Festrede von Bürgermeisterin Marion Lück auf dem Festakt „150 Jahre Stadtrechte Wermelskirchen“ am 12. August 2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie alle sehr, sehr herzlich an diesem besonderen Tag und zu diesem besonderen Anlass.
„150 Jahre Stadtrechte Wermelskirchen“ – das hört sich im Vergleich zu anderen Städten noch sehr jung an. Doch für uns ist dieses Jubiläum von großer Bedeutung.
Und genau deshalb ist es eine wirkliche Ehre für mich, Sie heute als Bürgermeisterin unserer schönen Stadt begrüßen zu dürfen. Und diese Ehre empfinde ich als noch bedeutsamer, wenn ich mich im Saal umgucke und in die Gesichter von so vielen Menschen blicke, die ihre Kraft, ihr Engagement und ihre Leidenschaft dafür einbringen, um sich nachhaltig für das Wohl unserer Heimatstadt und ihrer Menschen einzusetzen.
Ich freue mich sehr, dass Sie heute den Weg in Ihr Rathaus gefunden haben, um den Geburtstag der Stadt zu feiern, die schon immer Ihre Heimatstadt war oder die zu Ihrem neuen Zuhause geworden ist. Ohne Sie alle, die heute stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt beim Festakt dabei sind, wären wir nicht das Wermelskirchen, das wir sind. Nämlich eine besonders liebenswerte und einzigartige Stadt!
Nicht zuletzt deshalb bin ich froh, dass wir heute auch einige prominente Gäste von außerhalb unserer Stadtgrenzen begrüßen dürfen. Das gibt uns die Chance, auch ihnen ein Gefühl davon zu vermitteln, was Wermelskirchen ausmacht. Wir freuen uns sehr, dass Sie diesen besonderen Jubeltag mit uns gemeinsam feiern.
Vielen Dank, dass Sie heute den Weg zu uns gefunden haben, sehr geehrter Minister Herbert Reul, sehr geehrter Landrat Stephan Santelmann und sehr geehrter Bundestagsabgeordneter Hermann-Josef Tebroke. Und auch: liebe Bürgermeisterin Simone Taubenek aus unserer Partnerstadt Forst sowie meine Amtskolleginnen und Kollegen der umliegenden Städte. Schön, dass Sie heute hier sind!
Ein ganz besonders herzliches Willkommen zurück in der Heimat gilt an dieser Stelle dem aktuell wohl berühmtesten Sohn der Stadt, dem Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland Christian Lindner.
Lieber Christian Lindner, Sie sind wie ich ein Wermelskirchener Kind. Sie sind hier großgeworden, zur Schule gegangen und vielleicht haben Sie – wie sicherlich so einige von uns hier auch – irgendwann zum ersten Mal auf der Kirmes geflirtet, bei den Dorffesten und im Karneval richtig gefeiert oder unter vielleicht haben Sie unter dem Weihnachtsbaum Ihr Herz verloren. Wer so etwas hier erlebt hat, versteht den besonderen Charme unserer Stadt umso besser.
Ich gebe gerne zu, architektonisch mag Wermelskirchen nicht die allerschönste Stadt im Bergischen sein. Aber Christian Morgenstern hat einst gesagt: „Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet.“ Wenn man also unser Wermelskirchen mit dem Herzen betrachtet, dann ist es definitiv die schönste Stadt im Bergischen Land. Und auch darüber hinaus.
Wermelskirchen ist nämlich so viel mehr als nur ein Ort, dem vor 150 Jahren die Stadtrechte verliehen wurden:
Wermelskirchen ist ein Gefühl.
Ich meine dieses große, von allen Bürgerinnen und Bürgern tief empfundene und geteilte Gemeinschaftsgefühl. Das gibt es hier. Das spürt man überall. Und womöglich hatten die Menschen das hier schon, als sie am 24. August 1596 den ersten Jahrmarkt auf die Beine stellten. Einen Jahrmarkt, aus dem im Laufe der Jahrhunderte unsere Kirmes entstanden ist und die – genau wie vor 427 Jahren – noch immer rund um den letzten Sonntag im August gefeiert wird.
Unsere Herbstkirmes hat sich längst zu einem der größten Volksfeste im Bergischen Land entwickelt. Und eins steht fest: Wermelskirchenerinnen und Wermelskirchener tragen ihre Kirmes im Herzen – egal, wo sie sind! Viele, die heute in anderen Städten auf dieser Welt leben, kehren für dieses Wochenende zurück zu ihren Wurzeln. Sie treffen bei der Matinee alte Freunde und Bekannte. Denn die Kirmes ist wie ein Magnet, der alle nach Hause holt. Und auch hier kann man es spüren, das Wermelskirchener Gefühl.
Das war sicherlich auch vor 150 Jahren so. In Wermelskirchen wirkte in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und noch weit darüber hinaus eine Unternehmerschaft, die mit Engagement, Ideenreichtum und vielen Menschen, die mit anpackten, einen industriellen Aufschwung bewirkte.
Am Anfang war die Schuhindustrie – und manche Gebäude erzählen bis heute von der Geschichte. Wie zum Beispiel die Kattwinkelsche Fabrik, die Eugen und Wilhelm Kattwinkel 1892 bauen ließen. Der Name ist geblieben, auch wenn dort heute kulturelle Veranstaltungen und Events stattfinden, die weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlen.
Der Boom der Schuhindustrie verebbte irgendwann, doch in Wermelskirchen herrschte schon damals wie heute ein Pioniergeist. Vielleicht, weil die Stadt schon immer auf innovative und charismatische Persönlichkeiten zählen konnte wie Carl Leverkus. Oder wie Pfarrer Gustav Dellmann, dem wir heute unseren Spitznamen „die Dellmänner“ zu verdanken haben. Es ist kein Wunder, dass aus einer Stadt, die immer in Bewegung war und ist, die „Rollenstadt Europas“ wurde.
Wer als Tourist durch das beschauliche Wermelskirchen fährt, an der wunderschönen Dhünntalsperre spazieren geht oder wer einen Teil des Jakobsweges bei uns im Eifgen zurücklegt – der dürfte kaum ahnen, in welcher Liga viele Unternehmen der Stadt weltweit spielen. Früher „Rhombus Rollen“, heute Tente Rollen, Interroll oder Ortlinghaus. Und dann haben wir auch noch den Biber. Jedes Kind kennt das Maskottchen der Baumarktkette OBI.
Obi hat unser Ehrenbürger Dr. Manfred Maus, federführend 1970 in Wermelskirchen gegründet. Er ist heute genauso hier wie unser Ehrenbürger Heinz Voetmann, der zu der Zeit Bürgermeister war. Herzlich willkommen und schön, dass Sie beide heute hier sind!
Hier in Wermelskirchen können wir auf eine lange Tradition an Unternehmens-Gründungen zurückblicken, die sehr erfolgreich geworden sind und die mit unserer Stadtsparkasse einen starken Partner an ihrer Seite haben. Und wie gut, dass wir vor 150 Jahren zu einer Stadt geworden sind, denn sonst hätte unsere Sparkasse nicht gegründet werden können.
Vor 150 Jahren mag den Menschen noch nicht so bewusst gewesen sein, wie wichtig Unternehmen auch für das Gemeinwohl sind. Heute sind sie definitiv unerlässlich. Nicht nur als Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, sondern auch, weil sie dabei helfen, die Stadt weiter in Bewegung zu halten. Es ist bemerkenswert, welche Ideen immer neu in dieser Stadt entstehen, deren Umsetzung Mut und Idealismus erfordern und den unbedingten Willen, etwas zu erreichen.
Auch das ist Teil des Gefühls, das Wermelskirchen damals wie heute ausmacht. Der Puls von Wermelskirchen schlägt heute kräftig und stark. Wermelskirchen ist widerstandsfähig und mutig. Und wenn die Menschen heute der festen Überzeugung sind, dass es der Allgemeinheit und dem Allgemeinwohl dient, dann scheuen sie sich genauso wenig wie 1873, ungewöhnliche Wege zu gehen. Manch einer mag das als unbequem empfinden, und ja, wir haben in der Presse in Anlehnung an die Asterix-Hefte den Beinamen „das gallische Dorf“ bekommen, weil wir so beharrlich an unseren Ideen festhalten. Aber – das ist genau gut so. Und darauf können wir absolut stolz sein.
Denn hier – in einer kleinen Kommune – zeigen die Menschen, dass sie schnell und unkompliziert agieren können. Wenn weiter oben Entscheidungen getroffen werden, die praktisch nicht so leicht umzusetzen sind, dann schaffen es die Menschen in Wermelskirchen, mit viel Pragmatismus und Hilfsbereitschaft auch scheinbar Unmögliches möglich zu machen.
Wir haben das in Corona-Zeiten erlebt, als das Sozialwerk Fahrdienste ins Impfzentrum nach Bergisch Gladbach organisiert hat, Unsere Seniorinnen und Senioren wären sonst niemals alle dorthin gekommen. Oder nach der Hochwasser-Katastrophe vor zwei Jahren, als knapp 300 Freiwillige in Gummistiefeln und mit Schubkarren parat standen, um das Freibad Dabringhausen vom Schlamm zu befreien. Ein letztes Beispiel: Ohne das große Herz und das Mitgefühl der Menschen in Wermelskirchen hätten nicht so viele Geflüchtete aus der Ukraine, die in der Nacht ankamen, schon in den Morgenstunden ein neues Zuhause in privaten Haushalten gefunden.
Als es darum ging, Schutz und Geborgenheit zu bieten, waren die Menschen in Wermelskirchen bedingungslos bereit. Sie haben sich engagiert und Hand in Hand gearbeitet und taten damit genau das, was sie für richtig hielten.
In Kommunen kann eine starke Gemeinschaft heranwachsen, die stärker ist als all die Spalter und Miesmacher. Es kann etwas unglaublich Wertvolles entstehen, und ich traue mich nach schwierigen Amtsjahren zu sagen, dass wir das hier besitzen: Die Menschen in Wermelskirchen achten einander. Sie stehen für einander ein. Sie kümmern und sie engagieren sich. Starke helfen Schwächeren. Werte wie Nächstenliebe, Zusammenhalt und Beständigkeit werden gelebt. Und das zu wissen, ist ein gutes Gefühl.
Hier im Saal sehe ich die Vorsitzenden der unzähligen Vereine, die unsere Stadt mit Leben füllen. Sie sind es, die den Kindern und Erwachsenen so viel mehr bieten als nur verschiedene Angebote. Sie schenken – genau wie unsere Kirchengemeinden – auch ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie heißen willkommen, spenden Halt, Trost und Zuversicht. Genau wie unsere Kindergärten und Schulen, die unsere Jüngsten dabei unterstützen, dass Wermelskirchen ihnen ein sicheres Zuhause ist.
Sie alle – natürlich auch die Mitglieder unseres Stadtrates – machen unsere Stadt zu etwas Besonderem. Weil sie alle dafür sorgen, dass das Gefühl für Wermelskirchen so stark und lebendig ist und bleibt. Ob Sie sich sportlich, kulturell, für junge oder ältere Menschen, sozial, politisch, traditionell oder in den Bereichen Erziehung und Bildung einsetzen: Sie tun es aus tiefster Überzeugung, energisch und mit Spaß. Erlauben Sie mir an dieser Stelle ein Dankeschön an Sie alle: Danke für Ihr leidenschaftliches Engagement, für Ihren unermüdlichen Einsatz und Ihre unerschütterliche Zuneigung und Liebe für unsere Stadt. Danke für jeden Tag, den Sie mit Ihrer Kraft mithelfen, unsere Stadt zu einem Zuhause zu machen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der starke Herzschlag der Stadt durch die Menschen, die sich hier engagieren, auch in den kommenden 150 Jahren nicht aus dem Takt geraten wird. Aber, auch das möchte hier erwähnen: Um die anstehenden Aufgaben zu meistern, braucht es nicht nur ein starkes Ehrenamt und Unternehmertum vor Ort. Es braucht auch die Unterstützung von Land und Bund. Wir konnten in der Vergangenheit hier vor Ort schon vieles gemeinsam schaffen. Aber wir stehen aktuell vor regelrechten Mammutaufgaben. Und es werden weitere hinzukommen.
Um diese bewältigen zu können, wünsche ich mir, dass wir zusammen kluge und pragmatische Lösungen entwickeln. Ich wünsche mir, dass Kommunen wie Wermelskirchen überregional gehört werden und wir die notwendige Gestaltungsfreiheit von Bund und Land bekommen, um hier vor Ort die Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder in den kommenden 150 Jahren gestalten zu können. Wir müssen die Chance erhalten, unsere Stadt zukunftsfähig aufzustellen. Und wir alle müssen dafür sorgen, dass wir in diesen herausfordernden Zeiten unsere Demokratie schützen.
Das ist mein Geburtstagswunsch für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger.
Und wie es sich für einen Geburtstag gehört, freue ich mich darauf, dass wir jetzt auch unbeschwert feiern können. Heute beim Bürgerfest und morgen beim WermelsKirchentag. Nächste Woche bei der Dhünnschen Kirmes und in zwei Wochen bei der Herbst-Kirmes. Wermelskirchen ist berühmt dafür, dass hier gefeiert und getanzt und gelacht wird. Auch in schwierigen Zeiten, weil das Gefühl der Gemeinschaft Spaß und Kraft schenkt.
Das zeigt sich übrigens auch bei der Gestaltung des Geburtstagsjahres: Mit unfassbar viel Herzblut und Leidenschaft haben Vereine und Institutionen über 150 verschiedene Veranstaltungen und Events organisiert, damit wir Freude haben.
Dafür möchte ich mich im Namen aller in der Stadt an dieser Stelle aufrichtig und von ganzem Herzen bedanken!
Danke dafür, dass Sie so viel Freizeit investieren, um die Stadt zu feiern. Danke dafür, dass Sie es auf sich genommen haben, neben Ihrem normalen Job noch tolle Events, das aufwendige Buch zum Stadtjubiläum, diesen Festakt, das Bürgerfest, den WermelsKirchentag und den riesigen Festumzug am 26. August zu planen und umzusetzen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Stadt sehr glücklich und begeistert ist, so gewürdigt und geliebt zu werden. Und dass sie sich genauso wie ich wünscht, dass diese Motivation, sich für das Gute in unserer Stadt einzusetzen, auch in den kommenden 150 Jahren nie aufhört.
Denn: Wir sind Wermelskirchen!
In diesem Sinne: Vielen Dank an Sie alle und herzlichen Glückwunsch, Wermelskirchen!
Beitragsfoto: Bürgermeisterin Marion Lück begrüßte die über 300 geladenen Gäste beim feierlichen Festakt im Bürgerzentrum. Foto: Stadt Wermelskirchen / Kellermann