Rechtsextreme und rechtspopulistische Einstellungen in Deutschland sind stabil und besonders hoch unter Sympathisanten der AfD verbreitet. Dies hat eine gestern vorgestellte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ergeben, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld (IKG) erstellt worden ist.
Die Neue Rechte transportiert über die Begriffe “Identität” und “Widerstand” eine nationalistisch-völkische Ideologie und löst zunehmend den offenen Rechtsextremismus ab.
Verschwörungsphantasien hinsichtlich einer vermeintliche Unterwanderung durch den Islam, ein vorgebliches Meinungsdiktat, die Beschimpfung und Herabwürdigung des “Establishments”, die Forderung nach nationaler Neuorientierung gegen die EU und der Aufruf zum Widerstand gegen die aktuelle Politik bilden ein zusammenhängendes Einstellungsmuster, das von bis zu einem Viertel der Bevölkerung vertreten wird. Je weiter rechts die Befragten sich selbst positionieren, desto eher vertreten sie auch diese Form neurechter Einstellungen. 84% der AfD-Wähler neigen zu derartigen neurechten Einstellungen.
Dagegen ist die Stimmung in der Bevölkerung in Hinblick auf die Geflüchteten deutlich positiver, als vielfach behauptet wird. Die Mehrheit der Bevölkerung äußert sich im Sommer 2016 wohlwollend oder zumindest in der Tendenz positiv zur Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland. Über die Hälfte der Befragten (56%) findet die Aufnahme gut, weitere 24% zumindest “teils-teils” gut und ist optimistisch, dass es der Gesellschaft gelingt, die aktuelle Situation zu bewältigen. Nur 20% finden es explizit “eher nicht” oder “überhaupt nicht” gut, dass Deutschland viele Flüchtlinge aufgenommen hat.
“Wir sollten der lauten Minderheit der Fremdenfeinde in den gesellschaftlichen Debatten nicht so viel Raum geben, sondern der demokratisch gesinnten Mehrheit mehr Aufmerksamkeit schenken“, sagt Beate Küpper vom Autorenteam der Studie. Und Herausgeber Ralf Melzer von der Friedrich-Ebert-Stiftung ergänzt: “Politische Bildung heißt auch, diejenigen zu unterstützen und zu qualifizieren, die sich für unsere Grundwerte, Mitmenschlichkeit und Vielfalt engagieren.”
Mit Blick auf Unterschiede in demografischen Gruppen fallen signifikante Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Befragten auf: Fremdenfeindlichkeit, Muslimfeindlichkeit, die Abwertung von Sinti und Roma, asylsuchenden und wohnungslosen Menschen sind im Osten signifikant stärker ausgeprägt. Auch die Meinung, Neuankömmlinge generell müssten sich in einer Gesellschaft erst einmal hintenanstellen, ist im Osten stärker. Personen mit unterem und mittlerem Einkommen und geringerer bis mittlerer Bildung sind dabei anfälliger für menschenfeindliche Meinungen.
Auch bei den rund 26% Anhängerinnen und Anhängern der AfD finden sich auffällig hohe Zustimmungswerte zu vorurteilsgeprägten und rechtspopulistischen Meinungen. Die Daten bestätigen: Jene, die die Ideen der AfD gut finden, sind im Vergleich zu 2014 deutlich nach rechts gerückt. AfD-Sympathisanten sind menschenfeindlicher und rechtsextremer eingestellt als Nicht-Sympathisanten. Ihre Anhänger und Anhängerinnen stimmen mehrheitlich fremdenfeindlichen (68%), muslimfeindlichen (64%) und antiziganistischen Meinungen (59%) sowie Abwertungen von asylsuchenden (88%) und arbeitslosen Menschen (68%) zu. Dieser Trend hat sich seit der letzten FES-Mitte-Studie verstärkt.
Menschenfeindliche Meinungen können üble Folgen haben: Die Zustimmungen zu den verschiedenen Facetten der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit gehen nämlich eindeutig mit einer höheren allgemeinen Gewaltbereitschaft und –billigung einher.
Andreas Zick, Mitautor der Studie und Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) : “Deutschland befindet sich in einer Zerreißprobe: Während sich viele von rechtspopulistischen Meinungen leiten lassen und aggressiver gegen Eliten und vermeintlich Fremde geworden sind, sind andere bereit, sich noch mehr für die Integration zu engagieren.”
Hier die Ergebnisse der Studie als PDF-Datei: