Schlagwort: Marie-Louise Lichtenberg

  • Croissants, Konfitüre und große Literatur

    Croissants, Konfitüre und große Literatur

    Marie-Loui­se Lich­ten­berg begeis­ter­te in den Wer­mels­kir­che­ner Bür­ger­häu­sern mit einer lite­ra­ri­schen Rei­se durch Frank­reich.

    Crois­sants, Kon­fi­tü­re und eine gute Lek­tü­re – das ver­sprach der Ver­ein Städ­te­part­ner­schaft Wermelskirchen–Loches sei­nen 35 Gäs­ten am Sams­tag­mor­gen in den aus­ver­kauf­ten Bür­ger­häu­sern. Tat­säch­lich erhiel­ten sie weit mehr als das: Marie-Loui­se Lich­ten­berg, ehe­ma­li­ge Deutsch­leh­re­rin, preis­ge­krön­te Autorin und enga­gier­te Ver­fech­te­rin des Lesens, ent­führ­te ihr Publi­kum mit Charme, Wis­sen und Lei­den­schaft in die Welt der fran­zö­si­schen Lite­ra­tur.

    Nach der Begrü­ßung durch den Ver­eins­vor­stand erin­ner­te Lich­ten­berg zunächst an das his­to­risch belas­te­te Ver­hält­nis zwi­schen Deutsch­land und Frank­reich – und dar­an, dass die heu­ti­ge Freund­schaft zwi­schen bei­den Län­dern nach all dem Leid eigent­lich einem Wun­der glei­che. Sie zitier­te Kurt Tuchol­sky, der den Unter­schied so tref­fend for­mu­lier­te:

    „Die Deut­schen muss man ver­ste­hen, um sie zu lie­ben, die Fran­zo­sen muss man lie­ben, um sie zu ver­ste­hen.“

    Mit die­ser Ein­stim­mung nahm sie die Gäs­te mit auf eine abwechs­lungs­rei­che, zwei­stün­di­ge, stets kurz­wei­li­ge lite­ra­ri­sche Tour durch ihre per­sön­li­chen Lieb­lings­wer­ke – sou­ve­rän vor­ge­tra­gen und mit spür­ba­rer Begeis­te­rung prä­sen­tiert.

    Den Auf­takt bil­de­ten unge­wöhn­li­che, künst­le­risch gestal­te­te Aus­ga­ben des Klas­si­kers Der klei­ne Prinz von Antoine de Saint-Exupé­ry, gefolgt von lie­be­voll illus­trier­ten zwei­spra­chi­gen Kin­der­bü­chern.

    Für die Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus stell­te Lich­ten­berg das Werk Das kost­bars­te aller Güter von Jean-Clau­de Grum­berg vor – eine berüh­ren­de Hom­mage an die Mensch­lich­keit, die inzwi­schen auch als Ani­ma­ti­ons­film umge­setzt wur­de. Sie berich­te­te, dass sie zunächst skep­tisch gegen­über die­ser Dar­stel­lungs­form gewe­sen sei, inzwi­schen jedoch von der emo­tio­na­len Kraft des Films über­zeugt sei. Ein beson­de­rer Dank galt der Fami­lie Schiff­ler, die es mit gro­ßem Ein­satz mög­lich gemacht hat, den Film nach Wer­mels­kir­chen zu holen. Er wird am 25. Janu­ar 2026 um 15 Uhr im Fil­meck gezeigt.

    Das Buch Dreck­stück von Clé­men­ti­ne Beau­vais habe sie „regel­recht fer­tig gemacht“, sag­te Lich­ten­berg. So wie Ras­sis­mus jeden Men­schen fer­tig mache. Eini­ge ein­drucks­voll gele­se­ne Pas­sa­gen lie­ßen die Zuhö­ren­den tief in die mensch­li­chen Abgrün­de der Geschich­te ein­tau­chen.

    Wie sich mit dem schwie­ri­gen The­ma Mob­bing auf lite­ra­risch uner­war­te­te Wei­se umge­hen lässt, zeig­te die­sel­be Autorin in Köni­gin­nen der Würst­chen: Drei gemobb­te Frau­en fin­den gemein­sam einen Weg, ihren Pei­ni­ger öffent­lich bloß­zu­stel­len – mit Witz, Stär­ke und Zusam­men­halt.

    Auch Freun­de fran­zö­si­scher Kri­mi­li­te­ra­tur kamen auf ihre Kos­ten. Lich­ten­berg emp­fahl unter ande­rem Cay Rade­ma­chers Ein letz­ter Som­mer in Méjan: Fünf Deut­sche keh­ren nach Jahr­zehn­ten an den Ort eines unge­klär­ten Mor­des zurück. Span­nung bis zum Schluss – und eine über­ra­schen­de Wen­dung inklu­si­ve.

    Natür­lich durf­te bei einer Rei­se durch die fran­zö­si­sche Lite­ra­tur die Lie­be nicht feh­len. Zum Abschluss las Lich­ten­berg aus Abschied von Sebas­ti­an Haff­ner – der bewe­gen­den, offen­bar auto­bio­gra­fi­schen Lie­bes­ge­schich­te des jun­gen Ber­li­ners Rai­mund Pret­zel , der Ted­dy, die Öster­rei­che­rin, die 1932 in Paris stu­dier­te, wäh­rend sei­nes Besuchs der fran­zö­si­schen Haupt­stadt ken­nen­lernt. Das Werk wur­de erst in die­sem Jahr von den Nach­kom­men des unter Pseud­onym schrei­ben­den Autors ver­öf­fent­licht.

    An die­sem Sams­tag­mor­gen genos­sen die Gäs­te also nicht nur fran­zö­si­sche Früh­stücks­kul­tur, son­dern auch eine lei­den­schaft­lich prä­sen­tier­te lite­ra­ri­sche Ent­de­ckungs­rei­se.
    Gemein­sam mit Gabrie­le van Wah­den vom ört­li­chen Buch­han­del hat­te Marie-Loui­se Lich­ten­berg eine eben­so per­sön­li­che wie beein­dru­cken­de Aus­wahl bemer­kens­wer­ter fran­zö­si­scher Lite­ra­tur zusam­men­ge­stellt. In der Buch­hand­lung fin­den Inter­es­sier­te auf einem geson­der­ten Tisch die bespro­che­nen Bücher.

    Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: www.marie-louise-lichtenberg.de

    Bild von l. nach r. Rai­ner Pau­schert, 1. Vor­sit­zen­der; Hei­ke Fran­kro­ne, Vor­stands­mit­glied; Refe­ren­tin Marie-Loui­se Lich­ten­berg, Jean-Pierre Gran­ge­ret, 2. Vor­sit­zen­der / Foto: Lothar Dähn