Das Ehrenamt wird ausgenutzt

Ein Einwurf von Walter Schubert

Das Ehrenamt wird ausgenutzt

Nachricht in der Bergischen Morgenpost am 16.Februar 2017: „30.000 Euro mehr für neun Politiker“. Landesinnenministerium beschließt Erhöhung der Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende. (spätere Berichtigung: es sind acht Politiker) Im Schnitt sind das gut 500 Euro zzgl. Sitzungspauschale pro Monat.

Diese Nachricht müsste doch allen Ehrenamtlichen bei Feuerwehr, THW, Rotem Kreuz, der Tafel, bei Sportvereinen, in der Kinder- und Jugendarbeit, der Flüchtlingshilfe und im Kulturbereich die Zornesröte ins Gesicht treiben. „Diese Entschädigung muss unsere Demokratie schon wert sein“, sagt Hauptamtsleiter Jürgen Scholz. So etwas müssen sich die Ehrenamtlichen von einem sicher gut bezahlten, gut versorgtem und wahrscheinlich unkündbaren Politiker auch noch sagen lassen. Wenn die Arbeit der „ehrenamtlichen“ Politiker diesen Wert hat, alle anderen Ehrenamtlichen aber nichts bekommen, ist diese ja offenbar auch nichts wert. Einige haben den Knall gehört, es verstanden und werden ihre Aufwandsentschädigung spenden. Respekt, das ist in Ordnung. Andere, wie Christopher Schmidtke (Fraktionschef und Vorsitzender des Ausschusses für Personal und Feuerwehr der Stadt Moers, Mitglied der GRÜNEN) beklagen, dass er für seine ehrenamtliche Tätigkeit zwar rund 770 Euro erhält aber unter dem Mindestlohn bezahlt würde. Aufwachen, Herr Schmidtke – die richtigen Ehrenamtlichen erhalten gar nichts, noch nicht mal den Mindestlohn! Nun ist ja die politische Kaste die einzige Berufsgruppe, die ihre Bezüge selbst bestimmen kann. Und die Bezüge müssen auch nicht in einem Zusammenhang mit einer erbrachten Leistung stehen. Vielleicht reagiert die Demokratie und Herr Schmidtke verliert seinen „ehrenamtlichen“ Nebenjob nach der nächsten Wahl. Demokratie bedeutet ja Gemeinwesen und da darf auch die Frage gestellt werden, wer für diese Gemeinschaft tatsächlich etwas leistet. Der Fahrer der Tafel, der ganz früh am Morgen die Lebensmittel einsammelt oder der Politiker, der sich hauptsächlich als Dummschwätzer profiliert? Klar, jetzt werden alle aufspringen und laut rufen: „So war das nicht gemeint. Das Ehrenamt ist wichtig und nicht zu ersetzen. Unser Dank gilt den vielen freiwilligen Helfern, die unermüdlich …..bla, bla bla“. Doch genauso ist es gemeint. Man reibt sich im Stillen die Hände und freut sich über den Einsatz der Freiwilligen, die sich teilweise noch als naive Spinner, Träumer oder Gutmenschen beschimpfen lassen müssen. Sind es nicht staatliche und hoheitliche Aufgaben sich um Brandschutz oder Katastrophenschutz zu kümmern? Muss sich nicht der Staat mit allen Konsequenzen um die Flüchtlinge kümmern, wenn er beschlossen hat sie ins Land lassen? Was wäre denn in Wermelskirchen passiert, wenn sich nicht spontan und freiwillig die Flüchtlingsinitiative gegründet hätte?

Schön sind auch die Veranstaltungen, bei denen sich die Ehrenamtlichen ihren Dank abholen dürfen. Ein warmer Händedruck, eine herzergreifende Rede über Nächstenliebe und Gemeinwohl und wenn es ganz schlimm kommt, die Verleihung einer Ehrennadel. Das Ganze natürlich organisiert durch die oben genannten gut Bezahlten, gut Versorgten und wahrscheinlich Unkündbaren. Warum geht da überhaupt jemand hin? Warum haut man denen das Ehrenamt nicht links und rechts um die Ohren? Warum machen alle tapfer weiter, lassen sich als „Gutmenschen“ beschimpfen und weiterhin ausnutzen? Einige führen ihren Glauben an, die Nächstenliebe oder haben einfach die Überzeugung etwas sinnvolles zu tun. Gut so und danke, denn ohne die Ehrenamtlichen würde uns das hoch gelobte Gemeinwesen komplett um die Ohren fliegen oder wir könnten in Wermelskirchen abschließen und der Letzte macht das Licht aus.

Übrigens: Für die genannten 30.000 Euro könnte man sicher einen neuen Fußboden in den Räumen der Tafel herstellen, der kurz vor dem Einsturz steht.

Kommentare (3) Schreibe einen Kommentar

    • Stefan Janosi
    • 21.02.17, 22:37 Uhr

    Ziemlich undifferenziertes Statement. Zumal der gescholtene Herr Schmidtke ca. 50% seiner Aufwandsentschädigung spendet. So bleiben für einen erheblichen Aufwand 385,- p. M. übrig die teilweise auch noch versteuert werden müssen. Was allerdings berechtigt kritisiert werden muss, ist das immer mehr kommunale und staatliche Aufgaben an ehrenamtliche Helfer delegiert werden. Ob in der Kinder- und Jugendbetreung, in der Flüchtlingshilfe oder in vielen anderen Bereichen fährt der Staat sein Engagement immer weiter zurück. Das ist der eigentliche Skandal, und dieser sollte diskutiert werden !

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    • Peter Berner
    • 22.02.17, 0:39 Uhr

    Das ist überhaupt nicht undifferenziert, nur weil es gegen einen Grünen geht.

    Und versteuern, Herr Janosi, sollte doch eine Ehrensache sein!?
    Oder sehen Sie das als Grüner differenzierter?

    Herne Schubert sollte hier eher ein Kompliment gemacht werden daß er Mißstände so schonungslos anspricht.

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    • stefan janosi
    • 22.02.17, 18:35 Uhr

    Herr Berner, ich hätte mich gefreut wenn sie sich etwas sachlicher mit meinem Kommentar auseinandergesetzt hätten. Mein Kritikpunkt, das zunehmend Aufgaben der öffentlichen Hand an ehrenamtlichen delegiert werden, wurde von Ihnen wohl überlesen. Politikerbashing ist zwar en vogue, zielt aber am eigentlichen Problem weit vorbei. Das in vielen Kommunen freiwillige Feuerwehren etc. auch Aufwandsentschädigungen bekommen, passt dann wohl auch nicht in Ihr Weltbild. Und das hier exemplarisch ein Politiker der Grünen genannt wurde, hat nichts mit dem Problem zu tun das immer weniger Menschen am Ehrenamt interessiert zu sein scheinen. PS: Herr Berner, welches Ehrenamt bekleiden Sie ?

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