Den Beitrag entnehmen wir dem Mediendienst Integration. Dort finden Sie auch weitere Quellenangaben, Verweise und Links:
Die Gefahr durch Rechtsextremismus in Deutschland ist hoch. Das zeigen unter anderem die jüngsten Anschläge in Kassel, Halle und Hanau. Zu einem geschlossenen rechtsextremistischen Weltbild gehört laut Fachleuten die Ablehnung von ethnischen und religiösen Minderheiten. Zu verstehen, was Rechtsextremismus ausmacht und wie er sich äußert, ist in der Einwanderungsgesellschaft daher wichtig.
Was ist Rechtsextremismus?
Rechtsextremismus – als Sammelbegriff – beschreibt neofaschistische, demokratie- und verfassungsfeindliche Ideologien. Eine Definition bietet die Website des Projekts “Mut gegen rechte Gewalt”, ein Projekt des Stern-Magazins und der Amadeu Antonio Stiftung.
Oft wird Rechtsextremismus mit Rechtsradikalismus gleichgesetzt. Die Begriffe beschreiben jedoch zwei unterschiedliche Phänomene: Während Rechtsextremismus verfassungsfeindlich ist, bewegt sich Rechtsradikalismus im Rahmen der Verfassung – wenn auch oft an der Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit.
Der Politikwissenschaftler Richard Stöss unterscheidet bei Rechtsextremismus zwischen Einstellungen und Verhalten. Das rechtsextremistische Einstellungspotenzial sei “wesentlich größer” als das Verhaltenspotenzial, da vergleichsweise wenige Menschen politisch aktiv seien und entsprechend handeln.
Rechtsextremistische Einstellungen äußern sich etwa im Bejahen von
- Nationalismus,
- antisemitischen Grundhaltungen,
- diktatorischen Herrschaftsformen (Autoritarismus),
- der Ablehnung ethnischer und religiöser Minderheiten
- und der Verharmlosung des Nationalsozialismus.
Wie verbreitet sind rechtsextremistische Einstellungen in der Gesellschaft?
Die “Mitte”-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2021 zeigt: 1,7 Prozent der Bevölkerung vertreten ein “geschlossen rechtsextremes Weltbild”. Vor zehn Jahren waren es noch rund acht Prozent. Ein “geschlossen rechtsextremes Weltbild” hat den Autor*innen zufolge, wer allen sechs unten genannten “Dimensionen” und den zugehörigen Fragen zustimmt (Befürwortung einer Diktatur, Chauvinismus, Fremdenfeindlichkeit, Sozialdarwinismus, Antisemitismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus). Die Ergebnisse im Einzelnen:
- Mehr als zwei Prozent der Bevölkerung befürworten eine rechtsgerichtete Diktatur.
- Rund 9 Prozent vertreten einen nationalen Chauvinismus, also ein übersteigertes Nationalgefühl.
- “Fremdenfeindlichkeit” findet bei rund 5 Prozent “ganz eindeutige” Zustimmung.
- Rund drei Prozent vertreten Auffassungen des Sozialdarwinismus’, der offen rassistisch ist.
- Knapp zwei Prozent neigen “ganz deutlich” zum klassischen Antisemitismus.
- Über ein Prozent verharmlosen offen den Nationalsozialismus.
Durchaus großen Zuspruch erhielten einzelne Aussagen, die auf rechtsextremistische Einstellungen hindeuten. So stimmen etwa 31 Prozent der Bevölkerung der Aussage zu “Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben”. Knapp ein Fünftel ist der Auffassung “Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert”. Mehr als 10 Prozent der Befragten stimmen »überwiegend« oder »voll« zu, »das oberste Ziel der deutschen Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht«.
Laut einer Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2018 ist der Anteil derjenigen, die ein geschlossen rechtsextremes Weltbild vertreten, seit 2002 deutlich zurückgegangen: von 9,7 Prozent auf 6 Prozent im Jahr 2018.
Wie viele Rechtsextreme gibt es in Deutschland?
2021 gab es laut Verfassungsschutzbericht 33.900 Rechtsextremist*innen in Deutschland. Das sind 600 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremen ist gestiegen: Von 13.300 im Jahr 2020 auf 13.500 im Jahr 2021.
Der Verfassungsschutzbericht enthält auch Angaben darüber, wie sich Rechtsextreme organisieren:
- 2021 waren 11.800 Rechtsextreme in Parteien organisiert.
- 8.500 gehörten parteiunabhängigen Strukturen an – zum Beispiel der “Identitären Bewegung”, der “Compact Magazin GmbH” oder dem “Institut für Staatspolitik”.
- 15.000 Rechtsextreme konnten keiner Organisation zugerechnet werden.
Fahndungen nach Rechtsextremen
Zum Stichtag 31. März 2022 fahndete die Polizei mit Haftbefehl bundesweit nach 568 Personen, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden. Ein halbes Jahr zuvor waren es noch 596 Personen. Nach 28 der gesuchten Personen wird wegen eines politisch motivierten Gewaltdelikts gefahndet, zuvor waren es 87.
Waffenbesitz von Rechtsextremen
Wie viele Rechtsextremist*innen illegal Waffen besitzen, ist nicht bekannt. Aber es gibt Zahlen zum legalen Waffenbesitz: Ende 2021 besaßen laut Bundesamt für Verfassungsschutz 1.561 tatsächliche oder mutmaßliche Rechtsextremisten eine waffenrechtliche Erlaubnis. Im Vorjahr waren es noch 1.203. Der Verfassungsschutz zählt Ende 2020 zudem 550 „Reichsbürger und Selbstverwalter“ mit einer solchen Erlaubnis. Zahlen für das Jahr 2021 liegen für letzte Personengruppe noch nicht vor.
Rechtsextremistische Straftaten und Gewalttaten
Im Januar 2022 registrierte das Bundesinnenministerium 794 rechtsmotivierte Straftaten.
Im Jahr 2021 wurden laut Bericht des Bundesinnenministeriums zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) 21.964 rechtsmotivierte Strattaten registriert. Das sind zwar 7 Prozent weniger als im Vorjahr, weiterhin stellen rechtsmotivierte Straftaten aber den größten Anteil in der PMK dar. 1.042 der Delikte waren Gewalttaten, also etwa Körperverletzungen oder Tötungsdelikte.
Laut einer Studie des Center for Research on Extremism der Universität Oslo verzeichnete Deutschland 2019 im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten die höchste Zahl an rechtsextremen Gewalttaten. Die absoluten Zahlen weichen wegen einer anderen Zählweise etwas von den Zahlen der deutschen Behörden ab.
Rechte Straftaten gegen Medien Für den Zeitraum Anfang 2015 bis März 2020 zählt das “European Centre for Press & Media Freedom” 119 tätliche Angriffe auf Medienschaffende. Mit 77 Prozent ging die Mehrheit der Angriffe auf rechte Tatverdächtige zurück. Letzteres zeigt auch eine Studie der Universität Bielefeld aus dem Jahr 2020, die in Zusammenarbeit mit dem MEDIENDIENST entstanden ist: Von den befragten Journalist:innen, die 2019 angegriffen wurden, vermuten 82 Prozent, dass die Angreiferinnen aus dem politisch rechten Milieu stammen.
Rechte Tötungsdelikte Im Jahr 2021 sind laut Bericht zur PMK neun versuchte und zwei vollendete politisch rechts motivierte Tötungsdelikte gemeldet worden. Dabei starben fünf Menschen. Die Täter stammten aus dem Coronaleugner-Milieu: Vier Menschen starben bei einem Familien-Mord im brandenburgischen Senzig, ein Opfer war Mitarbeiter in einer Tankstelle in Idar-Oberstein.
Seit 1990 sind laut Recherchen der “Amadeu Antonio Stiftung” mindestens 218 Menschen in Folge rechter Gewalt ums Leben gekommen. Es gibt zudem 17 weitere Verdachtsfälle. Das “Center for Research on Extremism” der Universität Oslo zählt seit 1990 121 rechtsextreme Tötungen. Die Zahl der offiziell anerkannten Opfer liegt deutlich darunter: Die Bundesregierung zählt lediglich 110 Todesfälle seit 1990 (Stand: Mai 2022).
Rechter Terror Welche rechtsterroristischen Gruppen gibt es in Deutschland? Wie gefährlich sind sie? Und welchen Einfluss hatte der NSU auf die Szene? Einen Überblick gibt der Forscher Matthias Quent in einer Expertise für den Mediendienst (Stand: Juni 2019).
Chronik rechtsextremistischer Anschläge
Bei vielen rechtsextremistischen Straftaten sind in den vergangenen Jahren Menschen ums Leben gekommen. Oft stuften Sicherheitsbehörden die Delikte zunächst nicht als rechtsextremistisch ein. In einigen Fällen ermittelten sie sogar jahrelang in die falsche Richtung. Das habe das Vertrauen in den Rechtsstaat beschädigt, kritisieren Fachleute.
Die folgende Chronik führt rechtsextremistische Anschläge seit dem Jahr 2010 auf, bei denen Menschen gestorben sind. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
- Am 04. Dezember 2021 werden eine Frau und ihre drei Töchter in ihrem Wohnhaus in Königs Wusterhausen (Brandenburg) von ihrem Ehemann bzw. Vater erschossen. Der Täter tötet sich anschließend selbst. Er bewegte sich im verschwörungsideologischen Coronaleugner:innen-Milieu. Sowohl sein Abschiedsbrief als auch seine Online-Aktivitäten geben Hinweise auf ein antisemitisches Tatmotiv.
- Am 19. Februar 2020 tötet ein Rechtsextremist neun Menschen in Hanau. Anschließend erschießt er seine Mutter und sich selbst. Bis auf die Mutter hatten alle Opfer einen sogenannten Migrationshintergrund.
- Am 12. Februar 2020 töten zwei junge Männer einen 52-Jährigen in dessen Wohnung in Altenburg (Thüringen). Die Täter werfen dem Opfer ohne Grundlage Pädophelie vor und bezeichnen ihn mit abwertenden Begriffen, die in der rechtsextremen Szene häufig beleidigend für Homosexuelle verwendet werden. Das rechtsextreme und schwulenfeindliche Tatmotiv wird nicht anerkannt. Die Täter werden wegen “gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge” verurteilt.
- Am 9. Oktober 2019, dem jüdischen Feiertag Jom Kippur, erschießt ein Rechtsextremist zwei Menschen in Halle (Saale). Sein ursprünglicher Plan, in eine Synagoge einzudringen, scheitert. Der Attentäter wird zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
- Am 2. Juni 2019 wird der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) vor seinem Haus erschossen. 2015 hatte sich der Politiker bei einer Veranstaltung für die Aufnahme von Geflüchteten ausgesprochen – und war danach massiv von Rechten angefeindet worden. Der mutmaßliche Täter, ein Rechtsextremist, gestand die Tat, hat das Geständnis aber inzwischen widerrufen. Der Prozess gegen ihn und einen mutmaßlichen Unterstützer läuft. Stephan E. wird auch vorgeworfen, 2016 versucht zu haben, einen irakischen Flüchtling umzubringen.
- In der Nacht zum 18. April 2018 prügeln drei Rechtsextremisten einen Mann in Aue (Sachsen) zu Tode. Zuvor hatten sie ihn wegen seiner Homosexualität gedemütigt. Die Täter werden zu Haftstrafen zwischen elf und 14 Jahren verurteilt. Laut Gericht ist das Motiv der Täter unklar. Die Bundesregierung hingegen bezeichnet die Tat als rechtsextremistisch.
- Am Abend des 17. April 2018 setzen zwei Männer einen Kinderwagen im Hausflur eines Wohnhauses in Neunkirchen-Wiebelskirchen (Saarland) in Brand, in dem Geflüchtete untergebracht waren. Dabei kommt ein 38-Jähriger Mann ums Leben. Das rassistische Tatmotiv wird vor Gericht nicht anerkannt. Der Täter wird zu acht Jahren Haft verurteilt. Sein Mittäter bekommt nach Jugendstrafrecht wegen Beihilfe zur Brandstiftung mit Todesfolge eine Betreuungsanweisung für ein Jahr.
- Am 8. Dezember 2017 wird ein 37-jähriger Mann in Katlenburg-Lindau (Niedersachsen) von einem Mann, der der rechten Esoterik-Sekte “Deutscher Hüterorden” angehört, ermordet. Das sozialdarwinistische Motiv des Täters wird vom Gericht nicht anerkannt. Er wird wegen Totschlags und Störung der Totenruhe zu acht Jahren Haft verurteilt.
- Am 1. März 2017 setzt eine Frau in Döbeln (Sachsen) ihr Nachbarhaus in Brand. Sie will damit einem Geflüchteten aus dem Iran schaden, der kurz zuvor eingezogen war. Bei dem Brand kommt eine 85-jährige Frau ums Leben. Die Täterin wird zu neun Jahren Haft verurteilt.
- Am 19. Oktober 2016 schießt ein sogenannter Reichsbürger in Georgensgmünd (Bayern) auf vier Polizisten. Einer der Beamten stirbt einen Tag später an seinen Verletzungen. Der Täter erhält eine lebenslange Freiheitsstrafe.
- Am 17. September 2016 verprügelt der Leiter einer Berliner Supermarkt-Filiale einen Obdachlosen aus Moldawien. Der Mann hatte versucht, Alkohol zu stehlen. Drei Tage später erliegt das Opfer seinen Verletzungen. Der Täter hatte die Tat rassistisch kommentiert. Er wird zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
- Am 22. Juli 2016 erschießt ein 18-jähriger Rassist in München neun Menschen und sich selbst. Alle Opfer sowie der Täter hatten einen Migrationshintergrund. Die Behörden stufen die Tat erst 2019 als rechtsextremistisch ein.
- In der Nacht zum 01. Februar 2016 ermorden zwei Männer einen 47-Jährigen in einem Berliner Hostel aus homofeindlichen Motiven. Sie werden wegen besonders schweren Todschlags zu 13 und 14 Jahren Haft verurteilt.
- Am 23. Oktober 2014 prügeln drei Rechtsextremisten einen Obdachlosen aus Ruanda in Limburg(Hessen) zu Tode. Zwei Täter werden zu zwölf und zehn Jahren Haft verurteilt, der dritte Täter nimmt sich in der Untersuchungshaft das Leben.
- Am 30. September 2012 tötet ein Rechtsextremist den Vater seiner Freundin in Butzow(Mecklenburg-Vorpommern). Das Landgericht Stralsund verurteilt den Täter zu elf Jahren Haft und nennt als Motiv unter anderem seine rechtsextreme Gesinnung.
- Am 16. Juni 2012 verprügeln drei Jugendliche in Suhl (Thüringen) einen 59-jährigen Mann in dessen Wohnung. Am Tag darauf stirbt das Opfer an den Verletzungen. Die Täter werden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Richterin sagt später, dass sie aus einer “sozialdarwinistischen Lebenseinstellung” heraus gehandelt haben.
- Am 27. Mai 2011 wird ein Obdachloser in Oschatz (Sachsen) von fünf Männern schwer misshandelt. Wenige Tage später stirbt er in einem Krankenhaus. Die Täter erhalten mehrjährige Haft- und Bewährungsstrafen. Obwohl zwei von ihnen mit der rechten Szene sympathisieren, erkennt das Gericht kein rechtsextremistisches Motiv.
- Am 27. März 2011 wird ein Obdachloser mit vietnamesischem Migrationshintergrund in Neuss(NRW) von zwei Männern zu Tode geprügelt. Der Haupttäter wird zu einer Jugendstrafe von neuneinhalb Jahren verurteilt, der Komplize zu neun Jahren Haft. Obwohl der Haupttäter Kontakte zur Neonazi-Szene hat und Migrant:innen als “Kanacken” bezeichnet, erkennt das Gericht kein rassistisches Motiv.
- Am 24. Oktober 2010 stirbt ein Iraker in Leipzig, nachdem er von zwei Rechtsextremisten brutal attackiert wird. Der Haupttäter wird zu 13 Jahren Haft verurteilt, der Komplize zu drei Jahren.
- Am 14. Mai 2010 tötet der Betreiber eines illegalen Neonazi-Clubs einen Mann in Hemer (Nordrhein-Westfalen). Der Täter wird zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Darüber hinaus gibt es mehrere Verdachtsfälle – also Taten, bei denen das Motiv nicht geklärt ist, es aber Indizien für einen rechten Hintergrund gibt. Ein Beispiel hierfür ist der Mord an Burak Bektaş, der im April 2012 in Berlin erschossen wurde.
Hinzu kommen unzählige rechtsextremistische Anschläge, bei denen Menschen verletzt wurden. Dazu zählen etwa die Messerangriffe auf die heutige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Oktober 2015 und auf den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), im November 2017. Beide wurden angegriffen, weil sie sich für Geflüchtete engagiert hatten.Quelle
Was sind die wichtigsten rechtsextremistischen Parteien?
Im Verfassungsschutzbericht 2021 führt das Bundesinnenministerium drei rechtsextremistische Parteien auf:
- “Nationaldemokratische Partei Deutschlands” (NPD)
Die 1964 gegründete NPD ist mit etwa 3.150 Mitgliedern (2020: 3.500) die älteste und bislang mitgliederstärkste Partei in Deutschland, die als rechtsextremistisch eingestuft wird. Sie ist in allen 16 Bundesländern mit Verbänden vertreten.
Politische Vertretung:
- Bei der Bundestagswahl 2021 kam die NPD auf 0,1 Prozent der Zweitstimmen. 2017 waren es noch 0,4 Prozent. Damit verlor die Partei die Anspruchssgrundlage für staatliche Teilfinanzierung der politischen Parteien.
- Bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2019 verlor die NPD ihr einziges EU-Parlamentsmandat. Sie ist somit im Europäischen Parlament nicht mehr vertreten.
- Auf Landesebene trat die NPD im Superwahljahr 2021 sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Baden-Württemberg gar nicht an. In Sachsen-Anhalt erhielt die Partei 0,3 Prozent, in Berlin 0,1 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern 0,8 Prozent der Zweitstimmen. Damit verzeichnet die Partei deutliche Verluste.
2017 ist das zweite NPD-Verbotsverfahren gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht urteilte am 17. Januar: Die NPD verfolge zwar “verfassungsfeindliche Ziele”, aktuell gebe es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie diese Ziele erfolgreich durchsetzen kann.
- “Die Rechte”
2012 hat der Neonazi Christian Worch die Partei “Die Rechte” gegründet. Die meisten Gründungsmitglieder waren zuvor in der “Deutschen Volksunion” (DVU), die 2012 mit der NPD fusionierte. Zur selben Zeit wurden in Nordrhein-Westfalen drei rechtsextremistische Kameradschaften verboten, darunter der “Nationale Widerstand Dortmund” (NWDO). Viele Mitglieder der “Rechten” stammen aus diesen Kameradschaften.
2021 hatte die “Die Rechte” 500 Mitglieder und gliederte sich nach eigenen Angaben in neun Landesverbände auf. Den Parteivorsitz hat seit 2021 wieder der Parteigründer Christian Worch inne. “Die Rechte” macht vor allem durch fremdenfeindliche und rassistische Agitation, geschichtsrevisionistische Thesen und antisemitische Positionen auf sich aufmerksam.
Bei der Europawahl im Mai 2019 trat “Die Rechte” erfolglos an. Die inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel führte die Kandidat*innenliste als Spitzenkandidatin an. Die Liste setzte sich überwiegend aus Neonazis zusammen, die wegen einschlägiger Delikte in der Vergangenheit bereits Haftstrafen verbüßt hatten.
- “Der III. Weg”
“Der III. Weg” ist die jüngste rechtsextremistische Partei in Deutschland und die einzige mit einem leichten Anstieg an Parteimitgliedern. 2021 betrug die Mitgliederzahl 650 (2020: 600).
Die ideologischen Aussagen der Partei „Der III. Weg“ sind geprägt vom historischen Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus. In ihrem „Zehn-Punkte-Programm“ propagiert die Partei unter anderem die Schaffung eines „Deutschen Sozialismus“ sowie die Entwicklung und Erhaltung der „biologischen Substanz des Volkes“.
Ist die AfD rechtsextrem?
Am 8. März 2022 bestätigte das Kölner Verwaltungsgericht die Einordnung der “Alternative für Deutschland” (AfD) als rechtsextremistischen Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz. Das Gericht sah “ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfasssungsfeindliche Bestrebungen” in der Partei. Damit ist die Klage der AfD gescheitert, mit der sie die Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst verhindern wollte.
Zunächst hatte der Bundesverfassungsschutz die Partei im Februar 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Dagegen ging die AfD allerdings vor: Sie stellte einen Antrag beim Verwaltungsgericht Köln, das daraufhin im März 2021 die Einstufung als Verdachtsfall aussetzte. Ein Jahr später hat das Gericht die Beobachtung nun wieder erlaubt: Der Verfassungsschutz darf die AfD nun mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen.
Gruppierungen der AfD, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden:
- Die Jugendorganisation der Partei, die “Junge Alternative (JA)” wird vom Verfassungsschutz seit Januar 2019 als “Verdachtsfall” beobachtet. Das heißt: Die Behörde kann nachrichtendienstliche Mittel (Observation, Abhören von Kommunikation, Einsatz von V-Leuten etc.) einsetzen, um Informationen zu sammeln und auszuwerten. Die Junge Alternative verfügt über 15 Landesverbände und hatte 2020 etwa 1.600 Mitglieder.
- Außerdem beobachtet der Verfassungsschutz die Landesverbände in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bremen und Niedersachsen. Im Juli 2022 kam der Landesverband Baden-Württemberg hinzu, im September die Landesverbände Hessen und Bayern.
- Der Landesverband in Thüringen gilt als “erwiesen rechtsextrem”.
- Auch den “Flügel” in der AfD stuft der Verfassungsschutz als Gruppierung mit “gesichert rechtsextremistischer Bestrebung” ein. Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die Einstufung der Gruppierung im März 2020 bekanntgab, löste sich der “Flügel” zum 30. April offiziell auf.
Expert:innen bestätigen die Radikalisierung der Partei: Die AfD erkenne zwar die Grundprinzipien der deutschen Verfassungsordnung an und versuche sich vom Rechtsextremismus abzugrenzen. Sie stelle jedoch die Gleichheit aller Menschen in Frage und greife mitunter auf rechtsextreme Begriffe zurück. Mittlerweile ordnen zahlreiche Expertinnen auch die Gesamtpartei als rechtsextrem ein. Das Deutsche Institut für Menschenrechte etwa beobachtet “offen ausgesprochene Drohungen” von Führungspersonen und Mandatsträger:innen der AfD, “in denen sie der Gewalt zur Erreichung ihrer politischen Ziele das Wort reden.”Quelle
Dürfen AfD-Mitglieder Beamt:innen sein?
Beamt:innen müssen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen. Eine Mitgliedschaft in der AfD, die als rechtsextremer Verdachtsfall gilt, könnte für Beamtinnen Konsequenzen haben, etwa Geldbußen oder Entlassungen. Wie der Verfassungsschutz die Partei einstuft ist nicht entscheidend für disziplinarrechtliche Verfahren, seine Beurteilung kann aber zur Begründung herangezogen werden.
Zur Frage, unter welchen Bedingungen Beamt:innen in der AfD um ihre Stellen fürchten müssen, gibt es unterschiedliche Einschätzungen:
- Im Juni 2020 stellte das Bundesinnenministerium klar: Allein die Mitgliedschaft in einer Partei, die der Verfassungsschutz als “Prüffall” oder “Verdachtsfall” beobachtet, hat keine beamtenrechtlichen Konsequenzen.
- Ein von der AfD in Auftrag gegebenes juristisches Gutachten kommt zu demselben Schluss.
- Eine Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte sieht hingegen juristische Möglichkeiten, um disziplinarrechtliche Sanktionen für Beamt:innen, die Mitglied der AfD sind, zu verhängen. Nur wenn sie sich aktiv in der Partei gegen verfassungsfeindliche Positionen einsetzen, wäre eine AfD-Mitgliedschaft mit der Pflicht zur Verfassungstreue vereinbar.
- Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, erwartet, dass es “Einzelfallprüfungen” geben werde, ob Mitglieder der AfD Beamt:innen bleiben können.
Welche rechtsextremistischen Gruppen und Netzwerke gibt es?
“Reichsbürger” und “Selbstverwalter”
Die Begriffe “Reichsbürger” und “Selbstverwalter” bezeichnen eine heterogene Gruppe von Einzelpersonen und Splittergruppen, die eine Mischung aus rechtsextremistischen, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Ideologien verfolgen. Gemein ist ihnen, dass sie die Bundesrepublik nicht anerkennen und behaupten, das “Deutsche Reich” bestehe bis heute fort. Viele “Reichsbürger” verweigern daher die Zahlung von Steuern, stellen sich eigene Dokumente aus oder setzen Behördenmitarbeiter*innen unter Druck. “Selbstverwalter” bezeichnen ihr Haus oder Grundstück meist als eigenes Hoheitsgebiet, das sie im Zweifelsfall auch mit Waffen verteidigen würden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzt die Zahl der “Reichsbürger” und “Selbstverwalter” bundesweit auf etwa 21.000, davon 2.100 mit gewaltorientiertem Potenzial. Bei mehr als 1.000 von ihnen handele es sich um Rechtsextremist:innen. Laut den Behörden sind nicht alle “Reichsbürger” rechtsextremistisch eingestellt. Fachleute betonen jedoch, dass die Ideologie der “Reichsbürger” im Kern rechtsextrem sei. In der Corona-Pandemie ist die Szene leicht gewachsen und aktiver geworden. Das liegt laut Bundesinnenministerium an den Protesten gegen die Maßnahmen: Die Ideologie sei anschlussfähig an Verschwörungserzählungen.
Im März 2020 hat das Bundesinnenministerium erstmals eine Reichsbürgervereinigung verboten: den Verein “Geeinte deutsche Völker und Stämme” und ihre Teilorganisation “Osnabrücker Landmark”. Weiterhin aktiv sind rund 30 länderübergreifende Gruppierungen wie “Staatenbund Deutsches Reich”, “Verfassungsgebende Versammlung” sowie “Bismarcks Erben”.
Fahndungen und Waffenbesitz
Zum Stichtag 30.9.2022 lagen der Polizei 212 offene Haftbefehle gegen 155 Personen vor, die den “Reichsbürgern” und “Selbstverwaltern” zugerechnet werden. Davon werden 43 Personen eindeutig dem Phänomenbereich “Politisch motivierte Kriminalität rechts” zugeordnet. Zum Stichtag 31.12.2021 verfügten etwa 500 “Reichsbürger” bzw. “Selbstverwalter” über legale Waffen. Wie viele Reichsbürger illegal Waffen besitzen, ist nicht bekannt.
“Identitäre Bewegung”
Die “Identitäre Bewegung” ist eine rechtsextremistische Gruppierung, die vor allem gegen Muslim:innen und Flüchtlinge hetzt. Laut Verfassungsschutz zählte die “Identitäre Bewegung” 2020 etwa 575 Mitglieder. Sie stammt ursprünglich aus Frankreich und konnte sich 2012 auch in Deutschland etablieren. Nachdem die “Identitäre Bewegung” zunächst vor allem im Internet aktiv war, organisiert sie inzwischen zahlreiche Aktionen auf der Straße.
“Identitäre” verfolgen die Idee eines auf den ersten Blick harmlos wirkenden “Ethnopluralismus”. Dahinter steht jedoch die Vorstellung, dass jedes “Volk” eine eigene Kultur oder Identität hätte, die sich nicht mit anderen mischen sollte. Vor diesem Hintergrund bezeichnen “Identitäre” Einwanderung nach Europa als Bedrohung.
Laut des Verfassungsschutzberichts 2019 sind die Positionen der Identitären nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie ziele darauf ab, Menschen mit außereuropäischer Herkunft von demokratischer Teilhabe auszuschließen und sie in einer ihre Menschenwürde verletzenden Weise zu diskriminieren.
Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin darf die „Identitäre Bewegung“ als „gesichert rechtsextrem“ bezeichnet werden. Das Gericht hatte einen Antrag auf Unterlassung dieser Einstufung im Verfassungsschutzbericht 2019 abgelehnt. Daraufhin hatte die Identitäre Bewegung im November 2020 einen Antrag auf Berufung gestellt. Den lehnte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Juni 2021 ab.
“Freie Kameradschaften”
Kameradschaften entstanden in den frühen 1990er Jahren, als viele rechtsextremistische Vereine und Organisationen verboten wurden. Gegen sogenannte Kameradschaften vorzugehen, ist jedoch schwieriger. Im Unterschied zu Vereinen, Parteien oder anderen Organisationen haben sie keine offizielle Rechtsform.
Kameradschaften sind meist regional aktiv – sie können jedoch bundesweit oder auch in Europa mit ähnlichen Gruppierungen vernetzt sein. Ihr Verhältnis zu rechtsextremistischen Parteien ist ambivalent und regional unterschiedlich. Ihre Bedeutung ist rückläufig.
“Autonome Nationalisten”
Dieser Sammelbegriff bezeichnet laut “Belltower News” eine Gruppe besonders gewaltbereiter junger Neonazis. Die meisten von ihnen sind in “Kameradschaften” aktiv. Sie orientieren sich in ihrem Auftreten und in ihrer Kleidung an der linksautonomen Szene, um Jugendliche anzusprechen. Auf Demonstrationen treten sie meist geschlossen in einem “Schwarzen Block” auf.
“Völkische Siedler”
“Völkische Siedler” sind extreme Rechte, die an das rassistisch-antisemitische Weltbild der sogenannten “völkischen Bewegung” anknüpfen. Sie behaupten, nur eine “rein” deutsche Abstammung könne den Erhalt des “Volkes” sichern und die deutsche “Volksgemeinschaft” sei allen anderen Menschengruppen überlegen.
Mitglieder der Gruppe werden Siedler:innen genannt, weil sie sich bewusst für das Leben auf dem Land entscheiden: Sie ziehen in wenig bewohnte Gebiete, um dort möglichst ungestört nach ihrem Weltbild leben und ihre Ideologien verbreiten zu können. Auf den ersten Blick wirken “völkische Siedler” oft harmlos: Viele arbeiten in der Landwirtschaft, engagieren sich für den Naturschutz und bringen sich in das Gemeindeleben ein. Doch vielerorts gelingt es ihnen, politisch an Einfluss zu gewinnen. Zudem gelten Teile der Szene als gewaltbereit. So organisieren einige “völkische Siedler” Überlebenstrainings und Wehrsportübungen für Kinder und Jugendliche, um diese auf die Verteidigung der “Volksgemeinschaft” vorzubereiten.
Wie viele “völkische Siedler” es gibt, ist nicht bekannt. Expert:innen vermuten jedoch, dass die Szene bundesweit vertreten ist – mit Schwerpunkten in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.
“Graue Wölfe”
Die “Grauen Wölfe” (Selbstbezeichnung: “Ülkücü-Bewegung”) sind eine rechtsextreme Gruppierung. Sie kommt ursprünglich aus der Türkei. Laut Verfassungsschutz haben die “Grauen Wölfe” hierzulande rund 11.000 Anhänger:innen. Etwa 9.400 von ihnen sind in drei großen Dachverbänden organisiert. Laut Medien-Recherchen könnten es sogar mehr als 18.000 Mitglieder sein.
Die wichtigsten Organisationen sind laut Verfassungsschutz:
- der Dachverband ADÜTDF (“Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V.”), mit rund 160 lokalen Vereinen und 7.000 Mitgliedern,
- der Dachverband ATIB (“Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.”) mit rund 25 Vereinen und 1.200 Mitgliedern sowie
- der Dachverband ANF (“Föderation der Weltordnung in Europa”) mit rund 1.200 Mitgliedern, die in rund 15 Ortsvereinen organisiert sind.Quelle
- Etwa 1.600 weitere Personen sind in weiteren “Ülkücü”-Strukturen oder gar nicht organisiert.
Die “Grauen Wölfe” entwickelten in den 1960ern und 1970ern erste Strukturen in Deutschland mit kleineren Vereinsgründungen. Sie institutionalisierten sich 1978 mit der Gründung der ADÜTDF. Politisch stehen sie der türkischen rechtsextremen Partei MHP nahe. Die MHP ist seit 2018 in einem Wahlbündnis mit der Regierungspartei AKP, zusammen stellen sie die Mehrheit im Parlament.
Laut Verfassungsschutz sind die Aktivitäten der “Grauen Wölfe” rassistisch motiviert, sie würdigen etwa Kurd:innen, Armenierinnen, Griech:innen und Jüdinnen und Juden herab und sprechen von einem pantürkischen Großreich.
Ende 2020 forderten mehrere Parteien im Bundestag, ein Verbot der “Grauen Wölfe” zu überprüfen. Zuvor wurden sie in Frankfreich verboten. Ein Verbot in Deutschland scheint Medienberichten zufolge allerdings schwierig, da zentrale Strukturen fehlen und es hunderte Vereine mit unterschiedlichen Ausrichtungen gibt.Quelle
Weitere rechtsextremistische Gruppen Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer rechtsextremistischer Gruppierungen, die kleiner sind als die oben genannten Gruppen – aber nicht weniger gefährlich. Nur einige Beispiele: Die selbsternannte “Atomwaffen Division Deutschland” soll Morddrohungen an Muslim:innen, jüdischen Menschen und Politikerinnen verschickt haben. Die Gruppe “Aryan Circle Germany” bedroht Passant:innen, verklebt rechtsextreme Aufkleber und versucht, junge Menschen als Anhängerinnen zu rekrutieren. Und das rechte Prepper-Netzwerk “Nordkreuz” in Mecklenburg-Vorpommern soll Angriffe auf politische Gegner:innen geplant haben. Führende Mitglieder des Netzwerks sind (ehemalige) Mitarbeiterinnen der Polizei und Bundeswehr.
Rechtsextremistische Verdachtsfälle Zudem gibt es mehrere Gruppen oder Netzwerke, die der Verfassungsschutz als rechtsextremistische Verdachtsfälle führt. Dazu gehörden: das “Institut für Staatspolitik” (IfS), die “COMPACT”-Magazin GmbH“, die Vereinigung ”Uniter“ und ”Ein Prozent e.V.”Quelle
Terrornetzwerk “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU)
Selbstenttarnung
Am 4. November 2011 töteten sich die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im thüringischen Eisenach, nachdem sie von Polizisten in ihrem Wohnmobil entdeckt worden waren. Dort hatten sie sich nach einem Banküberfall versteckt, um den Fahndungsmaßnahmen zu entgehen. Kurze Zeit später legte Beate Zschäpe einen Brand in einer Zwickauer Wohnung, die den dreien über Jahre als Versteck diente. Durch gefundene und verschickte Bekennervideos wurde klar, dass sich die mutmaßlichen Terrorist:innen als “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) bezeichneten. Das Kürzel steht für einen der größten Skandale der Nachkriegszeit – auch, weil Polizei und Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen zur rassistischen Mordserie eklatant versagten: Jahrelang haben sie Angehörige und Bekannte der Opfer verdächtigt. Zudem wurden Akten geschreddert sowie Hinweise von V-Leuten nicht weitergegeben.
Straftaten
Bisher werden dem “Nationalsozialistischen Untergrund” zehn Morde, drei Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle sowie eine Brandstiftung zugerechnet. Hinzu kommen mehrere Mordversuche. Neun der zehn Mordopfer kamen aus Einwandererfamilien.
Der Sprengstoffanschlag in Nürnberg vom Juni 1999 ist im Münchener NSU-Prozess nicht zur Anklage gekommen: Die Bundesanwaltschaft leitete zwar Ermittlungen ein, verzichtete aber aus “verfahrensökonomischen Gründen” darauf, die Tat anzuklagen.
Die Morde
- Enver Şimşek (9. September 2000, Nürnberg)
- Abdurrahim Özüdoğru (13. Juni 2001, Nürnberg)
- Süleyman Taşköprü (27. Juni 2001, Hamburg)
- Habil Kılıç (29. August 2001, München)
- Mehmet Turgut (25. Februar 2004, Rostock)
- İsmail Yaşar (9. Juni 2005, Nürnberg)
- Theodoros Boulgarides (15. Juni 2005, München)
- Mehmet Kubaşık (4. April 2006, Dortmund)
- Halit Yozgat (6. April 2006, Kassel)
- Michèle Kiesewetter (25. April 2007, Heilbronn)
Die Sprenstoffanschläge Sprengstoffanschlag in einem Lokal, das von einem Türkeistämmigen betrieben wurde (23. Juni 1999, Nürnberg) Sprengstoffanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft, das von einer iranischstämmigen Familie betrieben wurde (19. Januar 2001, Köln) Nagelbombenanschlag in der Keupstraße, in der überwiegend türkeistämmige Menschen lebten und arbeiteten (9. Juni 2004, Köln)
Die Raubüberfälle
- Edeka-Markt (18. Dezember 1998, Chemnitz)
- Postfiliale (6. Oktober 1999, Chemnitz)
- Postfiliale (27. Oktober 1999, Chemnitz)
- Postfiliale (30. November 2000, Chemnitz)
- Postfiliale (5. Juli 2001, Zwickau)
- Sparkasse (25. September 2002, Zwickau)
- Sparkasse (23. September 2003, Chemnitz)
- Sparkasse (14. Mai 2004, Chemnitz)
- Sparkasse (18. Mai 2004, Chemnitz)
- Sparkasse (22. November 2005, Chemnitz)
- Sparkasse (5. Oktober 2006, Zwickau)
- Sparkasse (7. November 2006, Stralsund)
- Sparkasse (18. Januar 2007, Stralsund)
- Sparkasse (7. September 2011, Arnstadt)
- Sparkasse (4. November 2011, Eisenach)
Die Brandstiftung
Nachdem Beate Zschäpe von dem Tod ihrer beiden Komplizen erfahren hatte, setzte sie am 4. November 2011 die gemeinsame Wohnung in Zwickau in Brand. Die anschließende Explosion zerstörte große Teile des Wohnhauses.
Der Prozess
Am 6. Mai 2013 begann vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere mutmaßliche Unterstützer des Terrornetzwerks. Sie wurden von insgesamt 14 Anwält:innen vertreten. 91 Opfer und Angehörige waren Nebenklägerinnen im Verfahren, sie wurden von 58 Rechtsanwält:innen vertreten.
Am 11. Juli 2018 verkündete das Oberlandesgericht München sein Urteil. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wurde zu lebenslanger Haft verurteilt – unter anderem wegen mehrfachen Mordes und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Das Gericht stellte die besondere Schwere ihrer Schuld fest. Drei Mitangeklagte wurden ebenfalls zu Freiheitsstrafen verurteilt, weil sie das Terrornetzwerk unterstützt und/oder Beihilfe zum Mord geleistet haben: Ralf W. zu zehn Jahren, Holger G. zu drei Jahren und André E. zu zwei Jahren und sechs Monaten. Der vierte Mitangeklagte, Carsten S., erhielt eine Jugendstrafe von drei Jahren. André E. und Ralf W. wurden kurze Zeit nach der Urteilsverkündung aus der Untersuchungshaft entlassen. Am 12. August 2021 folgte dann der schriftliche Beschluss: alle Urteile sind rechtskräftig, bis auf das gegen André E. Gegen das Urteil vom 19.08.2021, das ihn von den weiteren Vorwürfen “Beihilfe zum versuchten Mord”, “Beihilfe zum Raub”, “weitere Unterstützung einer terroristischen Vereinigung” teilweise freispricht, haben sowohl der Angeklagte als auch der Generalbundesanwalt Revision eingelegt. André E. wendete sich gegen seine Verurteilung. Der Generalbundesanwalt griff hingegen den Teilfreispruch an. Im Revisionsverfahren bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts München am 15. Dezember 2021. Für André E. gibt es demnach keine weitere Haftstrafe. Alle Urteile des NSU-Prozesses sind somit rechtskräftig und die juristische Aufarbeitung des Komplexes wohl abgeschlossen.
Vertreter:innen der Nebenklage haben den Ausgang des Prozesses deutlich kritisiert: Die Urteile gegen André E. und Ralf W. seien zu milde ausgefallen. Zudem seien im Prozess viele Fragen unbeantwortet geblieben. So sei bis heute unklar, nach welchen Kriterien der NSU seine Opfer ausgesucht hat und inwieweit staatliche Behörden für die Taten mitverantwortlich waren. Zudem habe die Bundesanwaltschaft zu wenig getan, um Unterstützer:innen oder Mittäterinnen aus der rechten Szene ausfindig zu machen. Stattdessen habe sie an ihrer These festgehalten, der NSU habe lediglich aus dem “Trio” Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bestanden.
Untersuchungsausschüsse
Unabhängig vom Gerichtsverfahren in München wurden auf Bundes- und Landesebene mehrere Untersuchungsausschüsse eingerichtet. Sie befass(t)en sich mit der Aufarbeitung der Fehler, die bei der Fahndung nach dem Terrornetzwerk und bei den strafrechtlichen Ermittlungen passiert sind. Die meisten Untersuchungsausschüsse haben ihre Arbeit bereits abgeschlossen. Nur in Mecklenburg-Vorpommern ist noch ein Ausschuss im Einsatz. Die anderen Ausschüsse im Überblick:
- Auf Bundesebene tagten bereits zwei NSU-Untersuchungsausschüsse. Der Abschlussbericht des ersten Ausschusses wurde im August 2013 veröffentlicht. Der zweite Ausschuss legte im Juni 2017 seinen Bericht vor. Darin kritisiert er vor allem die von der Generalbundesanwaltschaft vertretene These, der NSU sei lediglich ein “Trio” gewesen. Zudem stellt der Ausschuss weitreichende Mängel bei der strafrechtlichen Aufklärung der Mordserie fest.
- Untersuchungsausschüsse auf Länderebene:
- In Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen tagten bereits jeweils zwei Ausschüsse. Die Abschlussberichte für Baden-Württemberg können hier eingesehen werden, die Berichte für Thüringen hier und die Berichte für Sachsen hier.
- Der Untersuchungsausschuss in Bayern legte 2013 seinen Abschlussbericht vor. In Nordrhein-Westfalen legte das Gremium 2017 seinen Schlussbericht vor, in Hessen präsentierten die beteiligten Landtags-Fraktionen 2018 jeweils eigene Berichte. Der Ausschuss in Brandenburg folgte 2019 mit seinem Abschlussbericht. In Mecklenburg-Vorpommern legten die Abgeordneten 2021 einen Zwischenbericht vor.
Straftaten mit Bezug zum NSU
Seit der Selbstenttarnung des NSU am 4. November 2011 haben die Behörden mehr als 450 Straftaten registriert, bei denen die Tatverdächtigen auf den NSU und/oder auf dessen Mordserie Bezug genommen haben (Stand: August 2019). 14 dieser Straftaten waren Gewalttaten.
Weitere Informationen
- Die Website “NSU-Watch” begleitete den NSU-Prozess in München und hat Protokolle zu fast allen Verhandlungstagen veröffentlicht.
- Auf der Website “NSU Nebenklage” berichteten zwei Nebenklage-Anwälte vom Prozess.
- Weitere Blogs zum Prozess finden sich bei Zeit Online und beim Bayerischen Rundfunk (BR).
- Wie Betroffene den NSU-Prozess und die Arbeit der Untersuchungsausschüsse wahrnehmen, hat der Historiker Massimo Perinelli im Interview mit dem MEDIENDIENST erklärt.
- Welche Lehren die Sicherheitsbehörden gezogen haben, haben wir 2021 in diesem Artikel erläutert.
- Bei Zeit Online gibt es eine interaktive Karte zu den “Orten des NSU-Terrors”.
- Einen Überblick von Büchern zum NSU bieten zwei Artikel des MEDIENDIENSTES.
Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden
2020 und 2021 häuften sich die Skandale um Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden: Unter anderem wurde die Mitgliedschaft von hunderten Polizistinnen und Soldatinnen in rechtsextremen Chatgruppen bekannt. Hinzu kamen Waffenfunde, Drohschreiben und Pläne für rechtsextreme Anschläge.

Auch die Lageberichte verschiedener Behörden zu dem Thema zeigen eine Zunahme von Ermittlungen wegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen. Sie deuten darauf hin, dass die Sicherheitsbehörden das Thema ernster nehmen als zuvor. Dennoch rechnen Expert:innen mit einer hohen Dunkelziffer.

Was tun die Behörden dagegen?
Fachleute und Betroffene fordern strengere Maßnahmen, um gegen Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden vorzugehen. Recherchen des MEDIENDIENST zeigen: Bisher setzen nur wenige Behörden diese Maßnahmen um.
- Im Einstellungsverfahren: Bislang überprüfen nur sechs Bundesländer regelmäßig, ob Polizei-Bewerber*innen bereits durch rechtsextremes Verhalten dem Verfassungsschutz aufgefallen sind (Bayern, Bremen, Hamburg, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland). Öffentlich sichtbare Inhalte in Sozialen Medien überprüfen nur zwei Bundesländer (Bremen, Niedersachsen).
- Fortbildungen: Nur ein Bundesland (NRW) führt verpflichtende Fortbildungen zu Rassismus und Rechtsextremismus für alle Polizist*innen durch.
- Unabhängige Polizei-Beschwerdestellen: Diese gibt es bislang erst in sieben Bundesländern: Baden-Württemberg, Berlin (im Aufbau), Bremen (im Aufbau), Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
- Polizeiinterne Extremismusbeauftragte gibt es nur in fünf Bundesländern (Berlin, Brandenburg, NRW, Sachsen und Sachsen-Anhalt).
- Mehr dazu im Infopapier
Welche Prävention gegen Rechtsextremismus gibt es?
Seit Februar 2021 gibt es ein Infoportal zur Rechtsextremismusprävention. Es bietet einen bundesweiten Überblick über Beratungen für Aussteiger*innen und Betroffene sowie allgemeine Anlaufstellen zum Thema Rechtsextremismus.
Prävention gegen Rechtsextremismus setzt früh an – nicht erst, wenn sich Menschen radikalisieren. Vielmehr versuchen die Präventionsprogramme, junge Menschen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, eine demokratische Lernkultur zu etablieren und gesellschaftliche Vielfalt sichtbar zu machen. Die Präventionsprogramme unterscheiden sich, je nachdem an wen sie sich richten oder etwa ob sie im ländlichen oder städtischen Raum angeboten werden.
Rechtsextremismusprävention in Kitas, Schulen und Vereinen
Rechtsextremismusprävention beginnt schon in den Kindergärten: Hier können zum Beispiel Betreuer:innen oder Sozialarbeiterinnen mit Kindern darüber sprechen, wie es sich anfühlt, diskriminiert zu werden. Vor allem aber können sie versuchen, jedes Kind in seinen persönlichen Eigenschaften zu stärken. Denn dass man selbst akzeptiert und respektiert wird, gilt als Grundlage dafür, sich nicht selber abwertenden Ideologien zuzuwenden.
Das vom Bundesprogramm “Demokratie leben” geförderte Projekt “Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung” versucht, solche Ansätze in möglichst vielen Kitas zu etablieren. Die Projektmitglieder – die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – bieten hierfür unter anderem Fortbildungen und Vernetzungsmöglichkeiten für Erzieher*innen an. Etwa zwei Drittel aller Kindertageseinrichtungen werden von den Wohlfahrtsverbänden getragen.
In der Schule klären Lehrer:innen zum Beispiel durch politisch-historische Bildungsarbeit über die Gefahren des Rechtsextremismus auf. Hierzu zählt der klassische Geschichtsunterricht, aber auch etwa Fahrten zu Gedenkstätten. Falls sich eine Schüler:in radikalisiert, können Lehrkräfte mit Einzelgesprächen, Unterrichtsverweisen oder Klassenkonferenzen intervenieren.
Ein wichtiges Netzwerk für Präventionsarbeit in Schulen stellt “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” dar. Dies sind Schulen, die sich aktiv gegen Rassismus einsetzen, indem sie zum Beispiel Konzerte, Demonstrationen, Diskussionsrunden, Projekttage oder Gedenkveranstaltungen organisieren. 3000 Schulen gehören dem Netzwerk an, weitere Schulen werden eingeladen, mitzumachen.
Außerhalb der Schule gibt es Vereine und Initiativen, die unter anderem Workshops, Gedenkstättenfahrten oder Zeitzeug:innen-Treffen mit Holocaust-Überlebenden organisieren. Das setzt allerdings voraus, dass sich Teilnehmende selber dazu anmelden. Jugendliche, die bereits zum Rechtsextremismus neigen, werden durch diese Angebote nicht erreicht. Ein Versuch, trotzdem mit einigen dieser Jugendlichen in Kontakt zu kommen, stellt die sogenannte mobile Jugendarbeit dar: Hier suchen Sozialarbeiter:innen etwa in Jugendclubs oder an üblichen Treffpunkten das Gespräch mit den Jugendlichen. Wenn sie ihr Vertrauen gewinnen, versuchen sie zum Beispiel durch Hilfe im Alltag, den Jugendlichen eine Alternative zu Kontakten und Unterstützungsangeboten aus der rechten Szene zu bieten.
Für Erwachsene bietet etwa die Initiative “Exit-Deutschland” eine Ausstiegsberatung aus der rechten Szene an. Der Verein “Mach meinen Kumpel nicht an” lädt zu Trainings ein, um einen Umgang mit rassistischen Sprüchen in Betrieben zu finden.
Rechtsextremismusprävention im Internet
Im Internet funktioniert Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus anders: Hier versuchen zum Beispiel Vertreter:innen von zivilgesellschaftlichen Initiativen in Sozialen Medien, Foren und Online-Spielen die menschenfeindliche Ideologie von rechtsextremen Kommentaren offenzulegen oder Falschnachrichten zu korrigieren. Die Amadeu Antonio Stiftung stellt mit dem Projekt “debate”, persönlichen Kontakt mit Personen, die sich online rechtsextrem äußern, her, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, das die Bundesregierung in Reaktion auf den Anschlag in Halle im Oktober 2019 vorstellte, sieht außerdem vor, dass soziale Netzwerke wie etwa Facebook oder Twitter strafbare Inhalte an die Strafverfolgungsbehörden melden müssen.
Rechtsextremismusprävention durch Beratung
Bei der Prävention von Rechtsextremismus haben zwei verschiedene Formen der Beratung eine wichtige Bedeutung. Die “Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus” sind zivilgesellschaftliche Netzwerke, die es mittlerweile in allen Bundesländern gibt. Sie unterstützen Menschen, die eine rechtsextreme Radikalisierung einer Person in ihrem Umfeld beobachten oder sich gegen Rechtsextremismus einsetzen wollen. Eine solche Beratung gibt es auch online.
Daneben existieren auch “Ausstiegsberatungen”, die teilweise an die Landeskriminalämter angesiedelt und teilweise zivilgesellschaftlich organisiert sind. Sie richten sich an Menschen, die die rechte Szene verlassen wollen. Aussteiger:innen können sich hier beraten lassen, Schutzkonzepte gegen potenzielle Angriffe aus der rechten Szene entwickeln und Hilfe für die Neuorientierung im Alltag bekommen. Ein Überblick über Ausstiegsberatungen in den Bundesländern findet sich hier.
Rechtsextremismusprävention auch in der Verwaltung?
Programme, die die Prävention von Rechtsextremismus als Aufgabe für die Verwaltung vorsehen, gibt es kaum. Dies fordert aber zum Beispiel das Deutsche Institut für Menschenrechte. Denn auch in Behörden gibt es immer wieder Fälle von Rechtsextremismus. Die Berliner “Landeskonzeption” ist hier bislang einzigartig: Sie ist eine Strategie des Berliner Senats gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus und richtet sich sowohl an die Zivilgesellschaft als auch an staatliche Einrichtungen.
Die Finanzierung der Arbeit gegen Rechtsextremismus
Die größten staatlichen Programme zur Förderung von Rechtsextremismusprävention sind “Demokratie leben” und “Zusammenhalt durch Teilhabe”. Daneben gibt es Fördermöglichkeiten durch die Bundesländer, Stiftungen und private Initiativen.
- Demokratie leben “Demokratie leben” ist ein Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Es fördert mehr als 600 Projekte auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene mit insgesamt 115,5 Millionen Euro im Jahr 2020.
- Auf Bundesebene fördert “Demokratie leben” 40 zivilgesellschaftliche Organisationen, die Träger von Kompetenznetzwerken sind. Fünf Kompetenznetzwerke sind auf Rechtsextremismus ausgerichtet.
- Auf Landesebene fördert “Demokratie leben” in jedem Bundesland ein Demokratiezentrum.
- Auf kommunaler Ebene fördert “Demokratie leben” 300 “Partnerschaften für Demokratie”.
- Eine Übersicht zur Arbeit von “Demokratie leben” und ausgewählte Projekte werden hier vorgestellt, laufende Modellprojekte hier.
- Zusammenhalt durch Teilhabe
- “Zusammenhalt durch Teilhabe” ist ein Programm des Bundesinnenministeriums. Es fördert Vereine, Verbände und Multiplikator:innen in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Der Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung von ehrenamtlichen Demokratieberater*innen: Sie sollen Fälle von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erkennen und bearbeiten.Quelle
- Weitere Förderprogramme
- Neben den beiden großen Bundesprogrammen gibt es weitere Förderungen für Programme gegen Rechtsextremismus auf Landes- und Kommunalebene. Eine Übersicht über die Programme der Länder findet sich im Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus der Bundesregierung. Auch einige Stiftungen und Privatinitiativen bieten Förderungen an. Eine Übersicht findet sich hier.