Die Weihnachtsbotschaft als Zumutung – in einer Welt voller Widersprüche 

In einem wun­der­vol­len, stim­mungs­rei­chen Hei­lig­abend-Got­tes­dienst lud Pfar­rer Man­fred Jet­ter mit sei­ner Out­door-Pre­digt zum Hei­lig­abend 2025 dazu ein, Weih­nach­ten nicht als idyl­li­sche Kulis­se, son­dern als zutiefst gegen­wär­ti­ge Erfah­rung zu ver­ste­hen. Im Span­nungs­feld von Dun­kel­heit und Licht, Käl­te und Wär­me, Angst und Zuver­sicht ent­fal­te­te die Pre­digt die Weih­nachts­bot­schaft als Zumu­tungund zugleich als Hoff­nung. Sie spricht von einer Welt vol­ler Wider­sprü­che, von Sehn­sucht nach Frie­den und von einer Lie­be, die stär­ker ist als Gewalt.

Der fol­gen­de Pre­digt­text nimmt die­se Gegen­sät­ze ernst und führt hin­ein in die zen­tra­le Zusa­ge der Hei­li­gen Nacht: „Fürch­tet euch nicht.“ Eine Bot­schaft, die damals wie heu­te gilt – in Eipring­hau­sen, in Wer­mels­kir­chen eben­so wie über­all dort, wo Men­schen auf Frie­den hof­fen.

Ein stim­mungs­vol­ler Out­door-Got­tes­dienst am Hei­lig­abend 2025, 16.30 Uhr, vor dem Gemein­de­haus in Eipring­hau­sen

Die Pre­digt von Pfar­rer Mar­tin Jet­ter im Wort­laut:

 „Hei­lig Abend“ – ein Wort für unse­re gro­ße Sehn­sucht: nach Frie­den, Ver­söh­nung, Har­mo­nie. In die­ser Sehn­sucht sind wir hier­her­ge­kom­men – und fin­den doch viel Wider­sprüch­li­ches:

  • wir gehen hin­aus ins Dun­kel des Abends – und suchen das Licht
  • wir gehen hin­aus in die Käl­te der Nacht – und suchen die Wär­me des Her­zens
  • wir wis­sen um Krieg und Gewalt – und suchen den lie­ben­den Sinn hin­ter allem.
  • wir sind erschro­cken und ängst­lich – und suchen Zuver­sicht und Ver­trau­en.
  • wir sind oft unaus­steh­lich – und wol­len doch ver­träg­lich leben.
  • wir lei­den an die­ser unbe­greif­li­chen Welt – und suchen Got­tes Frie­den und Heil.

So kom­men wir heu­te Abend zusam­men in all den Gegen­sät­zen unse­res Lebens und unse­rer zer­ris­se­nen Welt. Sehn­süch­tig stel­len wir uns unter die wär­men­de Bot­schaft der Weih­nachts­er­zäh­lung. Lau­schen dem Trost­ge­sang der Engel, fol­gen der Leucht­spur des Sterns. Ver­bin­den uns heu­te Abend als nächt­li­che „Feld­ge­mein­de“ unter einer Bot­schaft, die Him­mel und Erde ver­bin­det und – unver­steh­ba­re Gegen­sät­ze als Pro­gramm hat:

  • Gott wird Mensch
  • das Unend­li­che begrenzt sich im Irdi­schen
  • das Unfass­li­che lässt sich in einem Neu­ge­bo­re­nen berüh­ren
  • ein himm­li­scher König wird Baby armer Leu­te
  • ein ein­fa­cher Stall wird zu einem könig­li­chen Palast
  • aus­ge­grenz­te Men­schen auf den Fel­dern erhal­ten zuerst die Fro­he Bot­schaft
  • Men­schen in hoff­nungs­lo­ser Zeit fas­sen neu­en Mut.
  • die Lie­be ist am Ende stär­ker als jede Gewalt

Das alles ist Weih­nachts­bot­schaft. Eine Bot­schaft vol­ler Gegen­sät­ze, wie unser Leben selbst – eigent­lich eine Zumu­tung.

Denn wir weh­ren uns gegen Gegen­sät­ze. Wol­len es ein­fach haben und klar.

Doch unse­re Welt, unser Leben – Weih­nach­ten – sind anders: Viel­fäl­tig, unvor­her­sehr­bar, dyna­misch. Oft gegen­sätz­lich.

Das ist für uns nicht ein­fach anzu­neh­men, aus­zu­hal­ten. Und trotz allem wei­ter Aus­schau zu hal­ten nach dem Weih­nachts­wun­der, dem Weih­nachts­frie­den – damals – und heu­te.

Maria und Josef damals haben ange­nom­men, aus­ge­hal­ten. Sie haben sich nicht von­ein­an­der trei­ben las­sen in einer gesell­schaft­lich unmög­li­chen Situa­ti­on. Ein Kind ohne Trau­schein, mit unbe­kann­tem Vater. Maria und Josef sind gemein­sam den Weg der Ver­hei­ßung gegan­gen, bis in den wär­men­den Stall.

Hin­auf­ge­schaut und ange­nom­men haben auch die Hir­ten – und die Wei­sen aus dem Mor­gen­land. Haben sich anspre­chen las­sen – und sich gegen Wider­stän­de auf­ge­macht zu neu­en Ufern, die sie noch nicht kann­ten.

Maria und Josef, die Hir­ten und die Wei­sen – sie leben in uns, heu­te. Auch wir leben in unver­steh­ba­ren Brü­chen unse­res Lebens, in Dun­kel­zei­ten und in hel­len Zei­ten, auch wir sind auf der Rei­se ins Unge­wis­se. Manch­mal vol­ler Sor­ge, oft von einer unstill­ba­ren Sehn­sucht getrie­ben.

Die­se Sehn­sucht nach dem Wun­der­vol­len bringt uns hier her­aus ins Dun­kel-zugig-Kal­te.

Wir wol­len es nicht gemüt­lich haben – aber berüh­rend.

Wir wol­len es nicht ein­för­mig haben – aber echt.

Wir wol­len kei­nen Kitsch – aber die wah­re Freu­de des Her­zens.

Und so ver­bin­den wir in uns mit Maria und Josef, mit den Hir­ten und den Wei­sen – und lau­schen mit ihnen der befrei­en­den Bot­schaft:

„Fürch­tet euch nicht! Sie­he, ich ver­kün­di­ge euch gro­ße Freu­de, die allem Volk wider­fah­ren wird; denn euch ist heu­te der Hei­land gebo­ren, wel­cher ist Chris­tus, der Herr, in der Stadt Davids.“

„Fürch­tet euch nicht!“ – die Lieb­lings­an­re­de Got­tes an die Men­schen. 

„Fürch­tet euch nicht!“ – die befrei­en­de Bot­schaft, die Weih­nach­ten ein­läu­tet.

 „Fürch­tet euch nicht!“ – eine Lie­be ist gebo­ren, die unaus­lösch­lich ist, die hält, trägt und ret­tet – in aller Gegen­sätz­lich­keit der Welt.

Die­se Bot­schaft gilt auch uns. Auch wir sind Betrof­fe­ne an der Krip­pe. Auch in uns kommt das Jesus­kind, der Hei­land, zur Welt. Wie­der so gegen­sätz­lich:

- In uns selbst ahnen wir den unend­li­chen Frie­den Got­tes.

 „Fürch­tet euch nicht! Sie­he, ich ver­kün­di­ge euch gro­ße Freu­de, die allem Volk wider­fah­ren wird; denn euch ist heu­te der Hei­land gebo­ren, wel­cher ist Chris­tus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Die Stadt Davids – Beth­le­hem – sie heißt heu­te auch Eipring­hau­sen, Dhünn und Dabring­hau­sen, Wer­mels­kir­chen und Rem­scheid, Brüs­sel und Ber­lin, ja, sogar Kiew, Washing­ton und Mos­kau. Und erst recht Ramal­lah und Jeru­sa­lem. Es gibt kei­nen Ort, an dem Gott nicht zur Welt kommt. In jedem Moment, immer von Neu­em. Es gibt nur vie­le Orte, wo Men­schen es nicht bemer­ken. Oder bemer­ken wol­len. Und Gott, die Lie­be selbst, wie­der hin­aus­sto­ßen. Und so bleibt es Dun­kel – auch heu­te Abend – an vie­len Orten.

Doch die Bot­schaft der Hei­li­gen Nacht ist eine Freu­den­bot­schaft. Sie ver­trägt kei­ne Hass­pre­di­ger. Die Bot­schaft der Hei­li­gen Nacht rüt­telt an den Ver­schlä­gen unse­rer Her­zen: Lasst euch erwei­chen – fühlt mit. Wer­det Men­schen, zu denen Gott kommt. Freu­et euch, freu­et euch anein­an­der. Frie­den geschieht.

Heu­te ist der Abend, und mor­gen der Tag, die­sem Frie­den der Hei­li­gen Nacht nach­zu­spü­ren. Er ist so ver­letz­lich wie das klei­ne Kind im Arm der Eltern, doch genau so durch­drin­gend unwi­der­steh­lich.

Wir brau­chen kei­ne Angst­ma­cher und Het­zer, weder poli­ti­sche noch reli­giö­se – wir brau­chen Frie­den. Wir brau­chen gött­li­chen Frie­den, der immer neu in uns gebo­ren wird und uns als Men­schen mit­ein­an­der ver­bin­det. Wir brau­chen gött­li­chen Frie­den, der uns ver­söhnt und mit tie­fer Freu­de erfüllt. Der uns die Gegen­sät­ze unse­res Lebens aus­hal­ten lässt und Him­mel und Erde ver­bin­det.

In die­sem Frie­den fürch­ten wir uns nicht, in die­sem Frie­den freu­en wir uns. Und geben – nie­man­dem ande­ren – die Ehre – als Gott allein:

„Ehre sei Gott in der Höhe und Frie­de auf Erden bei den Men­schen sei­nes Wohl­ge­fal­lens.“

Amen.

Fotos: Klaus Ulin­ski

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