“Rettet die deutschen Dörfer!”

In der Facebookgruppe Wir Kommunalen wurde auf eine Veröffentlichung des Dorfladen-Netzwerks hingewiesen, die zunächst in der Welt unter dem Titel: Rettet die deutschen Dörfer! erschien. Es handelt sich um ein interessantes Interview von Claudia Ehrenstein mit dem Humangeographen Gerhard Henkel, der mehrere Bücher zur Dorfentwicklung und zum Landleben veröffentlicht. Zuletzt erschien “Rettet das Dorf! – Was jetzt zu tun ist” (dtv, 302 Seiten, 22 Euro)

In diesem Interview heißt es unter anderem:

Die Welt: Kümmert sich die Politik zu wenig um das Land?

Henkel: Bund und Länder haben gravierende Fehler gemacht. Mit den zentralistischen Gebietsreformen in den 1960er- und 1970er-Jahren im Westen und nach der Wiedervereinigung auch im Osten wurden größere Verwaltungseinheiten geschaffen und über Jahrhunderte gewachsene Strukturen der lokalen Selbstverantwortung zerstört. Hunderttausende Kommunalpolitiker, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagiert haben, wurden damit quasi abserviert. Es fehlt das demokratisch gewählte und mit staatlicher Autorität ausgestattete Kraftzentrum des Dorfes – mit Bürgermeister und Gemeinderat. Das hat vielfach zu Resignation und Politikverdrossenheit geführt. Die Menschen haben das Gefühl, dass sich der Staat für sie nicht interessiert – auch die Kirchen nicht.

Die Welt: Was machen die Kirchen falsch?

Henkel: Viele Bistümer und Kirchenkreise machen es wie der Staat: Sie zerstören mit der Auflösung von Pfarreien bewährte Strukturen und stoßen damit ihre Mitgliederbasis vor den Kopf. Kirchenvorständen, Pfarrgemeinderäten und Presbytern wird erklärt: Wir brauchen euer lokales Denken, Fühlen und Handeln nicht mehr. Kurz gesagt: Die Amtskirche beseitigt die Volkskirche. So lässt auf dem Land auch die Bindung an die Kirche nach.

Die Welt: Welche Folgen beobachten Sie?

Henkel: Der Vertrauensverlust gegenüber den staatlichen und kirchlichen Zentralen erzeugt Wut und Apathie. Extremistische Gruppierungen und neue Parteien nutzen dieses Fürsorge-Vakuum. Sie geben Menschen das Gefühl, wieder ernst genommen und umsorgt zu werden – und nutzen diese Situation, um Netzwerke aufzubauen und ihre Ideologie zu verbreiten.

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