“Kleine Gemeinden bleiben auf der Strecke”

In “bizz energy. Das Wirtschaftsmagazin für die Energiezukunft” berichtet Manuel Berkel von der Kritik des Deutschen Städte- und Gemeindebundes an einem Förderprogramm der Bundesregierung für 15.000 Ladesäulen für Elektroautos.

Mit einem Förderprogramm will die Bundesregierung 15.000 Ladesäulen für Elektroautos bezuschussen. Kleinere Kommunen werden dabei aber vernachlässigt, warnt der Deutsche Städte- und Gemeindebund.

 

Bildschirmfoto 2016-06-05 um 00.12.50Es klang zunächst nach dem ganz großen Wurf. Mitte Mai hatte das Bundeskabinett die Kaufprämie für Elektroautos beschlossen und zusätzlich eine bis 2020 laufende und 300 Millionen Euro schwere Initiative für Ladesäulen. Schon jetzt ist aber absehbar, dass kleine Gemeinden im ländlichen Raum dabei auf der Strecke bleiben werden.
In der Kritik steht vor allem das Prinzip, nach dem diejenigen Investoren den Zuschlag bekommen sollen, die sich am schnellsten um die Förderung bemühen. „Wir sind der Auffassung, dass auch kleine Städte und Gemeinden in den Genuss von Förderung kommen sollten. Das ist bei einem Windhundverfahren weniger wahrscheinlich“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, am Mittwoch in einer Mitteilung gegenüber bizz energy. Das Verfahren werde die schnellsten und größten Anträge begünstigen. „Das ist eine Strategie, mit der zunächst die Ballungsgebiete mit Infrastruktur versorgt werden.“

„Kein fortschrittliches Mobilitätskonzept“

Für den Bau innerhalb von Städten und Gemeinden ist in dem Programm der Bundesregierung die Förderung von 10.000 Ladesäulen mit einer Leistung bis 22 Kilowatt vorgesehen. Sie sind relativ kostengünstig, eine Station mit Anschlüssen für zwei Fahrzeuge kostet nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rund 10.000 Euro. An diesen Normalladesäulen dauert es allerdings mehrere Stunden, bis ein Elektroauto voll aufgeladen ist.
In nur 30 Minuten gelingt eine Akkubefüllung dagegen mit Schnellladestationen, die eine Leistung von mindestens 50 Kilowatt haben. Die Kosten sind mit 35.000 Euro pro Säule aber deutlich höher. An Autobahnen und Bundesstraßen will der Bund 5.000 davon fördern. „Das ist dann sinnvoll, wenn man davon ausgeht, dass ein Elektroauto in der selben Weise genutzt werden wird wie ein klassischer Verbrenner“, sagt Landsberg. „Das wäre aber kein fortschrittliches Mobilitätskonzept.“

Mit Elektro-Carsharing gegen Gestank und Lärm

Der Städte- und Gemeindebund setzt für Fernstrecken offenbar eher auf die Bahn. Gerade im ländlichen Raum verstopft der Durchgangsverkehr auf Bundesstraßen viele Ortsdurchfahrten und auch so manche größere Stadt wird von Autobahnen zerschnitten. Attraktive Carsharing-Angebote mit Elektroautos könnten Pendler und Fernreisende zum Umstieg auf die Bahn bewegen und die Kommunen von Abgasen und Lärm entlasten.
Ohnehin wird das Programm der Bundesregierung langfristig nicht ausreichen, um Deutschland flächendeckend mit öffentlichen Ladestationen zu versorgen. Ursprünglich hatte sich der Bund das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 gesetzt. Das wird nicht mehr zu schaffen sein. Insgesamt seien seit 2010 in Deutschland rund 58.000 Elektroautos zugelassen worden, schreibt die Nationale Plattform Elektromobilität, eine Initiative von Politik, Industrie und Wissenschaft.

Ladesäulen reichen für 300.000 E-Autos

Sie empfiehlt allerdings, dass auf je zehn Elektroautos ein öffentlich zugänglicher Ladeanschluss kommen sollte – etwa an Straßen oder auf Parkplätzen von Supermärkten. Zu beachten ist, dass jede Säule in der Regel über zwei Anschlüsse – im Fachjargon „Ladepunkte“ – verfügt. Nach diesem Schlüssel decken die bis Mitte 2015 installierten 5.800 Ladepunkte genau den Bedarf der aktuell zugelassenen Akkuflitzer.
Das heißt aber auch: Sobald 300.000 neue Elektroautos zugelassen sind, bräuchte es mehr als die nun bis 2020 geförderten 15.000 Ladesäulen mit je zwei Anschlüssen. Politik und Steuerzahler müssen also darauf vertrauen, dass die technische Entwicklung so schnell voranschreitet, dass sich die dann billigeren Säulen in fünf Jahren allein durch den Verkauf des Stroms finanzieren werden.
Manuel Berkel

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