Von Fritz Wolf
Zwei alte Männer auf Bühnen-Tour, Liedermacher. Gegensätzlicher könnten sie nicht sein, Hannes Wader und Konstantin Wecker. Aber sie verstehen sich, profitieren voneinander und bleiben bei ihrer Haltung und ihrer Botschaft „Trotz alledem“: Der Dokumentarfilm „Wader Wecker Vater Land“. SWR, Mi 17.05.2017, 23.30-01.00
Die beiden Liedermacher Hannes Wader und Konstantin Wecker fahren in der Eisenbahn. Manchmal lesen sie bloß Zeitung im Abteil, manchmal reden sie miteinander. Auch darüber, was ihre Lieder bewirkt haben mögen, seit den wilderen 68er Jahren. Haben sie die Welt verändert? Hannes Wader streicht sich über den grauen Bart, nein, sagt er, die Welt können Lieder nicht verändern. Man müsse das anders sehen, widerspricht Konstantin Wecker: „Ohne unsere Lieder hätte sich die Welt verändert – ins Negative.“
Die Lieder der Liedermacher. Einige Texte, einige Melodien, einige Zeilen sind im musikalischen Gedächtnis derer, die mit dieser Musik mit alt geworden sind, tief verankert. „Trotz alledem“ von Wader klingt so trotzig wie eh und je. Sein Refrain „ So vergeht Jahr um Jahr / und es ist mir längst klar, / dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, wie es war“ ist gegenwärtig wie Weckers Zeilen „„Menschen müssen sich verändern,/um sich selber treu zu sein./nur das Wechseln von Gewändern/kann kein wahrer Wandel sein.
Der Dokumentarist Rudi Gaul, Jahrgang 82, hat die beiden Liedermacher auf ihrer gemeinsamen Tournee 2010 begleitet. Er hat backstage gefilmt, ihre Auftritte, ihre Gespräche. Gegensätzlicher könnten zwei Sänger nicht sein. Hier die Rampensau Wecker, dort der stocksteife Wader. Hier der vitale Bayer, dort der zugeknöpfte Ostwestfale. Und doch scheinen sie sich zu verstehen, kommunizieren auf der Bühne, singen gemeinsam. Dabei fällt das dem Einzelgänger Wader sicher schwerer als dem ständig agilen Wecker. Eine kleine Szene illustriert das. In den Minuten vor dem Bühnenauftritt stellen sich die Musiker in einem Ritual in den Kreis, fassen sich an den Schultern, beginnen zu singen, die Töne sollen sich einpegeln. Hannes Wader kennt sowas nicht und der Film zeigt ihn, wie er ein kleines Weilchen zögert, ehe er sich dazu gesellt.
„Wader Wecker Vater Land“ ist auch eine Zeitreise in die Bundesrepublik der späten Sechziger und der siebziger Jahre. Der Film schneidet Ausschnitte aus den früheren Konzerten bei und lässt die beiden auch aus ihrer Geschichte und ihren Abstürzen erzählen. Wader war in Terrorismusverdacht geraten und jahrelang vom Verfassungsschutz strikt beobachtet worden. Wecker saß der wegen Heroinkonsums im Gefängnis. Beide haben sich wieder hochgerappelt, „Trotz alledem“, sind heute späte Familienväter, reflektieren über Heimat und Vaterland und sind widerständig geblieben, nicht angepasst, eigensinnig. Deshalb ist „Wader Wecker Vater Land“ auch kein nostalgischer, sondern ein heutiger Film.