Haus & Grund und Mieterverein fordern viel mehr bezahlbaren Wohnraum

Den Beitrag von Georg Watzlawek entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung dem Bürgerportal Bergisch Gladbach

Zum ersten Mal formulieren die lokalen Interessensverbände der Hauseigentümer und Mieter eine gemeinsame politische Forderung: Angesichts der dramatischen Lage auf dem regionalen Wohnungsmarkt müssten Politik und Verwaltung eine Kehrtwende hinlegen. In Sachen Bürokratie und Grundsteuer, vor allem aber bei der Ausweisung von sehr viel mehr Bauflächen.

„Historisch“ nennen Haus & Grund Rhein-Berg und der Mieterverein Köln ihren Appell, den sie am Mittwoch bei einem Pressegespräch vorstellten – und mit dem sie sich zum ersten Mal gemeinsam an Politik und Öffentlichkeit wenden.

Angesichts dramatisch steigender Wohnkosten, dem eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum, explodierenden Nebenkosten, Unsicherheiten bei der künftigen Bemessung der Grundsteuer und großen Unsicherheiten bei Investitionen könne es so einfach nicht weitergehen.

Ihr Ziel sei es, bessere Rahmenbedingungen für den (geförderten und gedämpften) Wohnungsbau zu erreichen. Dabei seien sie sich völlig einig, sagten für Haus & Grund Rhein-Berg der neue Vorsitzende Sebastian Feik und Geschäftsführerin Sylvia Schönenbröcher sowie für den Mieterverein Köln der Vorsitzende Franz Xaver Corneth und Geschäftsführer Hans Jörg Depel (s.a. Dokumentation unten).

Gemeinsam für bezahlbaren Wohnraum: Sylvia Schönenbröcher, Hans Jörg Depel, Sebastian Feik und Franz Xaver Corneth

Da höhere Kosten für Eigentümer auch immer höhere Nebenkosten für Mieterinnen und Mieter bedeuten zögen die beiden Vereine an einem Strang. „Wenn sich die Menschen die Mieten nicht mehr leisten können, dann haben wir beide ein Problem“, bringt es Schönenbröcher auf den Punkt.

„Uns verbindet die Sorge um bezahlbaren Wohnraum, da sehen wir einen großen Handlungsbedarf in der Politik, ergänzt Feik.

Klimaschutz versus bezahlbare Wohnraum

Die Mieten in Bergisch Gladbach seien bereits jetzt horrend, die Rahmenbedingungen für einen normal funktionierenden Wohnungsmarkt nicht gegeben, daher werde viel zu wenig gebaut, sagt Corneth. Mit erheblichen Folgen: „Die Ergebnisse der Europawahl zeigen ja, was passiert, wenn man beim Wohnungsbau zu wenig macht.“

Schönenbröcher verweist auf den Rückgang bei der Fertigstellungen von Wohnungen – und auf einen massiven Zielkonflikt: „Wir können die Ziele Klimaneutralität und bezahlbaren Wohnraum nicht vereinbaren – die Kosten für den Klimaschutz werden uns noch auffressen.“

Die Nebenkosten machten teilweise bis zu 50 Prozent der Gesamtmiete aus, angetrieben von Auflagen und Umlagen. Die Kaltmieten stagnierten dagegen, berichtet Schönenbröcher, weil die Vermieter wüssten, dass ihre Mieter nicht noch mehr zahlen könnten.

Weniger Bürokratie – mehr Bauflächen

Viele der Forderungen der beiden Vereine richten sich an Bund und Land, doch auch für die Politik und Verwaltung in Bergisch Gladbach sowie im Rheinisch-Bergischen Kreis haben sie dringende Wünsche.

Konkret sind das vor allem zwei. Erstens einen Abbau der Bürokratie und eine deutliche Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Bauprojekte. Und zweitens die schnellere Ausweisungen von mehr Bauflächen. „Hier brauchen wir einen Doppelwums, damit sich endlich etwas tut“, fordert Depel.

Für Depel ist es völlig klar, dass der Bedarf an Wohnraum nicht alleine durch Nachverdichtung zu schaffen sei, sondern nur durch die schnelle Ausweisung neuer Baugebiete. Dabei müsse man „groß denken“, damit die Menschen auch in Zukunft adäquat untergebracht werden können.

Alleine in Bergisch Gladbach fehlten schon jetzt rund 1000 Wohnungen, den Bedarf in den kommenden fünf bis zehn Jahren schätze er auf insgesamt rund 2000 Wohnungen, sagt Depel. Ein Teil davon werde vielleicht auf dem Zanders-Areal geschaffen, doch da sei die Zeitschiene offen.

Ein weiterer Baustein könnte eine lokale Wohnungstauschbörse sein – um größere Wohnungen, die nur noch von einer oder zwei Personen bewohnt werden, für Familien frei zu machen.

Auch eine Überarbeitung der Stellplatzverordnung könne helfen, ergänzt Corneth. Die Kommunen müssten zudem bereits jetzt Anträge für eine Wohnungsbauförderung stellen, die der Bund für 2025 oder 2026 in Aussicht gestellt habe.

Auf dem Zandersareal soll Wohnraum für 3000 Menschen entstehen. Die Stadt will die Konversion des Industriegeländes gründlich angehen, das braucht Zeit. Foto: Stefan Krill, Panomedia360

Zanders schneller entwickeln

Sebastian Feik, seit November neuer Vorsitzender von Haus & Grund Rhein-Berg, verweist auf die komplexe Gemengelage und fordert eine qualifizierte Auseinandersetzung mit allen Umständen. Nur so könnten Politik und Verwaltung die Rahmenbedingungen für den Bau von mehr bezahlbaren Wohnungen schaffen.

Für die Stadt Bergisch Gladbach gelte es auch, sich auf Kernaufgaben zu konzentrieren und die eigenen Ausgaben herunter zu fahren, sagt Feik. Als Beispiel für eine Aufgabe, die die Stadt nicht leisten sollte, nennt er das Zanders-Areal. Der Kauf sei wohl eine Fehlentscheidung gewesen. Auf Nachfrage stellt Feik diese Aussage zwar wieder in Frage – aber wenn die Stadt schon eine solche Investition tätige, dann hätte sie schnell Experten ran lassen sollen, die das Areal rasch an Investoren weitergeben.

Auch da ist sich der Haus & Grund-Vorsitzende mit dem Chef des Mietervereins einig. Corneth bekräftigt: „Die Stadt hätte auf Zanders viel schneller bauen müssen, damit das Geld wieder rein kommt.“

Beitragsfoto: Baukräne sind in Bergisch Gladbach viele zu sehen, dennoch werden zu wenig Wohnungen gebaut © Thomas Merkenich

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