Warum ist gerade jetzt ein über 80 Jahre altes Statement wieder so aktuell?
VON STAFAN JANOSI**
In den letzten Monaten häufen sich in meinen Accounts sozialer Medien sowie E-Mailpostfächern die Links zu Fakenews und skurrilen Lügengeschichten. Ein Flut von Lügen, verzerrten Tatsachen, eigenwilligen Interpretationen und dummen Behauptungen quillt tagtäglich aus dem elektronischen Müllkorb.
Diesen “Nachrichten“ stehe ich zunehmend entsetzt und verärgert gegenüber. Entsetzt, weil auch mir bekannte Menschen diese dreisten Lügen teilen und sich mittlerweile auch Kommunalpolitiker der Unwahrheit bediene, um mißliebige Positionen zu diskreditieren.
Spätestens seit Einzug der AfD in den Bundestag ist das bisher Unsagbare wieder hoffähig geworden, sagbar. Wenn ich mir einige Reden von AfD Bundes- Landtagsabgeordneten anhöre, scheint es, als ob auch die letzten Dämme des Anstands brechen. Beschimpfungen und Halbwahrheiten wechseln sich mit teils rassistischen und antidemokratischen Parolen ab. Das konnte auch in den sozialen Medien nicht ohne Folgen bleiben.
Eine aktuelle Untersuchung von der Analysefirma ALTO zusammen mit WDR/NDR zeigt: eine Minderheit rechter Nutzer dominiert politische Diskussionen in Sozialen Netzwerken. Durch gezielt veröffentliche Lügen versuchen rechte Gruppen und Parteien, politische Debatten zu beeinflussen.
Eine einmal im Netz stehende Behauptung, sei sie noch so unwahr, verbreitet sich in kürzester Zeit über Sympathisanten in rechten Netzwerken. Die AfD versucht, eine eigene Medienöffentlichkeit zu etablieren. Diese soll vor allem mit Fakenews die politische Debatte beeinflussen. Dafür hat sie u.a. einen Kongress im Bundestag geplant, bei dem auch der rechtsextreme Ex-“Breitbart“-Chef Steve Bannon eingeladen wurde. Ebenfalls als Redner zugesagt hat der homophobe Rechtspopulist und Hassblogger Milo Yiannopoulos. Yiannopoulos ist bekannt für transphobe Verunglimpfungen und die Verbreitung hasserfüllter Rhetorik. Er erhielt dafür eine lebenslange Sperre von Twitter. Ein bislang einmaliger Vorgang.
Auftritte von diesen Antidemokraten und Faschisten im deutschen Bundestag sind ein Skandal und zeigen ganz klar, welche Vorstellungen von “Demokratie“ die AfD hegt. Diese Art von Fakenews soll uns suggerieren, dass schwarz auch weiß sein kann und eins und eins auch drei. Wenn wir uns aber auf keine gemeinsame Faktenbasis mehr verständigen können, ist kein konstruktiver Diskurs mehr möglich.
Genau das scheint aber die Strategie der Antidemokraten und Rechtspopulisten zu sein. Unsicherheit schüren und Angst verbreiten, ist das Ziel einer groß angelegten Medienkampagne rechter Parteien. Ein schleichendes Gift das unsere Demokratie langsam zersetzen soll.
Was können wir dagegen unternehmen? Vor allem: Klar Stellung beziehen! Keine dieser Nachrichten und Links weiterverbreiten, sachlichen Widerspruch einlegen, Lücken und Fehler in der Argumentation aufdecken, auf entsprechende Fakenews aufmerksam machen z.B. durch https://www.mimikama.at. Wenn wir alle, denen eine Zukunft in einer freien, aufgeklärten und demokratische Gesellschaft wichtig ist, gegen das schleichende Gift der Lügen und des Hasses Stellung beziehen, müssen wir uns keine Sorgen machen.
* Der englische Publizist Charles Prestwich Scott, von 1972 bis 1929 Herausgeber und von 1907 bis zu seinem Tod 1932 Besitzer des britischen „Manchester Guardian“, hat diese klassische Auffasssung von der Aufgabe der Presse formuliert. Bis heute steht das Zitat als Motto über der Meinungsseite der englischen Zeitung.
** Stefan Janosi ist Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Wermelskirchener Stadtrat
Danke! Stefan