Stefan Janosi, langjähriger Fraktionsvorsitzender der Wermelskirchener Grünen, hat seine politische Heimat selbst jetzt nicht wirklich verlassen – auch wenn er seinen Lebensmittelpunkt inzwischen nach Apulien verlegt hat. Die süditalienische Region, geprägt von jahrhundertealten Olivenhainen, Meeresluft und gemütlichen Dorfplätzen, bietet ihm neue Perspektiven und Eindrücke. Doch das Interesse an politischer Gestaltung und lokalem Engagement begleitet ihn nach wie vor. Aus seiner neuen Wahlheimat heraus blickt Janosi mit wachem Blick und lebendigem Interesse auf das politische Geschehen – sowohl vor Ort als auch in Deutschland. Seine Erfahrungen zwischen zwei kommunalen Welten verbinden Bodenständigkeit mit Weitblick und zeigen, dass politisches Verantwortungsgefühl keine geografischen Grenzen kennt.
Heute schreibt Stefan Janosi dem Forum Wermelskirchen diese Zeilen:
Apulien gehört zu den ärmeren Regionen Italiens und wird dem sog. Mezzogiorno zugeordnet.
Mezzogiorno, wörtlich der halbe Tag, weil die Sonne dort aus der Perspektive Roms am höchsten steht, oder was böse Zungen behaupten, weil die Menschen dort nur den halben Tag arbeiten.
Der Süden, also auch Apulien ist eigentlich traditionell politisch eher Links. So konnte sich ein linkes Bündnis bei der letzten Regionalwahl 2020 behaupten. Allerdings fordert auch hier ein zunehmend populistisch geführter Wahlkampf seinen Tribut. Wie bei uns in Deutschland versuchen seit einigen Jahren rechte Influencer und Parteimitglieder durch emotionale Beiträge in sozialen Medien die Menschen zu verunsichern und zu beeinflussen. Ende November wird hier ein neues Regionalparlament gewählt und es wird befürchtet, dass die rechten Parteien mit einem Stimmenzuwachs rechnen können. Hier im Süden wird aber weniger aggressiv und spaltend über Politik diskutiert als bei uns in Deutschland. Daher ist die extreme Spaltung der Gesellschaft hier gefühlt nicht so ausgeprägt.
Bei uns in der Gemeinde Matino, eine Stadt mit ca. 11.000 Einwohnern, stellt eine sogenannte Bürgerliste den Bürgermeister und eine Mehrheit des Stadtrates. Diese Liste ist nicht direkt parteipolitisch gebunden, sondern besteht aus Mitgliedern verschiedener politischer Strömungen. Das Phänomen der Bürgerlisten ist hauptsächlich in kleineren Zentren weit verbreitet, auch aufgrund des Mehrheitswahlgesetzes, das in Gemeinden mit weniger als 15.000 Einwohnern gilt und die Parteien dazu zwingt, sich in Koalitionen zu versammeln, sowie gemeinsam eine einzige Liste vorzulegen, um mehr Gewinnchancen zu haben.
Die materiellen Dinge stehen weniger im Vordergrund. Der alte verbeulte Fiat wird weniger als Symbol gesellschaftlicher Stellung betrachtet, sondern eben als das was er ist, ein Fahrzeug für die täglichen Verrichtungen.
Hier spielen andere Themen eine größere Rolle. Die Familie steht über allem, danach kommen die sozialen Verbindungen, Freunde Nachbarn, die Feste, (gefühlt jeden Monat mind. eins) die Kirche und natürlich das Essen. Das zeigt sich auch bei der Wahlbeteiligung die hier in Apulien nur bei ca. 60% lag.
Politik wird eher als notwendiges Übel gesehen, und Rom als Symbol der Politik ist weit entfernt.
Nun schaue ich mit Spannung auf die nächsten Regionalwahlen am 24.11. und hoffe das ein starker Rechtsruck ausbleibt.

Bilder: Stefan Janosi


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