszeit, also für 16 Tage, führen. Die gesetzliche Grundlage für alle beschriebenen Maßnahmen bildet das Infektionsschutzgesetz mit seinen Paragrafen 6-8, 16, 25, 28 und 34.

Fazit

Auch wenn Windpocken bei den meisten Betroffenen einen gutartigen Verlauf haben, ist aus oben genannten Gründen eine Impfempfehlung erlassen worden mit dem Ziel, Komplikationen zu vermeiden und besondere Risikopersonen zu schützen. Diese Maßnahme führte in den ersten 10 Jahren nach Einführung der Impfung zu einer erheblichen Reduktion der Krankheitsfälle. Personen, die nach 2004 geboren sind oder denen aus arbeitsmedizinischer Sicht zu einer Impfung geraten wird, sollen durch diese Information sensibilisiert werden, ihren Impfschutz gegen Windpocken zu überprüfen und ggf. nachzuholen. Informationen, wann, für wen und wie oft die Impfung empfohlen wird, kann jeder niedergelassene Arzt oder Betriebsarzt geben

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