Teil 4 von 12 + 1
1981: Der Bahndamm entsteht
Anfang der 1980er Jahre war klar: Eine Rückkehr zu provisorischen Lösungen würde es nicht mehr geben. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hatten gezeigt, dass selbstverwaltete Jugendarbeit ohne einen geeigneten, dauerhaft nutzbaren Raum keine Perspektive hatte. Gleichzeitig standen in Wermelskirchen mehrere Industriegebäude leer – Relikte eines wirtschaftlichen Strukturwandels, die bislang kaum Beachtung fanden.
Eines dieser Gebäude lag am Bahndamm.

Die ehemalige Fabrikhalle war alles andere als ein einladender Ort. Unbeheizt, sanierungsbedürftig, roh und funktional. Doch genau darin lag für viele der Beteiligten die Chance. Der Bahndamm bot Platz, er war vom Zentrum aus erreichbar und weit genug entfernt von Wohnbebauung, um Nutzungskonflikte zu vermeiden. Vor allem aber war er offen für Gestaltung.
1981 wurde das Gebäude erstmals als Jugendzentrum genutzt. Wieder einmal begann alles im Improvisationsmodus. Es gab kaum Ausstattung, kaum finanzielle Mittel, aber viel Engagement. Wände wurden gestrichen, Räume abgeteilt, Bühnen aufgebaut. Was fehlte, wurde organisiert, geliehen oder selbst gebaut. Die Jugendlichen eigneten sich den Ort an – wortwörtlich.


Der Bahndamm entwickelte schnell eine eigene Dynamik. Anders als die bisherigen Standorte war er nicht nur Treffpunkt, sondern Veranstaltungsort. Konzerte, Feten und kulturelle Veranstaltungen zogen Jugendliche aus Wermelskirchen und der Umgebung an. Subkulturelle Szenen fanden hier erstmals Raum, sich sichtbar zu entfalten.
Mit der wachsenden Bedeutung wuchsen jedoch auch die Konflikte. Lärm, Besucherzahlen und politische Haltung des Zentrums sorgten für Skepsis in Verwaltung und Öffentlichkeit. Fragen nach Aufsichtspflicht, Verantwortung und Kontrolle wurden erneut laut. Der Bahndamm blieb formal eine Einrichtung im Rahmen der städtischen Jugendhilfe – in der Praxis bewegte er sich aber zunehmend außerhalb klassischer Strukturen.
Gleichzeitig wurde deutlich, dass sich hier etwas etabliert hatte, das sich nicht ohne Weiteres zurückdrängen ließ. Der Bahndamm erfüllte ein Bedürfnis, das lange ignoriert worden war: einen offenen Raum für Jugendkultur, jenseits von Konsumzwang und Vereinsregeln.
Die frühen 1980er Jahre waren geprägt von Aufbauarbeit, Enthusiasmus und Konflikten. Der Bahndamm war noch fragil, seine Zukunft ungewiss. Doch erstmals gab es einen Ort, der nicht nur geduldet wurde, sondern Bestand hatte – zumindest vorläufig.
Was nun folgte, war eine Phase des rasanten Wachstums. Neue Szenen nutzten den Raum, neue Formen von Kultur entstanden, die Besucherzahlen stiegen. Der Bahndamm begann, über seine ursprüngliche Funktion hinauszuwachsen.
Im nächsten Teil geht es genau darum:
Mitte der 1980er Jahre, Subkulturen, Musik – und wie der Bahndamm zum Anziehungspunkt weit über Wermelskirchen hinaus wurde.
Bilder: Jugendinitiative Wermelskirchen e. V. / AJZ Bahndamm
Teile der Bahndamm Chronik:


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