Bahndamm Wermelskirchen – Eine Chronik in 12 Teilen (6)

Teil 6 von 12 + 1

Zwischen Krise, Politik und Polizei

Mit der wach­sen­den Bedeu­tung des Bahn­damms wuchs auch der Druck.
Was Mit­te der 1980er Jah­re noch als jugend­kul­tu­rel­les Expe­ri­ment wahr­ge­nom­men wor­den war, geriet nun zuneh­mend in den Fokus von Poli­tik, Ver­wal­tung und Poli­zei. Der Ton änder­te sich: Weg von wohl­wol­len­der Dul­dung, hin zu Kon­trol­le und Regu­lie­rung.

Ein zen­tra­les The­ma die­ser Jah­re war der Umgang mit Dro­gen. Wäh­rend Alko­hol längst Teil des All­tags war, rück­ten ande­re Sub­stan­zen immer stär­ker in den öffent­li­chen Dis­kurs. Medi­en­be­rich­te, poli­ti­sche Debat­ten und poli­zei­li­che Sta­tis­ti­ken ver­dich­te­ten ein Bild, das dem Bahn­damm zuneh­mend scha­de­te. Er wur­de nicht mehr als kul­tu­rel­ler Frei­raum gese­hen, son­dern als Ort eines ver­meint­li­chen Kon­troll­ver­lusts.

Poli­zei­ein­sät­ze nah­men zu. Kon­trol­len, Platz­ver­wei­se und punk­tu­el­le Raz­zi­en gehör­ten plötz­lich zum All­tag – nicht nur im Bahn­damm selbst, son­dern auch im Umfeld. Für vie­le Besu­che­rin­nen und Besu­cher ver­än­der­te das die Atmo­sphä­re spür­bar. Aus einem Ort rela­ti­ver Frei­heit wur­de ein Raum stän­di­ger Beob­ach­tung.

Inner­halb des Zen­trums eska­lier­ten par­al­lel dazu inter­ne Kon­flik­te. Wie viel Offen­heit war mög­lich? Wo begann Ver­ant­wor­tung? Soll­ten Regeln ver­schärft wer­den – und wenn ja, von wem? Die Selbst­ver­wal­tung geriet unter Druck, weil sie nun Fra­gen beant­wor­ten muss­te, die zuvor kaum gestellt wur­den. Nicht alle waren bereit oder in der Lage, die­se Ver­ant­wor­tung zu tra­gen.

Gleich­zei­tig stan­den sozia­le Fra­gen im Raum. Vie­le Jugend­li­che, die den Bahn­damm nutz­ten, taten das nicht aus rei­ner Frei­zeit­lau­ne. Der Ort war für sie Rück­zugs­raum, Schutz und oft auch der ein­zi­ge sta­bi­le sozia­le Bezugs­punkt. Schär­fe­re Kon­trol­len tra­fen daher nicht nur den Bahn­damm als Insti­tu­ti­on, son­dern ganz kon­kret Men­schen.

Poli­tisch ver­schob sich der Dis­kurs deut­lich. In Ver­wal­tung und Stadt­rat wur­de zuneh­mend über Ein­schrän­kun­gen, Auf­la­gen oder sogar über eine Schlie­ßung dis­ku­tiert. Der Bahn­damm wur­de zum Sym­bol – nicht sel­ten für alles, was man als „unkon­trol­lier­bar“ oder „unbe­quem“ emp­fand.

Die­se Jah­re waren geprägt von Ver­un­si­che­rung. Besu­cher­zah­len schwank­ten, Enga­gier­te zogen sich zurück, neue kamen hin­zu. Der Bahn­damm tau­mel­te zwi­schen Erfolg und Über­for­de­rung. Dass er die­se Pha­se über­haupt über­stand, lag vor allem an der Tat­sa­che, dass es immer noch Men­schen gab, die bereit waren, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men – auch unter wid­ri­gen Bedin­gun­gen.

Mit­te der spä­ten 1980er Jah­re war klar: So wie bis­her konn­te es nicht wei­ter­ge­hen. Ent­we­der wür­de sich die Struk­tur des Bahn­damms grund­le­gend ändern – oder der Ort wür­de ver­schwin­den.

Im nächs­ten Teil geht es um einen Ver­such der Neu­ori­en­tie­rung:
das Rock­bü­ro, neue Akti­ve und der Kampf dar­um, dem Bahn­damm wie­der eine Per­spek­ti­ve zu geben.

Bil­der: Jugend­in­itia­ti­ve Wer­mels­kir­chen e. V. / AJZ Bahn­damm

Tei­le der Bahn­damm Chro­nik:

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