Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 5480 neue Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet – und damit 1228 mehr als vor genau einer Woche. Die Gesamtzahl der laborbestätigten Infektionen mit dem Coronavirus steigt damit auf 2.581.329. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 238 weitere Todesfälle verzeichnet, 17 weniger als vor sieben Tagen. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt am Dienstagmorgen bundesweit bei 83,7 und damit höher als am Vortag (82,9). Für zahlreiche deutsche Regionen gibt es mit Blick auf die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz vorerst keine Grundlage für zeitnahe und umfangreiche Öffnungsschritte: Von den 412 Regionen, die das Robert-Koch-Institut ausweist (dazu gehören die Landkreise, kreisfreien Städte und die Berliner Bezirke), überschreiten 124 (gestern: 117, vorgestern: 98) die von Bundeskanzlerin Angela Merkel als “Notbremse” bezeichnete 100er-Marke – sie sind also von Bund und Ländern vereinbarten Lockerungen weit entfernt. Dem jüngsten RKI-Datenstand zufolge liegen von den 20 Regionen mit den höchsten Werten allein neun in Bayern und sieben in Thüringen. Beide Freistaaten mit ihren Fallaufkommen deutlich über dem Bundeswert (83,7): Bayern mit 89,0 und Thüringen mit der bundesweit höchsten Sieben-Tage-Inzidenz von 166,6. Mit Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz bleibt der thüringische Landkreis Greiz die am stärksten von der Pandemie betroffene Region Deutschlands. Dem neuesten Datenstand des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge (16. März, 3.42 Uhr) schwächt sich das Fallaufkommen der Region in Ostthüringen minimal auf 490,8 neu registrierte Fälle je 100.000 Einwohner binnen einer Woche ab (Vortag: 492,8), bleibt jedoch bundesweit das deutlich höchste. Dahinter folgen der sächsische Vogtlandkreis (307,1) und der thüringische Landkreis Schmalkalden-Meiningen (301,8) – die beiden einzigen Regionen im 300er-Bereich. Den aktuell größten Lichtblick gibt es an der Mosel: Laut RKI-Daten weist der Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz mit einem niedrigen zweistelligen Wert (11,4) die bundesweit geringste Sieben-Tage-Inzidenz auf. Angesichts steigender Corona-Zahlen fordern Deutschlands Intensivärzte eine sofortige Rückkehr in den Lockdown. “Von den Daten, die wir jetzt haben und sehen und mit dem Durchsetzen der britischen Mutante würden wir sehr stark dafür plädieren, jetzt sofort wieder in einen Lockdown zu gehen, um einfach eine starke dritte Welle zu verhindern”, sagte der wissenschaftliche Leiter des DIVI-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, im RBB-Sender Radioeins. Karagiannidis sagte, er hoffe sehr, dass die Länder die beschlossene Notbremse eines Inzidenzwerts von 100 durchsetzen. “Ansonsten würden wir jetzt noch einmal 5000, 6000 Patienten auf der Intensivstation sehen”, sagte Karagiannidis. “Man sieht sehr deutlich, dass wir sehr schnell jetzt wieder in steigende Intensivzahlen geraten werden, sofern wir dem Virus jetzt die Möglichkeit dazu geben.” Derzeit sind rund 2800 Covid-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung. “Wir gewinnen auch nicht viel, wenn wir jetzt die nächsten ein, zwei Wochen offen lassen, weil wir ganz schnell auf einem hohen Niveau ankommen und es auf dem hohen Niveau doppelt so schwierig sein wird, von den Zahlen wieder herunterzukommen”, sagte Karagiannidis. Erst seit wenigen Tagen sind Einzelhandel, Baumärkte und Museen in Brandenburg wieder teilweise geöffnet. Doch angesichts steigender Corona-Zahlen will die Landesregierung die Lockdown-Lockerungen wieder zurücknehmen. Das Kabinett wird voraussichtlich in Kürze über eine Rücknahme beraten, sagt Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher. “Wir werden auf jeden Fall reagieren”, so Nonnemacher. “Ich sehe die Entwicklung mit Sorge”, das gelte auch für Ministerpräsident Dietmar Woidke. Mittlerweile liegen in vier Landkreisen die Inzidenz-Werte über 100. Betroffen seien von der Rücknahme der Lockerungen Baumärkte und Floristik. Zudem soll es eine Rückkehr der Kontaktbeschränkungen auf eine Person geben. “Es ist aber Konsens, dass wir bei einer Rücknahme der Schulöffnungen sehr vorsichtig sind”, so die Ministerin. Trotz steigender Infektionszahlen ist in Thüringen wieder Kosmetik und Fußpflege erlaubt. Nach der seit heute im Freistaat geltenden neuen Verordnung dürfen nun auch erneut diese körpernahen Dienstleistungen angeboten werden. Die Friseursalons haben bereits seit Anfang März geöffnet. Jetzt ziehen Solarien, Buchläden, Bibliotheken und Kinderschuhgeschäfte ebenfalls nach. Es gelten jedoch strenge Auflagen. So ist die Anzahl der Kunden im Verhältnis zur Verkaufsfläche begrenzt. Dort, wo das Tragen einer Maske nicht möglich ist – wie bei der Gesichtskosmetik – muss ein negativer Corona-Test vorgelegt werden. Die jetzige Verordnung gilt bis Ende März. In Thüringen ist die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen auf rund 168 gestiegen (Vortag: 161,6). Auch bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 soll in Nordrhein-Westfalen Präsenzunterricht an Schulen stattfinden. Dies kritisiert der Landrat des Kreises Düren, Wolfgang Spelthahn, deutlich. Im Deutschlandfunk sagte er, er könne nicht nachvollziehen, dass man diesen Grenzwert propagiere, er im Land aber nicht gelte. Selbst wenn man in den Schulen alles tue, um möglichst sicher zu sein, müsse man die Wege zur Schule beachten. In Düren liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit bei 126,2. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hatte einen Antrag des Kreises abgelehnt, bis zu den Osterferien im Landkreis Distanzunterricht zu ermöglichen. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach glaubt trotz des Aussetzens von Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin, dass bis Ende September jedem Deutschen, der wolle, ein Impfangebot gemacht werden könne. Seiner Meinung nach sei dieses Versprechen der Bundesregierung zu halten, sagte Lauterbach im ARD-“Morgenmagazin”. Er glaube, dass der Impfstoff bald wieder eingesetzt werden könne und auch das Vertrauen wieder aufgebaut werde. Lauterbach sprach mit Blick auf das Aussetzen der Impfungen von einer “unglücklichen Entscheidung”. Zwar sei das Risiko der beobachteten Thrombosen in Hirnvenen “mit großer Wahrscheinlichkeit” auf das Vakzin zurückzuführen. Es sei aber sehr gering, vor allem im Vergleich mit der Erkrankung Covid-19, die gerade bei Älteren “sehr sehr häufig tödlich verläuft.” Der britische Statistikprofessor David Spiegelhalter hat die Entscheidung in Deutschland zum vorübergehenden Stopp der Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin kritisiert. “Angesichts von Ungewissheit ist es gut, vorsichtig zu sein. Aber in den derzeitigen Umständen mit steigenden Fallzahlen in Deutschland dürfte die Vorsicht es gebieten, schnellstmöglich so viele Menschen wie möglich zu impfen”, sagte der Professor an der Universität Cambridge der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem seien mögliche Schäden durch die Verstärkung von Vorbehalten gegen den Impfstoff zu bedenken. “Das sind schwierige Entscheidungen in ungewöhnlichen Zeiten”, so Spiegelhalter. In einem Gastbeitrag im “Guardian” hatte der Wissenschaftler am Montag davor gewarnt, kausale Zusammenhänge zu sehen, wo keine sind. Die klinischen Studien, die zur Zulassung des Astrazeneca-Impfstoffs in Großbritannien führten, und die Erfahrungen aus dem Impfprogramm in dem Land mit rund zehn Millionen verabreichten Dosen des Präparats hätten gezeigt, dass das Vakzin “außerordentlich sicher” sei. Der Pandemiebeauftragte des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München, Christoph Spinner, sieht das Aussetzen der Impfungen mit dem Astrazeneca-Produkt kritisch. Sicherheit stehe zwar an oberster Stelle. Ob man die Impfung hätte aussetzen müssen, könne man zumindest hinterfragen, sagte der Oberarzt des Universitätsklinikums der Deutschen Presse-Agentur. “Der Astrazeneca ist der zweitwichtigste Impfstoff für uns.” Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn genannte Zahl von sieben Fällen spezieller Thrombosen der Hirnvenen bei 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland sei sehr gering. “Die Ereignisse sind sehr selten”, sagt Spinner. Und: “Wir impfen derzeit prioritär Menschen mit Vorerkrankungen.” Diese Patienten hätten teils von vornherein ein gesteigertes Thromboembolie-Risiko. “Die Vorteile der Impfung überwiegen”, betont der Mediziner, was derzeit auch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA in einem aktuellen Statement bekräftigt. “Übrigens verursacht auch eine schwere Covid-19-Erkrankung regelhaft thromboembolische Ereignisse – alleine deshalb ist eine Impfung absolut sinnvoll.” Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery zieht den vorläufigen Stopp für Impfungen mit Astrazeneca in Zweifel. “Dass Menschen Thrombosen und Lungenembolien bekommen, muss nicht unbedingt etwas mit der Impfung zu tun haben”, sagte Montgomery dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nach den ihm bekannten internationalen Studien sei die Thrombose-Häufigkeit in der Placebo-Gruppe und in der Gruppe mit dem Impfstoff etwa gleich gewesen. Montgomery warnte auch vor einem Image-Schaden für den Impfstoff. “Unter dem Strich ist es leider so, dass dieser eigentlich gute und wirksame Impfstoff durch den Wirbel und die Impf-Aussetzung in vielen Ländern nicht gerade eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung gewinnt”, sagte der Weltärztepräsident. Der Deutsche Reiseverband (DRV) fordert die Öffnung von Hotels in Deutschland, sofern dies die Inzidenzen zulassen. Seit heute gilt für mehr als 40 Millionen Menschen in Italien wegen der schlechten Corona-Lage ein Lockdown. Außer der Insel Sardinien, in der kaum Beschränkungen gelten, unterliegen alle italienischen Regionen den mittelstrengen Regeln der Orangen Zone oder den Lockdown-Regeln der Roten Zone. In Letztere fallen neben der wirtschaftsstarken Lombardei mit der Metropole Mailand und Latium mit der Hauptstadt Rom auch Venetien und Emilia-Romagna. Die Menschen sollen dort ihre Häuser nur noch in dringenden Fällen, etwa zum Einkaufen, in Notfällen oder für die Arbeit, verlassen. Sport an der frischen Luft ist nur alleine erlaubt. Die Schüler müssen wieder auf den Unterricht via Internet ausweichen. Die Zahl der Corona-Toten in Israel hat die Marke von 6000 überstiegen. Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, starben seit Beginn der Pandemie 6011 Menschen in Verbindung mit dem Virus. Zum Jahreswechsel hatte die Zahl der Toten etwa 3400 betragen, Anfang Februar waren 5000 verzeichnet worden. In dem Mittelmeerstaat mit seinen etwa 9,3 Millionen Einwohnern hatte kurz vor Weihnachten eine Impfkampagne begonnen, die zu den erfolgreichsten weltweit gehört. In den vergangenen Wochen gingen die Zahlen der Schwerkranken und der Neuinfektionen deutlich zurück. Eine Erstimpfung erhielten in Israel bislang etwa 5,2 Millionen Menschen, davon bekamen auch rund 4,2 Millionen die zweite Dosis. In den USA entwickelt sich die Zahl der täglich registrierten Todesfälle weiter rückläufig. Binnen eines Tages verzeichneten die Behörden zwar mindestens 751 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus – zugleich ist das jedoch der niedrigste Montagswert seit Anfang November. Die Gesamtzahl der US-Todesopfer beträgt demnach nun 535.227. Die Zahl der binnen 24 Stunden nachgewiesenen Ansteckungsfälle in den Vereinigten Staaten stieg laut NYT um mindestens 57.083 neue Infektionen, sodass die Gesamtzahl der laborbestätigten Corona-Fälle auf mehr als 29,5 Millionen anwuchs. Im Sieben-Tage-Schnitt schwächt sich das Infektionsgeschehen kontinuierlich ab. 11.519.609 Menschen in Brasilien haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, 279.286 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. In der vergangenen Woche erfasste das Land erstmals mehr als 2000 Corona-Tote an einem Tag. Das Gesundheitssystem ist vielerorts zusammengebrochen. In Pakistan sind aus Sorge wegen stark steigender Corona-Neuinfektionen neue Beschränkungen verhängt worden. Diese beträfen mindestens sieben große Städte der Provinz Punjab sowie die Hauptstadt Islamabad, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Die Beschränkungen umfassen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in diesen dicht besiedelten Städten, das Verbot von Versammlungen in Innenräumen oder die frühere Schließung von Märkten und Geschäften. Auch Schulen bleiben für mindestens zwei Wochen geschlossen. Das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit und Abstandhalten sind wieder verpflichtend. Der Gesundheitsminister der Provinz Punjab, Yasmin Rashid, machte die zuerst in Großbritannien entdeckte Virus-Mutante für den raschen Anstieg an Infektionen verantwortlich.
NACHRICHTEN AUS DER CORONA-PANDEMIE (CCXXVII)
