Gähnende Leere nicht nur im Bild des Beitrags! Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist für mich nicht nur eine statistische Größe, sondern eine tägliche Realität, die sich in meinen Projekten und Beratungen immer wieder zeigt. Prognosen legen nahe, dass bis 2035 in Deutschland rund 1,8 Millionen Stellen im Gesundheitswesen unbesetzt bleiben könnten. Das hat greifbare Folgen: Überlastete Teams, steigende Krankheitsfälle und letztlich eine gefährdete Versorgungsqualität.
Die Gründe für diese kritische Lage sind vielfältig. Zum einen sorgt der demografische Wandel dafür, dass die Bevölkerung altert und gleichzeitig viele erfahrene Fachkräfte in den Ruhestand gehen. Die Arbeitsbedingungen sind oft hart – hohe Arbeitsbelastung und Schichtdienste führen zu Burnout und Unzufriedenheit. Viele Beschäftigte fühlen sich gesellschaftlich zu wenig wertgeschätzt, und die Ausbildungskapazitäten reichen bei Weitem nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Zudem zieht es Fachkräfte wegen besserer Bedingungen ins Ausland oder in andere Berufe.
Die Auswirkungen sind überall spürbar: Weniger Personal muss mehr Patienten versorgen, die Motivation sinkt, und die Wechselbereitschaft steigt. Dies führt zu Engpässen in der Versorgung und damit zu einer spürbaren Einschränkung der Behandlungsqualität.
Besonders betroffen sind nicht nur Ärzte und Pflegekräfte, sondern auch viele andere systemkritische Berufe im Krankenhaus – von Reinigungskräften, deren Hygiene für die Patienten überlebenswichtig ist, über den Patiententransport, ohne den keine Operation reibungslos ablaufen kann, bis hin zu Verpflegung und technischen Diensten, die das Krankenhaus am Laufen halten. Besonders dramatisch ist die Lage in der Aufbereitung von Medizinprodukten (AEMP). Ohne sterile Instrumente keine OPs – und doch ist dieses wichtige Fachgebiet zu wenig bekannt, oft unterbezahlt, mit hohen Anforderungen und wenig Anerkennung. Die Folge sind offene Stellen, Ausfälle und ein wachsenden Fachwissenverlust, der die Patientensicherheit gefährdet.
Eine Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) empfiehlt deshalb die Einführung eines staatlich geregelten dualen Ausbildungsberufs für die Medizinprodukteaufbereitung. Die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich wächst, und es gibt gute Chancen für qualifizierte Fachkräfte, die sorgfältig ausgebildet werden. Nur mit einer solchen strukturierten Ausbildung und klaren Karrierewegen lässt sich der Fachkräftemangel in der AEMP bekämpfen – und damit ein wichtiger Beitrag zur Gesamtversorgung leisten.
Die DGSV (Deutsche Gesellschaft für Sterilgutversorgung) hat erkannt, dass die fehlende staatliche Anerkennung der Ausbildung in der Medizinprodukteaufbereitung eine zentrale Lücke darstellt. Um diese zu schließen, engagiert sich die DGSV seit Jahren für die Entwicklung standardisierter Qualifikationen und praxisorientierter Weiterbildungsangebote. Ziel ist es, die hohen Anforderungen an Hygiene, Technik und Prozesssicherheit in der AEMP durch qualifiziertes Personal zu gewährleisten – auch ohne bisher geregelten Ausbildungsberuf. Mit ihren Zertifizierungsprogrammen, Empfehlungen und der durch die DGSV anerkannten Ausbildung zur Fachkraft für Medizinprodukteaufbereitung – FMA-DGSV® e.V. schafft sie eine verlässliche Grundlage für Qualität und Patientensicherheit, bis eine staatlich anerkannte Lösung etabliert ist.
Was muss also geschehen? Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, faire Bezahlung und verlässlichere Dienstpläne. Die ganze Bandbreite der Gesundheitsberufe muss sichtbarer gemacht werden – in Schulen, in den Medien, in der öffentlichen Wahrnehmung. Automatisierung und Digitalisierung bieten Chancen, Arbeitsabläufe zu entlasten, Fehler zu reduzieren und damit den Druck auf die Menschen zu mindern. Und ganz entscheidend: Mehr Wertschätzung und Anerkennung – diese Berufe dürfen nicht länger im Schatten stehen, sondern müssen Teil der Klinikstrategie und der Qualitätsberichte werden.
Ein weiterer Schlüssel zur Lösung ist qualifizierte Zuwanderung. Es gibt Plattformen, die bringen gezielt Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland, darunter sogar Vollmediziner aus Ländern wie Usbekistan. Durch strukturierte Programme, Sprachförderung und Anerkennung von Qualifikationen können sie schnell integriert werden und dringend benötigte Entlastung schaffen.
Diese Erkenntnisse zeigen mir: Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen ist eine vielschichtige Herausforderung, aber nicht unüberwindbar. Es braucht gemeinsames Engagement, klare Strategien und Mut, neue Wege zu gehen.
Wie begegnet ihr dem Fachkräftemangel in eurem Umfeld? Welche Lösungen funktionieren, was fehlt noch? Ich freue mich sehr auf eure Erfahrungen und Anregungen!
Bild: Philipp Scholz

