Rentenpaket II: Was bedeutet es für künftige Rentnerinnen und Rentner in Wermelskirchen?

Das Ren­ten­pa­ket II wird der­zeit im Bun­des­tag bera­ten. Es soll bun­des­weit das gesetz­li­che Ren­ten­ni­veau dau­er­haft sta­bil hal­ten und gleich­zei­tig neue Ele­men­te wie das staat­li­che Gene­ra­tio­nen­ka­pi­tal ein­füh­ren. Für vie­le Men­schen in Wer­mels­kir­chen stellt sich nun die Fra­ge, ob die­se Reform ihre Situa­ti­on ver­bes­sern oder ver­schlech­tern wird. Die Aus­wir­kun­gen sind dabei je nach per­sön­li­cher Lebens­pha­se, Lebens­al­ter und loka­ler wirt­schaft­li­cher Lage durch­aus unter­schied­lich.

Ein sta­bi­le­res Ren­ten­ni­veau – kurz­fris­tig ein Vor­teil für neue Rent­ne­rin­nen und Rent­ner

Das Herz­stück des Ren­ten­pa­kets ist die Siche­rung des Ren­ten­ni­veaus von 48 Pro­zent. Das bedeu­tet für alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die in den kom­men­den Jah­ren in Ren­te gehen, eine deut­lich ver­läss­li­che­re Pla­nung und eine Absi­che­rung vor mög­li­chen Absink­be­we­gun­gen. Ergän­zend dazu ver­bes­sert die Reform die Anrech­nung von Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten, was vor allem vie­len Frau­en in Wer­mels­kir­chen zugu­te­kommt. Wer also in naher Zukunft den Ren­ten­an­trag stellt, kann aus heu­ti­ger Sicht eher posi­tiv auf die Reform bli­cken, denn die garan­tier­te Hal­te­li­nie und die erwei­ter­ten Ansprü­che sor­gen für ein sta­bi­le­res, vor­her­seh­ba­res Ren­ten­ein­kom­men. 

Aber bedeu­tet die 48-Pro­zent-Regel denn auch, dass zukünf­ti­ge Rent­ne­rin­nen und Rent­ner dann auch wirk­lich 48% von ihrem letz­ten Ein­kom­men an Ren­te erhal­ten?

Die Ant­wort lau­tet kurz und bün­dig: NEIN!

War­um die 48-Pro­zent-Regel nicht bedeu­tet, dass man 48 % sei­nes Net­to­ein­kom­mens als Ren­te bekommt

Es klingt zunächst ein­fach, ist aber lei­der ein weit ver­brei­te­tes Miss­ver­ständ­nis: Die Zahl von 48 Pro­zent bedeu­tet nicht, dass zukünf­ti­ge Rent­ne­rin­nen und Rent­ner etwa 48 Pro­zent ihres eige­nen frü­he­ren Net­to­ein­kom­mens erhal­ten wer­den. Die­se Zahl beschreibt näm­lich nicht die per­sön­li­che Ren­te, son­dern einen Ver­gleichs­wert für das Ren­ten­sys­tem ins­ge­samt.

Das Ren­ten­ni­veau von 48 Pro­zent bezieht sich aus­schließ­lich auf eine soge­nann­te Stan­dard­ren­te. Eine Stan­dard­ren­te ist ein rein theo­re­ti­sches Bei­spiel und beschreibt eine Per­son, die 45 Jah­re lang in Voll­zeit gear­bei­tet hat und in jedem ein­zel­nen die­ser Jah­re genau so viel ver­dient hat wie der durch­schnitt­li­che Arbeit­neh­mer in Deutsch­land. Die­ser Durch­schnitts­lohn ist ein sta­tis­ti­scher Wert, der aus allen Ein­kom­men berech­net wird und damit weder einem beson­ders hohen noch einem beson­ders nied­ri­gen Gehalt ent­spricht. Er ist schlicht der Mit­tel­wert aller sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ein­kom­men.

Nur für die­se Modell­per­son, die exakt 45 Jah­re gear­bei­tet hat und dabei immer unge­fähr das „mitt­le­re deut­sche Gehalt“ ver­dient hat, ergibt die spä­te­re Ren­te etwa 48 Pro­zent des aktu­el­len durch­schnitt­li­chen Net­to­ein­kom­mens aller Beschäf­tig­ten. Dies ist eine Kenn­zahl, die das Ren­ten­sys­tem als Gan­zes beschreibt. Sie sagt aber nicht aus, was eine ein­zel­ne Per­son tat­säch­lich erhält.

Die tat­säch­li­che Ren­te jedes Men­schen hängt von der indi­vi­du­el­len Lebens- und Arbeits­bio­gra­fie ab und weicht daher fast immer von die­sem theo­re­ti­schen Modell ab. Daher ist der Wert von 48 Pro­zent eine Sys­tem­grö­ße und kein ver­läss­li­cher Maß­stab für die per­sön­li­che Ren­te.

Die lang­fris­ti­ge Finan­zie­rung – eine Belas­tung für heu­ti­ge Erwerbs­tä­ti­ge

Wäh­rend die kurz­fris­ti­gen Effek­te für bal­di­ge Rent­ne­rin­nen und Rent­ner über­wie­gend posi­tiv sind, stellt sich die Situa­ti­on für die heu­te berufs­tä­ti­gen Men­schen anders dar. Die Finan­zie­rung der Reform basiert im Wesent­li­chen auf einem deut­li­chen Anstieg der Ren­ten­bei­trä­ge in den kom­men­den Jah­ren. Schät­zun­gen zufol­ge kann die­ser Bei­trags­satz bis in die 2030er Jah­re auf über 22 Pro­zent stei­gen. Die­ser Anstieg bedeu­tet für vie­le Beschäf­tig­te in Wer­mels­kir­chen spür­ba­re Net­to­ein­bu­ßen, da sowohl Arbeit­neh­mer als auch Arbeit­ge­ber höhe­re Abga­ben leis­ten müs­sen. Gleich­zei­tig setzt das Ren­ten­pa­ket auf die Erträ­ge des geplan­ten Gene­ra­tio­nen­ka­pi­tals. Dass die­ses Kapi­tal aus staat­li­chen Dar­le­hen auf­ge­baut wird und erst in vie­len Jah­ren nen­nens­wer­te Erträ­ge lie­fern kann, birgt ein erheb­li­ches Risi­ko. Wenn die Kapi­tal­märk­te schwä­cher lau­fen oder die erwar­te­ten Ren­di­ten aus­blei­ben, könn­ten zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen stär­ker belas­tet wer­den, als es heu­te abseh­bar ist.

Loka­le demo­gra­fi­sche Beson­der­hei­ten – Wer­mels­kir­chen altert wei­ter

Wer­mels­kir­chen selbst steht, wie vie­le Städ­te im Ber­gi­schen Land, vor einer deut­li­chen demo­gra­fi­schen Ver­schie­bung. Die Bevöl­ke­rung ist älter als der Lan­des­durch­schnitt, und die Ent­wick­lung der ver­gan­ge­nen Jah­re zeigt, dass die Zahl der älte­ren Men­schen kon­ti­nu­ier­lich zunimmt. Das bedeu­tet für unse­re Stadt, dass der Anteil der­je­ni­gen, die auf die Leis­tun­gen der Ren­ten­ver­si­che­rung ange­wie­sen sind, stei­gen wird. Gleich­zei­tig nimmt die Zahl jun­ger Bei­trags­zah­ler weni­ger stark zu. Unter die­sen Bedin­gun­gen wir­ken bun­des­wei­te Ren­ten­re­for­men lokal beson­ders inten­siv, da die sozia­le und wirt­schaft­li­che Balan­ce zwi­schen Alt und Jung zuneh­mend her­aus­ge­for­dert wird.

Belas­tun­gen für die loka­le Wirt­schaft – beson­ders für klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men

Ein wei­te­rer zen­tra­ler Aspekt betrifft die Unter­neh­men vor Ort. Wer­mels­kir­chen ist wirt­schaft­lich geprägt von vie­len klei­nen und mitt­le­ren Betrie­ben. Die­se Unter­neh­men arbei­ten oft mit engen Mar­gen und sind emp­find­lich gegen­über Kos­ten­stei­ge­run­gen. Wenn die Ren­ten­bei­trä­ge in den kom­men­den Jah­ren anstei­gen, erhöht das auto­ma­tisch die Arbeit­ge­ber­an­tei­le. Für vie­le loka­le Betrie­be stellt das eine finan­zi­el­le Zusatz­be­las­tung dar, die sich auf Ein­stel­lun­gen, Lohn­ent­wick­lung oder Inves­ti­tio­nen aus­wir­ken kann. In einer Stadt, deren Wirt­schaft stark vom Mit­tel­stand lebt, kön­nen sol­che Ent­wick­lun­gen die Wett­be­werbs­fä­hig­keit beein­träch­ti­gen und damit mit­tel­bar auch die lang­fris­ti­ge Sta­bi­li­tät der Ren­ten­ba­sis gefähr­den.

Was folgt nun dar­aus?

Vor­tei­le für neue Rent­ner – Her­aus­for­de­run­gen für die Zukunft der Stadt

Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass das Ren­ten­pa­ket II für Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die in den kom­men­den Jah­ren in Ren­te gehen, eher posi­ti­ve Effek­te bringt. Die Siche­rung des Ren­ten­ni­veaus und die ver­bes­ser­te Anrech­nung von Erzie­hungs­zei­ten tra­gen zu einem sta­bi­le­ren Ren­ten­ein­kom­men bei. Für die heu­ti­ge Gene­ra­ti­on der Erwerbs­tä­ti­gen sieht das Bild jedoch anders aus. Sie wird die stei­gen­den Bei­trä­ge schul­tern müs­sen und trägt damit einen Groß­teil der Last, wäh­rend die Wir­kung des Gene­ra­tio­nen­ka­pi­tals zunächst unge­wiss bleibt.

Für Wer­mels­kir­chen bedeu­tet die Reform daher einer­seits mehr Sicher­heit für vie­le künf­ti­ge Rent­ner, ande­rer­seits aber auch neue Her­aus­for­de­run­gen für die loka­le Wirt­schaft und die jün­ge­re Bevöl­ke­rung. Gera­de in einer Stadt mit älter wer­den­der Bevöl­ke­rung und einem mit­tel­stands­ge­präg­ten Arbeits­markt wird die Fra­ge der finan­zi­el­len Trag­fä­hig­keit und Gene­ra­tio­nen­ge­rech­tig­keit in den nächs­ten Jah­ren an Bedeu­tung gewin­nen.


Ein paar Abgren­zun­gen zu den unter­schied­li­chen Begrif­fen:

BegriffErläu­te­rung
Garan­tier­te Hal­te­li­nieDie gesetz­li­che Gren­ze ver­hin­dert, dass das Ren­ten­ni­veau unter 48 % sinkt. Im Ren­ten­pa­ket II wird die­se Hal­te­li­nie bis min­des­tens 30. Juni 2040 ver­an­kert.  
Gesetz­li­ches Ren­ten­ni­veauDas ist das Ver­hält­nis zwi­schen Durch­schnitts­ren­te und Durch­schnitts­ver­dienst. Im Paket ist es dau­er­haft bei min­des­tens 48 % ange­setzt – ohne Reform hät­te es lang­fris­tig auf unter 45 % fal­len kön­nen.  
Kin­der­er­zie­hungs­zei­tenZei­ten, in denen Eltern Kin­der betreu­en, wer­den bei der Ren­te ange­rech­net. Im Ren­ten­pa­ket II wer­den nun drei Jah­re Erzie­hung für Kin­der, die vor 1992 gebo­ren wur­den, voll­stän­dig aner­kannt (bei jeweils einem Eltern­teil).  
Bei­trags­satz Arbeit­ge­ber­an­teilDer Ren­ten­bei­trag, den Arbeit­ge­ber zah­len, soll laut Ent­wurf von heu­te 18,6 % schritt­wei­se auf 22,3 % stei­gen.  
Bei­trags­satz Arbeit­neh­mer­an­teilDen Arbeit­neh­mer-Teil die­ses Bei­trags zah­len Beschäf­tig­te aus ihrem Brut­to­ge­halt. Auch die­ser Anteil steigt mit dem Gesamt­bei­trag auf 22,3 % (geteilt zwi­schen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer).  
Staat­li­ches Gene­ra­tio­nen­ka­pi­talDer Bund legt Dar­le­hen in eine öffent­lich-recht­li­che Stif­tung, die auf einem Kapi­tal­stock (Ziel: bis zu 200 Mrd. €) auf­ge­baut wer­den soll. Ab etwa 2036 sind Aus­schüt­tun­gen von rund 10 Mrd. €/Jahr geplant, um Bei­trags­sät­ze zu sta­bi­li­sie­ren.

Quel­len:

Bild: Illus­triert mit Can­va, Klaus Ulin­ski

Kommentare

Eine Antwort zu „Rentenpaket II: Was bedeutet es für künftige Rentnerinnen und Rentner in Wermelskirchen?“

  1. Avatar von Karl-Reiner Engels
    Karl-Reiner Engels

    Als Ver­gleichs­wert ein Blick auf die gezahl­ten Beam­ten­pen­sio­nen:

    Nach 40 Dienst­jah­ren wird der Höchst­satz von 71,75 % des letz­ten Grund­ge­halts erreicht. 

    Im Janu­ar 2024 betrug die durch­schnitt­li­che monat­li­che Brut­to-Pen­si­on rund 3.240,00 €. Män­ner 3.820,00 €, Frau­en 3.150,00 € im Monat

    Für die staat­li­che Ren­te betru­gen 2024 (Neur­ent­ner) die Durch­schnitts­wer­te:

    Gesamt­durch­schnitt: 1.135,00 Euro (West) bzw. 1.243,00 Euro (Ost) im Monat. (Män­ner (West): 1.355,00 Euro, Frau­en (West): 929 Euro

    Durch­schnitt­li­che Brut­to­ren­te (Stand 2025)
    Gesamt­durch­schnitt: 1.660,00 Euro
    Nach Geschlecht:
    Män­ner: 1.809,00 Euro
    Frau­en: 1.394,00 Euro

    Fest­zu­stel­len ist zudem, dass das staat­li­che Ren­ten­ni­veau in Deutsch­land sich im euro­päi­schen Ver­gleich ledig­lich im Mit­tel­feld befin­det.

    Pen­sio­nen und die staatl. Ren­te (ab 2040 zu 100%) sind ober­halb der Grund­frei­be­tra­ges Ein­kom­mens­steu­er­pflich­tig. D.h. das Tei­le der Ren­te als Steu­ern an den Staat zurück flie­ßen.

    Ein wei­te­rer Aspekt ist, dass vie­le Rent­ne­rIn­nen ihr Ren­te für den täg­li­chen Ver­brauch (Kon­sum­ti­on) ein­set­zen müs­sen. Dies sta­bi­li­siert die Nach­fra­ge.

    Die Unsi­cher­heit bei kapi­tal­ge­deck­ten Ren­ten ist zur Zeit bei­spiel­haft bei der Ver­sor­gungs­kas­se der Zahn­ärz­te Ber­lin beob­acht­bar: “Ver­sor­gungs­werk der Ber­li­ner Zahn­ärz­te ver­liert bis zu eine Mil­li­ar­de Euro durch Fehl­in­vest­ments. Ren­te von 10.000 Mit­glie­dern bedroht.” (Tele­po­lis 13.11.2025)

    Ein Hin­weis noch auf die Stel­lung­nah­me des DGB zu den aktu­el­len Dis­kus­sio­nen (DGB.de): Eine gute Ren­te für ein gutes Leben

    Arbeitnehmer*innen ver­die­nen eine gute Ren­te. Die­ser Grund­satz muss für alle Gene­ra­tio­nen gel­ten.

    Dort sind eini­ge gute Argu­men­te für die Stär­kung der umla­ge­fi­nan­zier­te, staatl. Ren­te zu fin­den:

    Kurz erklärt: Das The­ma Ren­te

    Die Ren­te muss zum Leben rei­chen, nicht nur zum Über­le­ben. Eine gute Ren­te erkennt die Lebens­leis­tung der Men­schen an.

    Des­halb muss das Ren­ten­ni­veau sta­bi­li­siert und per­spek­ti­visch wie­der ange­ho­ben wer­den.

    Das Ren­ten­al­ter darf nicht wei­ter ange­ho­ben wer­den – vie­le schaf­fen es schon jetzt nicht, bis 65 oder gar bis 67 zu arbei­ten.

    Zusätz­lich brau­chen wir eine stär­ke­re betrieb­li­che Alters­vor­sor­ge – finan­ziert von den Arbeitgeber*innen.

    Wei­ters auf der Sei­te des DGB: https://www.dgb.de/geld/rente/

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