Corona-Vorreiter

England | Am kommenden Montag sollen nach der Entscheidung der Regierung in London alle Corona-Beschränkungen im größten Land Großbritanniens trotz einer aktuellen Inzidenz von über 400 aufgehoben werden. Internationale Wissenschaftler und Personal aus dem Gesundheitswesen haben das nun als Gefahr für die Welt bezeichnet und kritisieren die Öffnungsstrategie der britischen Regierung als „unethisches Experiment“.

Über tausend Fachleute, darunter Professor:innen, Klinikpersonal und wissenschaftliche Berater:innen internationaler Staaten wie Neuseeland, Israel oder Italien, haben in einer der ältesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt, The Lancet, einen offenen Brief veröffentlicht. Die Regierungsentscheidung von Boris Johnson sei „gefährlich und vorschnell getroffen“ worden. „Auch wenn die Todeszahlen im Vergleich zu den Infektionen weniger geworden sind, es gibt immer noch Tote und Menschen, die schwere Spätfolgen von einer Erkrankung davontragen“, heißt es in dem offenen Brief weiter. 

Prof. Christina Pagel, Abteilungsleiterin am University College in London, betonte beim Krisengipfel, der dem offenen Brief vorangegangen war: „Großbritannien ist ein weltweiter Transportknotenpunkt. Das bedeutet, dass sich jede Variante, die sich hierzulande durchsetzt auch rasch im Rest der Welt verteilt. Die Politik Großbritanniens betrifft nicht nur uns, sondern auch den Rest der Welt.“

Auch der medizinische Berater der britischen Regierung, Chris Whitty, warnte: „Wir sollten nicht unterschätzen, dass wir überraschend schnell wieder in Schwierigkeiten geraten könnten.“

Derzeit liegt die Zahl der Neuinfektionen in ganz Großbritannien wieder bei über 50.000 am Tag. Ein wissenschaftliches Beratergremium geht von mindestens 1000 Corona-Patient:innen aus, die täglich in Kliniken kommen, wenn die Lockerungen in England in Kraft treten. Eine Rolle bei den rasant steigenden Fallzahlen könnten auch Infektionen spielen, die auf Ansteckungen bei den Partien der Fußball-EM zurückgehen.

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