Cybermobbing und Internetsucht: Von „harten Fakten“ und „weichen Kompetenzen“

Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen hat kürzlich eine Studie der Landesanstalt  sowie derUniversität Duisburg-Essen zur Internetkompetenz von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorgestellt. Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung lautet, daß zur Prävention von Cybermobbing und Internetsucht die Stärkung von „Softskills“, von sozialen Kompetenzen entscheidenden Einfluss darauf nehmen können, ob Jugendliche zu Tätern oder Opfern von Mobbing im Netz werden oder zu Suchtverhalten neigen. Vor allem die Fähigkeiten junger Menschen zur Selbstregulation und Reflexion können das Risiko unkontrollierter Mediennutzung verringern. Bei Jugendlichen hingegen, die über ausgeprägte technische Kompetenzen verfügen und sich in hohem Maß im Netz beteiligen, steigt dieses Risiko sogar.

csm_geschickt_geklickt__fox_151023_37_web_665eb6c53dv.l.n.r.: Prof. Dr. Markus Köster (LWL-Medienzentrum für Westfalen), Christel Müller-Spandick (Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cybergewalt an Schulen in NRW), Mechthild Appelhoff (Abteilungsleisowie der terin Förderung, LfM), Toni Andreas Steinbüchel (LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum) und Prof. Dr. Matthias Brand (Universität Duisburg-Essen).

Cybermobbing: 12 Prozent sowohl Täter als auch Opfer

Projektleiter Prof. Dr. Matthias Brand machte deutlich, wie individuelle Merkmale und unkontrollierte Nutzung zusammenhängen: “Unsere Ergebnisse zeigen, dass Menschen, die nicht gut in ein soziales Umfeld eingebunden, introvertiert und schüchtern sind, eher Gefahr laufen, internetsüchtig zu werden. Im Falle der Opfer von Cybermobbing haben wir vermehrt Symptome wie Ängstlichkeit, Depressivität oder Unsicherheit im sozialen Austausch beobachtet.” Typisch für Täter von Cybermobbing sei ein großes Maß an Risikobereitschaft bei gleichzeitig niedrigem Reflexionsvermögen. Auffällig sind Überschneidungen zwischen beiden Rollen: 12,5 Prozent der Befragten gaben an, sowohl in der Rolle des Täters als auch des Opfers gewesen zu sein. Brand betonte: “Das Internet bereichert den Alltag von Jugendlichen ganz wesentlich, darf und kann aber keine problemlösende oder emotionsregulierende Aufgabe übernehmen.” Internetnutzungskompetenz beschrieb der Kognitionspsychologe deshalb als entscheidende “Stellschraube”.

Internetsucht: sechs Prozent “pathologische Nutzung”

Bei der Frage nach Internetsucht stellten die Forscher bei 15 Prozent der Probanden eine problematische Nutzung fest. Weitere 6,3 Prozent aller Befragten ordnen sie sogar als pathologische Nutzer ein. Zudem stellte das Team um Brand fest, dass es sich häufiger um eine spezifische Sucht nach sozialen Netzwerkseiten handle als um eine “generalisierte Internetsucht”. Die Ergebnisse der Studie “Geschickt geklickt!? Zum Zusammenhang von Internetnutzungskompetenzen, Internetsucht und Cybermobbing bei Jugendlichen” wurden heute (23. Oktober) in Düsseldorf vorgestellt. Die anschließende Podiumsdiskussion und das “offene Mikro” nutzten Experten und Teilnehmer zur Diskussion über die Folgen der Studienergebnisse für die pädagogische Praxis.

Dr. Jürgen Brautmeier, Direktor der LfM, fasste als Arbeitsauftrag für die Medienpädagogik zusammen: “Selbstregulation und Reflexion müssen eine noch festere Größe in neuen und auch bestehenden Projekten werden. Entgegen häufiger Annahmen bedeutet eine hohe technische Kompetenz nicht, dass Jugendliche auch die Wirkung und Folgen von Cybermobbing einschätzen und Mobbingprozesse unterbinden können.” Schutz vor Onlinesucht und Mobbing böten Softskills und ein selbstkritischer Blick auf die eigene Nutzung.

Insgesamt 825 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren wurden im Rahmen der Untersuchungen befragt.

Bibliografischer Hinweis: Stodt, Benjamin, Wegmann, Elisa, Brand, Matthias (2015): Geschickt geklickt?! Zum Zusammenhang von Internetnutzungskompetenzen, Internetsucht und Cybermobbing bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Leipzig: Vistas (2015). Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), Band 78. ISBN 978-3-89158-618-1.

Hier nun eine Zusammenfassung der Studie:

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