Willi Schmitz †

Gestern wurde die Urne von Willi Schmitz auf dem Waldfriedhof Eickerberg zu Grabe getragen. Sehr viele Menschen nahmen an der würdigen Trauerfeier für Willi Schmitz teil, das Wermelskirchener Original, das sein Leben dem Sport, der Leichtathletik, den Jugendlichen in Wermelskirchen gewidmet hatte. Gleichsam ein “Klassentreffen”, da sich offenbar viele Kondolanten nach langer Zeit erstmals wieder begegneten.

Nikeata Thompson und Willi Schmitz im Eifgen-Stadion

Willis Sohn, Jörn, informierte die Trauergesellschaft über die Familie und ihre Rolle für Willi. Jochen Zappe und Rolf Brombach erinnerten an den niemals endenden Elan, mit dem Willi Schmitz sich für die Leichtathletik, für die Athleten, für jugendliche Talente ins Zeug warf.

Nikeata Thompson (heute Choreographin)  und Kira Biesenbach (erfolgreiche Siebenkämpferin) rahmen den Bayer04-Trainer und Willi-Sportfreund Manfred Schmitz ein

Hier die Würdigung von Jochen Zappe

Liebe Trauernde, liebe Angehörige, liebe Freundinnen und Freunde von Willi Schmitz, 

wir sind heute hier zusammen gekommen, um uns von „unserem“ Willi, unserem Freund und Trainer zu verabschieden. 

Man müsste sich nicht besonders anstrengen und nachdenken, aber viele von uns  allen hier würden sich an ganz viele Episoden und Begegnungen mit Willi Schmitz erinnern. Es käme sicherlich ein dickes Buch zusammen. Rolf Brombach und ich, die wir wahrscheinlich zu den ersten seiner Trainingsjahrgänge zählten, wollen das stellvertretend für uns alle tun, in der Hoffnung, es richtig und angemessen zu machen.

Willi hat Generationen von Wermelskirchener Leichtathleten  geprägt, Talente aufgespürt und sein Leben mit Haut und Haaren in den Dienst der Leichtathletik gestellt. Er war Jahrzehnte als Trainer des Wermelskirchener Turnvereins weit über die Stadtgrenzen bekannt wie ein „bunter Hund“, und man kann zu Recht behaupten, dass er ein echtes Wermelskirchener „Original“ war.

Seine Trainerzeit begann Willi Schmitz Anfang/Mitte der 1960er Jahre. Die alte vereinseigene WTV-Halle und der dazugehörige Sportplatz mit schwarzer Asche, der über eine 300 Meter Laufbahn, eine Hoch- und Stabhochsprunganlage und auch sonst über alles verfügte, was man für die Leichtathletik benötigte, war seine Welt. Das Vereinsgelände des WTV am Schwanen war das Zuhause, der Lebensmittelpunkt von Willi Schmitz.  Wenn etwa Sportgeräte  fehlten, dann konnte er mal schnell solche selber basteln. Wie zum Beispiel auf dem Dachboden der alten WTV-Halle, da baute Willi in Eigenregie den ersten Kraftraum in Wermelskirchen überhaupt mit selbst fabrizierten Geräten. Von Fitnessstudios war man zu dieser Zeit noch meilenweit entfernt. 

Die Halle war sein Zuhause, die Außenanlagen seine Domäne. Ich glaube, es gab keinen Quadratmeter, der nicht von ihm umgegraben und beharkt worden ist. Zahlreiche Autoreparaturen wurden vor wichtigen Wettkämpfen schnell noch durchgeführt, und ich kann mich vage daran erinnern, dass auf der Fahrt zu einem Wettkampf an den Niederrhein Willis Fiat 500 nur noch per Handbremse abgebremst werden konnte. Wichtige Autoteile lagen derweil noch an der Weitsprunggrube des Schwanenplatzes. Die Polizei hätte sich eh nicht getraut, uns anzuhalten. Auf dem kleinen Wagen waren die Stabhochsprung-Stäbe waghalsig aber phantasievoll angebracht, und das konnte man als originell, aber auch als bedrohlich ansehen. Abenteuerlich, heutzutage undenkbar! Bei Willi völlig normal.

Besonders schön war die Zeit, wo Willi Schmitz nicht nur Trainer, sondern auch noch Hallen- und Platzwart des WTV war. Da konnten wir auch an hohen christlichen Feiertagen wie Weihnachten, Neujahr Tag und Nacht spontan so manches Fußballspiel in der Halle auf kleine Kästen durchführen oder nach Waldläufen in die Halle und den Kraftraum wechseln. Lästige Hallenverteilungspläne des Stadtsportverbandes oder der Stadt brauchte man da nicht.

Von Anbeginn an gehörte es zu Willi Schmitz Kernkompetenz, Talente zu entdecken und zu fördern. Ständiger Stammgast war er bei den Bundesjugendspielen und allen Sportfesten der Schulen. Er ließ nie locker, wenn er glaubte,  künftige Spitzensportler:innen fürs Training  gewinnen zu können, was ihm in vielen Fällen eindrucksvoll gelang. Talente hatten es schwer, Willi auszuweichen. Wenn es sein musste, gab es Hausbesuche bei den Eltern und Abholaktionen zum Training.

Lange Jahre – in der jüngeren Vergangenheit – war Schmitz mit seinen  VW-Bussen nicht nur jobmäßig Fahrer von Schulkindern, sondern er brachte die Wermelskirchener Leichtathletik-Talente persönlich in die Leichtathletik-Hochburg nach Leverkusen, wenn die Trainings- und Fördermöglichkeiten in Wermelskirchen erschöpft waren. Hand in Hand arbeitete er dabei mit Dieter Brischke und seinem Trainerteam des WTV zusammen und war damit lange Jahre einer der treuesten Scouts und auch Trainer für Bayer 04 Leverkusen. 

In der Stadt Wermelskirchen kämpfte er viele Jahre unerbittlich auch administrativ an allen Fronten für die Leichtathletik und seine Athleten, kompromisslos und – aufgrund seines Wesens – oft über das Ziel hinaus schießend. Für die Verwaltung der Stadt und auch für den WTV war das manchmal nicht ganz einfach. Er erinnerte mich dann oft an Don Quichote, der erfolglos gegen Windmühlen kämpft. Bis zu seinem viel zu frühen Tod war Bernd Nitschke, quasi als Sancho Panza,   der ruhende Pol an Willis Seite, der als städtischer Beamter im Sportamt manche Wogen glätten konnte. 

Wenn es nicht so gut lief, war auch  ich in späteren Jahren oft Ansprechpartner für Willi. Wenn beispielsweise ein Stadionverbot durch die Stadt drohte oder schon ausgesprochen war, weil Willis Trainingsgruppen den  heiligen Fußballrasen mit Speer- oder Diskuswürfen oder auch nur durch Barfußläufe und -sprints „malträtierten“ – da hieß es, Willi aus der Klemme zu helfen. Da musste ein Presseberichte oder eine Kontaktaufnahme zur Stadtspitze her. Vor kurzem habe ich noch ein Schreiben von Altbürgermeister Heinz Voetmann gefunden, der mir einen persönlichen Gesprächstermin in einer dieser Angelegenheiten vorschlug.

 Aber so war er nun mal.  Alles – Familie, Job, eigentlich sein komplette Leben – ordnete Willi Schmitz der Talentsuche, dem Training und den Wettkämpfen unter. Zum Schluss war es dann ruhig um ihn geworden. Eine Vielzahl gesundheitlicher Probleme, zuletzt eine folgenreiche Corona-Erkrankung, zwang Willi Schmitz in die ungewohnte körperliche Passivität und machte ein selbstständiges Leben unmöglich. 

Ein ganz persönlicher Satz sei dem Verfasser dieser Zeilen, an dieser Stelle noch gestattet: Lieber Willi, ich und viele andere haben Dir sehr viel zu verdanken, auch wenn keine Weltrekorde oder Olympiasiege dabei herausgekommen sind. Das Training in jungen Jahren, das Leben auf dem Sportplatz und bei den Wettkämpfen mit dir und Deinem Einsatz hat fürs Leben geprägt.

 Danke dafür!

Die Trauerrede von Rolf Brombach

… liebe Trauernde, liebe Angehörige, Freundinnen und Freunde von Willi,


2009 hatte der WTV sein 150jähriges, und es bestand die Möglichkeit, ein paar Zeilen als Leserbrief zu schreiben, das habe ich damals getan. Aber in erster Linie nicht nur, um dem WTV zu gratulieren, sondern uns allen nochmals vor Augen zu führen, was unser unermüdlicher Willi damals, vor jetzt 14 Jahren, für den Sport, für uns und den Verein getan hatte.

Ich war so um die 14 Jahre alt, als mich Willi sah und überredete, nach Wermelskirchen zum Training zu kommen. Das war damals nicht so einfach, am besten noch mit dem Rad, Sommers wie Winters, nur an den Wochenenden holte Willi uns mit seinem unfassbar ollen VW-Bus ab und fuhr uns entweder zur Eschbachtalsperre oder aber zu den jeweiligen Wettkämpfen, manchmal runter bis an die holländische Grenze.

Willi war dabei das personifizierte Ehrenamt, ich kann mich nicht daran erinnern, dass er uns Schüler jemals um Geld, ein Fahrgeld oder so gefragt hätte. Wenn er uns dann nachmittags oder abends heimbrachte, gab es für ihn bei uns ein warmes Essen – das mochte er immer, und es schien ihm Lohn genug. So meine Erinnerung.

Das Einladen und Ausladen der ganzen Aktiven dauerte dabei immer länger – wisst Ihr eigentlich, wie viele Athleten   w i r k l i c h  in Willis Bus passten?

Wie gesagt, egal ob Training oder Wettkampf: Willi war immer da. Immer hochtourig. Immer resolut und mitreißend. Seine riesengroßen Laufschritte werde ich nicht vergessen, mit denen er uns imponierte, und die er den Technikern unter uns beizubringen versuchte; ich  hatte den Eindruck, wir alle haben ihn damals darin imitiert, die Hürdenläuferinnen und Läufer, die Sprinter, auch Jochen, beim Stabhochsprung.

Willi war das Band, das uns alle zusammenhielt. Oft schimpfte er, auf dieses und jenes, und das hat sich auch bis zu seinem Ende nicht gelegt. Aber er konnte auch loben: gab es eine gute Zeit oder eine gute Weite, kommentierte er aufrichtig mit “datt war juut!”

Und wo andere vielleicht doch einmal geschimpft hätten, bei einem Patzer, war Willi dann kameradschaftlich still und mitfühlend: Wir fuhren mal mit der 4x100m – Schülerstaffel bis nach Uerdingen und verloren gleich beim ersten Wechsel den Stab. Konnten gleich wieder heimfahren. Kein Wort von Willi.

So etwas hatte Größe. Aber das sah man dann erst später. Ja, Willi konnte ein Jähzorn sein, er war alles, nur kein Diplomat. Aber er war stets ehrlich und verlässlich. Und kompetent. Er kannte bis zuletzt unfassbar viele Namen von Athletinnen und Athleten, kleine und große, und er kannte alle ihre Zeiten und Weiten und Höhen und Rekorde. Unglaublich.

Einmal wurde ihm die Ehre zuteil und ein Mäzen lud ihn ein auf Reise und Unterkunft nach Berlin, zu einem internationalen Leichtathletik-Fest, das tat ihm sichtlich gut, er fühlte sich dann wirklich wert geschätzt.

Von seiner Familie wusste ich, wussten wir, so gut wie nichts.   W i r   waren seine Familie, wir waren   e i n e   Familie. Und er hielt damals seine schützende Hand über uns Teenager. Rauchen? Trinken? Drogen? Nicht mit Willi, nicht auf dem Platz in Wermelskirchen. Niemals! Als ein bekannter 400m Läufer und späterer Deutscher Meister doch mal eine rauchte, ging Willi fast an die Decke wie das berühmte HB-Männchen.

Ich traf Will jetzt vor wenigen Jahren wieder, er fuhr noch Auto. Dann wurde es immer weniger mit ihm. Er hörte schwer. Verlor das Hörgerät. Kommunikation wurde schwierig. Corona kam. Willi war, wie ich hörte, richtig krank.
Zum Schluss konnte man ihn noch dazu überreden, mit dem Rollator loszugehen, aber auch das hörte auf. Seine klare, laute Stimme hat er jedoch behalten bis zuletzt. Und er erkannte einen schon nach wenigen Worten.

Aber dann, dann wollte er nicht mehr aufstehen. Und dann, nach Wochen – schlief er ein.

Ich habe Willi viel zu verdanken. Nicht nur Siegerurkunden. Ich werde ihn nie vergessen, sondern ihn stets in meinem Herzen halten.

Mach’s gut Willi. Danke für alles. Vielleicht sehen wir uns ja wieder, und dann drehen wir nochma’ ‘ne Runde um die Eschbach.

Aber bitte keine Steigerungsläufe mehr, dafür bin ich nun zu alt…

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