Die Rheinische Fachhochschule in Köln hatte ihren dezentralen Studienort zunächst in Wermelskirchen, bevor er nach Remscheid verlagert wurde. Aus diesem Grund übernehmen wir den nachfolgenden Beitrag dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid:
Die Rheinische Fachhochschule (RFH) Köln wird den Präsenzbetrieb ihrer dezentralen Studienorte im Rheinland, so auch der Standort Remscheid, zum Ende des Wintersemester 2024 aufgeben. Das hat die neue Geschäftsführung der FH Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz gestern mitgeteilt. Neue Studiengänge werden nur noch am Standort Köln sowie im Rahmen eines „virtuelles Präsenz-Studium“ unterbreitet, so die Präsidentin der RFH, Prof. Claudia Bornemeyer sowie der Kanzler Martin Topp in ihrem Schreiben. Der Oberbürgermeister dazu: „Ich halte diese grundsätzliche Entscheidung der RFH, die ja für alle dezentralen Standorte gelten soll, für strategisch falsch. Gerade in der Präsenz der Lehrenden der RFH in unserer Stadt, ihrer Nähe zu Studierenden und Unternehmen liegt bisher das Alleinstellungsmerkmal dieses Angebots. Diese Chance wird im Zuge der strategischen Neuausrichtung aufgeben.
Der Hinweis der RFH, diese Neuausrichtung sei pandemiebedingt beschleunigt sowie die Veränderung der Bildungslandschaft in der Folge nachhaltig, überzeuge ihn nicht, erklärt der OB. Das Angebot an Interessierte aus Remscheid, weiterhin an digitalen Seminaren in der Woche und an Präsenzveranstaltungen am Wochenende in Köln teilzunehmen, sei kein adäquater Ersatz für den Studienort in unserer Stadt. „Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich vielen engagierten Unterstützern des Projekts „RFH in Remscheid“. Wir werden das Gebäude auf dem Honsberg weiterhin für Schwerpunkte der Bildungsarbeit einsetzen. Der Standort bleibt ein wichtiger Impulsgeber für die strategische Neuausrichtung im Stadtteil.“
„Open-Access-University in Remscheid-Honsberg“ hatte der Waterbölles am 6. September 2018 seinen Bericht über die Pressekonferenz (Foto rechts) überschrieben, in der Oberbürgermeister Mast-Weisz und Prof. Dr. Martin Wortmann, der damalige Präsident der RFH, ihr ehrgeiziges Projekt einer „Open-Access-University“ vorgestellt hatten, die ehemalige Grundschule in Remscheids einstigem Arbeiterviertel Honsberg zu einer Zweigniederlassung der RFH zu machen, um dem steigender Bedarf an Fach- und Führungskräften mit berufsbegleitenden und Vollzeit-Studienangeboten Rechnung zu tragen. Dort sollten – beginnend zum Wintersemester 2019/2020 – sukzessive wirtschaftliche und technische Studiengänge angeboten werden.
Hauptaufgabe der RFH auf dem Honsberg sollte es sein, produzierenden Unternehmen aus Remscheid und der Umgebung zu neuen Fachkräften zu verhelfen. Daraus wird nun nichts mehr. Nachfolgend dokumentiert der Waterbölles das Schreiben von Prof. Dr. Claudia Bornemeyer und Geschäftsführer Martin Topp:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mast-Weisz, Gesellschaft, Arbeit und Bildung sind nicht nur, aber gerade auch durch die Corona-Pandemie in einem Wandelprozess. Dieser wurde an vielen Stellen durch die pandemische Situation disruptiv beschleunigt und hat den Bildungsbereich nachhaltig verändert.
In der Hochschullandschaft deutschlandweit, aber auch international ist erkennbar, dass klassische Lehr-/ Lemarrangements durch digitale Elemente substituiert und ergänzt werden. Wir als Rheinische Fachhochschule wollen diesen Wandel aktiv gestalten.
Seit Eröffnung des Studienortes haben wir – mit starker Unterstützung von Ihnen bzw. der Stadt Remscheid – erheblich Zeit und Mühen investiert, um unser Angebot im Bergischen Land bekannt zu machen. Wir konnten zahlreiche Berichte in den lokalen Medien platzieren, Informationsveranstaltungen anbieten und haben Unternehmen, Kammern und Verbände besucht, um insbesondere die Potenziale des berufsbegleitenden Studiums im Hinblick auf Fachkräftemangel und die Bindung der Mitarbeitenden an ihr Unternehmen aufzuzeigen. Die Resonanz der Bergischen Wirtschaft war dabei durchweg immer sehr positiv. Die RFH möchte auch weiterhin integraler Bestandteil und Ansprechperson für die Weiterbildung und Qualifizierung in der Region sein, wenn auch mit einem neuen Modell.
Dass sich die Anforderungen an eine berufsbegleitende Qualifizierung oder auch ein Studium verändert haben, zeigen auch Evaluationen, die wir bei unseren Studierenden durchgeführt haben: Studierende wünschen sich eine Kombination der Vorzüge von Präsenz mit virtueller Lehre. Wir haben auf diesen Wandel bereits mit dem Pilotprojekt eines berufsbegleitenden hybriden Modells für alle Bachelor-Studiengänge reagiert und verbinden so das Beste aus zwei Welten: ein virtuelles Präsenz-Studium an zwei Abenden in der Woche kombiniert mit einem physischen Studium – in der Regel an zwei Samstagen im Monat, zentral fokussiert in Köln. Das bedeutet aber auch, dass eine Infrastruktur in Remscheid und unseren weiteren Studienregionen, an denen wir berufsbegleitende Studiengänge anbieten, entbehrlich ist.
Daher haben wir uns dazu entschieden, keinen Präsenzunterricht mehr an den Studienorten Remscheid, Neuss, Bergheim, Heinsberg, Schleiden und Euskirchen anzubieten. Studiengänge, die wir dort angefangen haben, bringen wir selbstverständlich planmäßig (voraussichtlich bis zum Wintersemester 2024) zu Ende. Jetzt müssen wir uns den neuen Herausforderungen der Hochschulen anpassen und neue flexiblere Studienformen etablieren, die auch für Remscheid und die Region attraktiv sein können. Darüber hinaus schafft die Umstellung für Berufstätige eine noch größere Flexibilität, da in der Woche abends keine Anreisen notwendig sind.”
Berufstätige können von überall an virtuellen Präsenzveranstaltungen teilnehmen – auch wenn sie für ein Projekt unterwegs sind – und sehen sich samstags vor Ort in Köln, in der Regel an zwei Samstagen im Monat. Solche Begegnungen sind uns als ausgewiesene Präsenzhochschule nach wie vor wichtig, denn Studierende profitieren von persönlichem Austausch mit Lehrenden und Kommiliton:innen.
Wir fokussieren das berufsbegleitende Studium auf den Standort Köln, da wir hier eine studienadäquate Lehr- und Lernumgebung haben – mit unseren Vorlesungsräumen, Laboren und auch unserem neuen POOLHAUS.
Als im Rheinland tief verwurzelte Hochschule wollen wir Ihnen und der Region auch weiterhin helfen, attraktive Qualifizierungsangebote für Mitarbeitende zu etablieren, um sie als Fachkräfte in den Unternehmen zu halten und fachliche Entwicklungschancen zu ermöglichen. Wir stehen der heimischen Wirtschaft in Qualifizierungsfragen also weiterhin zur Verfügung.
Durch diesen Wandel blicken wir positiv in die Zukunft und hoffen, dass Sie diesen Entscheidungsprozess nachvollziehen und mittragen können.“