“Woher kommt nur all dieser Hass?”

Carsten Stopka ist seit 16 Jahren selbständig in der Finanzbranche  tätig. Mit seiner freundlichen Genehmigung veröffentlichen wir hier einen Text, den er am 2. Januar in Facebook gepostet hat:

Woher kommt nur all dieser Hass?

Von Carsten Stopka
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Rede mit deinen Kunden nie über die Themen Politik und Religion. Ich habe mich immer daran gehalten und bin gut damit gefahren. Wie aber soll ich weiter in den Spiegel gucken können, wenn ich Menschen zu Kunden mache, deren Wertesystem so gar nicht mit dem meinen übereinstimmen? Vercarsten-stopka-foto-1024x1024gangene Woche habe ich eine Entscheidung getroffen, nachdem sich ein Gespräch ungefähr so zugetragen hat:

Ich saß bei einer Frau in meinem Alter am Tisch, die selbst erst mit 16 Jahren nach Deutschland gekommen ist – das Herkunftsland ist hier völlig unerheblich. Sie sprach darüber, wie dankbar Sie ist, hier die Schule besucht zu haben. Ohne wirkliche Deutschkenntnisse ging sie zuerst zur Hauptschule und schaffte die Qualifikation zum Gymnasium, wo sie schließlich ihr Abitur machte. Danach begann sie eine Ausbildung zur Zahntechnikerin, arbeitete einige Jahre in diesem Beruf und entschied sich dann, in den Pflegebereich zu wechseln, machte eine weitere Ausbildung und studiert nun Pflegemanagement, hat den Bachelor und will noch den Master machen. Das alles wäre in ihrer Heimat nie möglich gewesen. Wahrscheinlich wäre sie dort jetzt verheiratet, hätte Kinder und keine Ausbildung (sagte sie selbst).

Dann erzählte Sie mir von ihren Nachtdiensten, die sie momentan macht, um ihr Studium zu finanzieren und erwähnte, dass sie immer Pfefferspray und ein großes Messer in der Tasche habe, weil sie schon so oft von Flüchtlingen belästigt worden sei. Überhaupt seien Muslime absoluter Abschaum und wie eine Sekte, der man sich entgegen stellen müsse. Merkel hätte sich zum absoluten Gespött gemacht, sie müsse weg und dieses Gutmenschentum in Deutschland müsse endlich aufhören. Überhaupt sei sie froh, dass Trump in den USA endlich an die Macht gekommen sei. Das eigene Land müsse immer im Vordergrund stehen und Putin sei sowieso der Größte. Danach machte Sie sich darüber lustig, dass die Deutschen so blöde wären und für die getöteten Juden im zweiten Weltkrieg Stolpersteine auf den Straßen einsetzen. Kein Land der Welt würde für irgendwelche Opfer Denkmäler setzen außer für die eigenen Landsleute.

Bis hierhin hatte ich nur zugehört und nichts gesagt. Dann fragte ich nur, warum Sie denn damals nach Deutschland gekommen sei. “Wegen dem Krieg in Jugoslawien.” Und warum dürfen die Menschen, die jetzt vor Krieg flüchten nicht die gleiche Chance haben wie du?

Die Antwort habe ich nicht mehr abgewartet, sondern bin aufgestanden und gegangen. Wahrscheinlich hätte ich relativ viel Umsatz machen können. Vielleicht hätte ich tolle geschäftliche Empfehlungen bekommen. Aber in diesem Moment war meine Entscheidung ganz einfach: Ich will nicht mit diesen Menschen zusammenarbeiten, die diesen Hass in sich tragen. Ich will mich nicht mit diesen Egoisten umgeben, die anderen Menschen nicht die gleichen Chancen und Möglichkeiten einräumen wollen wie sich selbst. Die Menschen, die Ihre eigenen Unzulänglichkeiten damit vertuschen wollen, indem sie Schwächere noch mit Füßen treten. Diejenigen, die womöglich mit der AfD sympathisieren und mit deren Funktionären Partys feiern. Und wenn dies bedeutet auf Umsatz zu verzichten, dann tue ich dies gerne.

Denn ich bin gerne ein Gutmensch. Und es ist für mich kein Schimpfwort. Ich helfe gerne Menschen in Not. Ich gebe gern Chancen und ich gestehe jedem Menschen das Recht zu mehr aus seinem Leben zu machen. Und nein, ich bin nicht dumm und blind. Ich kann differenziert denken. Ich weiß, dass nicht alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, Gutes im Schilde führen. Und ich weiß auch, dass IS-Anhänger darunter sind. Genauso weiß ich aber auch, dass es deutsche Mörder und Straftäter und Arschlöcher gibt. Und beide, sowohl die deutschen Arschlöcher, als auch die IS-Terroristen, wären auch in unserem Land, wenn Angela Merkel nicht die Grenzen geöffnet hätte. Und ich habe es so satt, täglich irgendwelche Kommentare in Facebook zu lesen von Menschen, die den Kopf nicht einschalten und so unzufrieden mit Ihrem Leben sind, dass sie nur noch von Hass getrieben sind. Ich habe es schon einmal geschrieben: Ich kenne keinen einzigen Menschen in Deutschland, dem es finanziell oder persönlich schlechter geht, seitdem wir uns mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigen. Wo ist das Herz geblieben, das sich an die schlimmen Dinge des zweiten Weltkriegs erinnert oder daran, wie glücklich die Menschen in der DDR nach der Wiedervereinigung waren, weil sie endlich frei leben durften?

Ich danke meiner Mutter, die mir all die Guten Werte mit auf den Weg gegeben hat und die ich nicht vergessen werde. Und bitte, liebe Freunde, werdet nicht müde, den Schwachen und Flüchtlingen zu helfen. Unabhängig davon, welche Nationalität sie haben, ob sie vor Krieg geflohen sind oder weil sie in Ihrer Heimat keine Chance auf Bildung oder ein menschenwürdiges Leben haben. Steht auf und zeigt euer Herz und eure Werte. Stellt euch dem Hass entgegen und lasst diese Menschen nicht alles kaputt machen.
Trefft für euch ebenfalls eine Entscheidung. Ich wünsche euch, dass ihr auch jeden Tag in den Spiegel schauen könnt.

Euer

Carsten Stopka