Teil 5 von 12 + 1
Subkulturen erobern den Bahndamm (1984–1986)
Mitte der 1980er Jahre war der Bahndamm endgültig mehr als ein Treffpunkt.
Er wurde zu einem Magneten.
Was sich zuvor angedeutet hatte, entfaltete sich nun mit voller Wucht: Subkulturen fanden im Bahndamm einen Raum, den es in dieser Form in Wermelskirchen bislang nicht gegeben hatte. Punk, Wave, Psychobilly, später Hardcore – Musik wurde zum Motor des Zentrums. Konzerte waren nicht Beiwerk, sondern Kern seiner Identität.
Der Bahndamm funktionierte dabei nach einer einfachen, aber wirkungsvollen Logik: Wer etwas wollte, musste es selbst machen. Bands wurden eingeladen, Technik organisiert, Plakate geklebt, Eintritt kassiert, Theken geschmissen. Es gab keine Eventagentur, kein professionelles Management – nur Eigeninitiative. Für viele war das der erste Kontakt mit dem Prinzip DIY.
Diese Offenheit zog Jugendliche aus der gesamten Region an. Der Bahndamm wurde zu einem Treffpunkt für Szenen, die andernorts kaum Platz fanden. Gleichzeitig veränderte sich das Publikum: Neben den klassischen Besuchern der offenen Jugendarbeit kamen nun Menschen, die allein wegen der Konzerte oder der Atmosphäre den Weg an den Bahndamm fanden.
Mit dieser Entwicklung wuchs auch das Selbstbewusstsein der Aktiven. Der Bahndamm war kein Randphänomen mehr, sondern Teil einer überregionalen Subkultur. Bands tourten, Kontakte entstanden, Freundschaften über Stadtgrenzen hinweg wurden geknüpft. Für viele Besucherinnen und Besucher wurde der Ort zu einem sozialen Zentrum – nicht nur am Wochenende, sondern als fester Bezugspunkt ihres Alltags.
Doch der Erfolg hatte seinen Preis. Steigende Besucherzahlen bedeuteten mehr Lärm, mehr Reibung, mehr Aufmerksamkeit. Polizei und Ordnungsamt traten häufiger in Erscheinung. Drogenkonsum, insbesondere Alkohol, aber auch andere Substanzen, rückten zunehmend in den Fokus öffentlicher Kritik. Der Bahndamm wurde in Teilen der Stadt nicht als kultureller Freiraum wahrgenommen, sondern als Problemzone.
Innerhalb des Zentrums entstanden ebenfalls Spannungen. Unterschiedliche Szenen nutzten den Raum auf unterschiedliche Weise, politische Haltungen prallten aufeinander, Fragen nach Regeln, Verantwortung und Abgrenzung wurden dringlicher. Die anfängliche Euphorie machte einer komplexeren Realität Platz.
Dennoch markierten die Jahre 1984 bis 1986 einen Höhepunkt der kulturellen Strahlkraft des Bahndamms. Hier entstand etwas, das dauerhaft prägend bleiben sollte: die Verbindung von selbstverwalteter Struktur, subkultureller Vielfalt und dem Anspruch, Dinge eigenständig zu organisieren – unabhängig von kommerziellen Interessen.

Diese Phase machte den Bahndamm sichtbar. Und genau deshalb rückte er nun verstärkt ins Visier von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit.
Im nächsten Teil geht es um diese Zuspitzung:
Drogenpolitik, Polizeieinsätze und der wachsende Druck von außen – und was das mit dem Bahndamm machte.
Bilder: Jugendinitiative Wermelskirchen e. V. / AJZ Bahndamm
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