Autor: Marie-Louise Lichtenberg

  • Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

    Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

    Die Bal­la­de „Herr von Rib­beck auf Rib­beck im Havel­land“ von Theo­dor Fon­ta­ne erzählt uns die Geschich­te des groß­zü­gi­gen Guts­herrn, der den Kin­dern Bir­nen aus sei­nem Gar­ten schenkt. Mit einem Trick sorgt er auch über sei­nen Tod hin­aus dafür, dass die Kin­der Bir­nen haben kön­nen. Damit steht der Birn­baum für groß­zü­gi­ges und für­sorg­li­ches Ver­hal­ten. Im Gegen­satz dazu ist sein Sohn gei­zig und der Vater weiß das.
    Aus mei­ner Sicht passt die­se Bal­la­de von 1889 sehr gut in unse­re Zeit, da heu­te zu häu­fig genau das Gegen­teil gelebt wird. Wir müs­sen erken­nen, dass Mensch­lich­keit, die Natur und unse­re Ver­gäng­lich­keit zusam­men gehö­ren. Der Birn­baum sym­bo­li­siert auch Rei­fe, Lebens­freu­de, Bestän­dig­keit und Acht­sam­keit.

    Herr von Rib­beck auf Rib­beck im Havel­land,
    ein Birn­baum in sei­nem Gar­ten stand,
    und kam die gol­de­ne Herbs­teszeit
    und die Bir­nen leuch­te­ten weit und breit,
    da stopf­te, wenn´s Mit­tag vom Tur­me scholl,
    der von Rib­beck sich bei­de Taschen voll,
    und kam in Pan­ti­nen ein Jun­ge daher,
    so rief er: „Jun­ge, wis­te ne Beer?“
    Und kam ein Mädel, so rief er: „Lütt Dirn,
    kumm man röwer, ick hebb ne Birn.“

    So ging es viel Jah­re, bis lobesam
    der von Rib­beck auf Rib­beck zu ster­ben kam.
    Er fühl­te sein Ende, ´s war Herbs­teszeit,
    wie­der lach­ten die Bir­nen weit und breit;
    da sag­te von Rib­beck: „Ich schei­de nun ab.
    Legt mir eine Bir­ne mit ins Grab!“
    Und drei Tage drauf,
    aus dem Dop­pel­dach­haus,
    tru­gen von Rib­beck sie hin­aus.
    Alle Bau­ern und Büd­ner mit Fei­er­ge­sicht
    san­gen: „Jesus mei­ne Zuver­sicht!“
    Und die Kin­der klag­ten, das Her­ze schwer:
    „He is dod nu. Wer giwt uns nu ne Beer?“

    So klag­ten die Kin­der. Das war nicht recht -
    ach, sie kann­ten den alten Rib­beck schlecht!
    Der neue frei­lich, der knau­sert und spart,
    hält Park und Birn­baum stren­ge ver­wahrt.
    Aber der alte, vor­ah­nend schon
    und voll Miß­traun gegen den eige­nen Sohn,
    der wuß­te genau, was damals er tat,
    als um eine Birn ins Grab er bat;
    und im drit­ten Jahr aus dem stil­len Haus
    ein Birn­baum­spröß­ling sproßt´heraus.

    Und die Jah­re gehen wohl auf und ab,
    längst wölbt sich ein Birn­baum über dem Grab,
    und in der gol­de­nen Herbs­teszeit
    leuchtet´s wie­der weit und breit,
    und kommt ein Jung übern Kirch­hof her,
    so flüstert´s im Bau­me: „Wis­te ne Beer?“
    Und kommt ein Mädel, so flüstert´s: „Lütt Dirn,
    kumm man röwer, ick gew di ne Birn!“

    So spen­det Segen noch immer die Hand
    des von Rib­beck auf Rib­beck im Havel­land.

    Theo­dor Fon­ta­ne

    Bei­trags­bild: Gemi­ni KI

  • Der Deutsche Jugendliteraturpreis 2025 – Die besten Kinder- und Jugendbücher

    Der Deutsche Jugendliteraturpreis 2025 – Die besten Kinder- und Jugendbücher

    Am Frei­tag, 17. Okto­ber, wur­de um 17:30 Uhr im Con­gress-Cen­ter im Saal Har­mo­nie der Mes­se Frank­furt der Deut­sche Jugend­li­te­ra­tur­preis 2025 ver­ge­ben. Mit 1600 Gäs­ten war das die größ­te Ein­zel­ver­an­stal­tung der Buch­mes­se. Vier Bücher aus den Spar­ten Bilder‑, Kinder‑, Jugend- und Sach­buch gin­gen als Sie­ger her­vor. Dazu ver­gab die Jugend­ju­ry mit einem Titel ihren eige­nen Preis. Die Son­der­prei­se „Illus­tra­ti­on Neue Talen­te“ und „Illus­tra­ti­on Gesamt­werk“ wur­den eben­falls ver­ge­ben. Die drei ehren­amt­lich arbei­ten­den  Jurys haben ein unglaub­li­ches Lesepen­sum bewäl­tigt. Aus ca. 630 ein­ge­reich­ten Titeln der deutsch­spra­chi­gen Kin­der- und Jugend­li­te­ra­tur fil­ter­ten sie die bes­ten Bücher her­aus. Beein­dru­cken­de Titel, lite­ra­risch hoch­wer­tig und mit einer gro­ßen inhalt­li­chen Band­brei­te suchen jetzt ihre Lese­rin­nen und Leser. Der Arbeits­kreis für Jugend­li­te­ra­tur sagt, das sind „Bücher, die Mut machen. Sie ste­hen für die Kraft der Spra­che, die Neu­gier des Den­kens und die Lust, sich eine eige­ne Mei­nung zu bil­den.“

    Die Bun­des­ju­gend­mi­nis­te­rin Karin Prien ver­kün­de­te die Sie­ger und in ihrer Anspra­che hob sie u.a. die gro­ße Bedeu­tung des Lesens und der Lite­ra­tur für die Bil­dung der Kin­der und Jugend­li­chen her­vor. Sie sag­te: „ Ich bin über­zeugt: Lesen ist der Schlüs­sel nicht nur zu ande­ren Wel­ten, son­dern vor allem auch zur Bil­dung. Die nomi­nier­ten Bücher zei­gen ein­drucks­voll, wie Kin­der und Jugend­li­che mit Mut, Viel­falt und Herz ihre Stim­men erhe­ben und unse­re Gesell­schaft berei­chern. Als Bil­dungs­mi­nis­te­rin ist es mir ein gro­ßes Anlie­gen, dass alle Kin­der Zugang zu die­ser wert­vol­len Welt des Lesens erhal­ten. Denn Bil­dung beginnt mit Spra­che – und Spra­che wächst durch Lesen. Da appel­lie­re ich an uns alle, die wir die Bil­dung unse­rer Kin­der und Jugend­li­chen ver­ant­wor­ten: im Kern zunächst die Fami­lie, Eltern und Groß­el­tern, aber auch Erzie­he­rin­nen und Erzie­her, Lehr­kräf­te. Wir soll­ten gemein­sam dafür sor­gen, dass Lesen für jedes Kind zu einem freud­vol­len Erleb­nis wird, das sie ein Leben lang beglei­tet.“

    Mei­ne per­sön­li­chen Impres­sio­nen geben nur einen klei­nen Ein­blick in die gro­ße Welt der Bücher. Viel Freu­de beim Lesen und Ver­schen­ken der aus­ge­zeich­ne­ten Bücher!

    Marie-Loui­se Lich­ten­berg

    Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter www.jugendliteratur.org
    Pres­se­be­reich – aktu­el­le Pres­se­mit­tei­lun­gen

    Fotos: Marie-Loui­se Lich­ten­berg

  • Jugendliteraturpreis 2025

    Jugendliteraturpreis 2025

    Die welt­weit größ­te Buch­mes­se ist in Frankfurt/Main eröff­net. Am Frei­tag, 17. Okto­ber, wird dort ab 17:30 Uhr der Deut­sche Jugend­li­te­ra­tur­preis 2025 ver­lie­hen. Wer nicht vor Ort sein kann und Inter­es­se an den Titeln aus den Spar­ten Bilder‑, Kinder‑, Jugend- und Sach­buch hat, kann die Ver­an­stal­tung im Live­stream unter www.jugendliteratur.org mit­ver­fol­gen. Die Jugend­ju­ry, bestehend aus sechs Leseclubs deutsch­land­weit, ver­gibt ihren eige­nen Preis.

    Ich gehör­te von 2007–2010 mit mei­nem ehe­ma­li­gen Leseclub „Do it – read a book!“ der Haupt­schu­le der Jugend­ju­ry an. Des­halb ist es für mich beson­ders span­nend, wel­che Titel in die­sem Jahr den Preis erhal­ten. Ich wer­de, wie auch die Buch­händ­le­rin Gabi van Wah­den und mein ehe­ma­li­ger Schü­ler und gelern­ter Buch­händ­ler Alex­an­der Schus­ter, vor Ort sein. 

    Schon Johann Wolf­gang von Goe­the wuss­te: „Wer Bücher liest, schaut in die Welt und nicht nur bis zum Zau­ne.“

    Mehr Infor­ma­tio­nen gibt es hier: https://www.jugendliteratur.org/

    Foto: Marie-Loui­se Lich­ten­berg

  • Buchempfehlungen von Marie-Louise Lichtenberg

    Buchempfehlungen von Marie-Louise Lichtenberg

    Wann kommt end­lich Frie­den?
    Buch­emp­feh­lun­gen zum Nah­ost-Kon­flikt von Marie-Loui­se Lich­ten­berg


    Seit die Ter­ror­mi­liz Hamas am 7. Okto­ber 2023 Isra­el ange­grif­fen hat, sind zwei Jah­re ver­gan­gen. Die Hamas-Kämp­fer ver­üb­ten ein Mas­sa­ker an mehr als 1200 Men­schen in Isra­el und ent­führ­ten etwa 250 Frau­en, Män­ner und Kin­der. Nicht nur vom Gaza­strei­fen aus, son­dern auch aus dem Liba­non, wo die Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on His­bol­lah die Hamas unter­stützt, wur­den sehr vie­le Rake­ten auf Isra­el geschos­sen.

    Isra­el griff als Reak­ti­on auf die­sen Über­fall Gaza mit Boden­trup­pen und aus der Luft an. Über 60000 Tote und fast 100000 Ver­wun­de­te im Gaza­strei­fen sind zu bekla­gen. Die Zivil­be­völ­ke­rung lei­det unter die­sem Krieg ohne Ende. Zer­stö­rung, Ver­trei­bung und Hun­ger neh­men Über­hand. Die Men­schen sind ver­zwei­felt.

    Die Hamas hält immer noch zahl­rei­che Gei­seln in ihrer Hand. Für die betrof­fe­nen Fami­li­en ist das uner­träg­lich.

    Tote und Ver­letz­te gibt es in die­sem Krieg auf allen Sei­ten.

    End­lich haben sich die Kriegs­par­tei­en auf einen Waf­fen­still­stand und die Rück­kehr der Gei­seln ver­stän­digt. Bei­de Sei­ten müs­sen sich nun an das geschlos­se­ne Abkom­men hal­ten. Kehrt jetzt end­lich Frie­den in die­se geschun­de­ne Regi­on ein?

    Wer mehr über die Geschich­te des Nah­ost-Kon­flik­tes erfah­ren möch­te, dem emp­feh­le ich zwei Bücher.


    Anja Reum­schüs­sel
    „Über den Dächern von Jeru­sa­lem“ 
    Carlsen Ver­lag, Ham­burg 2023
    16,00 €
    Ab 14

    Das Buch war 2024 für den Deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­preis nomi­niert. Die Repor­te­rin und Autorin Anja Reum­schüs­sel leb­te und arbei­te­te in Isra­el und in Gaza. Das Buch schrieb sie vor dem Über­fall am 7. Okto­ber 2023.

    Die unab­hän­gi­ge Kri­ti­ker­ju­ry schrieb in ihrer Begrün­dung für die Nomi­nie­rung:

    „Die 15-jäh­ri­ge Holo­caust-Über­le­ben­de Tes­sa begeg­net nach Kriegs­en­de 1947 in Jeru­sa­lem dem gleich­alt­ri­gen Paläs­ti­nen­ser Mo, des­sen Vater bei einem Ter­ror­an­schlag getö­tet wur­de. Ihre nächt­li­chen Dis­kus­sio­nen auf dem gemein­sa­men Dach ihrer Häu­ser enden viel zu häu­fig ergeb­nis­los. 75 Jah­re spä­ter, im Jahr 2023, tref­fen die 18-jäh­ri­ge Wehr­dienst­leis­ten­de Anat und der Paläs­ti­nen­ser Karim auf­ein­an­der. Deren Streit­ge­sprä­che wer­den mit der glei­chen Inten­si­tät wei­ter­ge­führt. Dabei ahnen sie nicht, wie eng ihre Bio­gra­fien mit­ein­an­der ver­wo­ben sind.

    In vier mit­ein­an­der ver­knüpf­ten Lebens­we­gen, die auf zwei ver­schie­de­nen Zeit­ebe­nen ange­legt sind, erzählt Anja Reum­schüs­sel die Geschich­te des Nah­ost-Kon­flik­tes von den Anfän­gen des Staa­tes Isra­el bis hin­ein in die Gegen­wart. 

    Dra­ma­tur­gisch geschickt kom­bi­niert sind die his­to­ri­schen Fak­ten einer kom­pli­zier­ten Gemenge­la­ge mit den indi­vi­du­el­len Schick­sa­len der Figu­ren. So wer­den Lesen­den die oft­mals abs­trak­ten Zusam­men­hän­ge unmit­tel­bar näher­ge­bracht. Ohne Par­tei zu ergrei­fen oder zu bevor­mun­den, gelingt es der Autorin, die Hin­ter­grün­de und Kom­ple­xi­tät eines schein­bar unlös­ba­ren Kon­flik­tes für Jugend­li­che erfahr­bar und die Spi­ra­le der Gewalt nach­voll­zieh­ba­rer zu machen.“


    Mar­tin Schäub­le
    „Die Geschich­te der Israe­lis und Paläs­ti­nen­ser“
    Der Nah­ost-Kon­flikt aus Sicht derer, die ihn erle­ben
    Carl Han­ser Ver­lag, Mün­chen 2024
    4. Auf­la­ge
    16,00 €
    Sach­buch

    „Hoch­ak­tu­ell, kennt­nis­reich und vor Ort recher­chiert: Wer den Nah­ost-Kon­flikt ver­ste­hen will, muss die Geschich­te der Israe­lis und Paläs­ti­nen­ser ken­nen – und den Men­schen zuhö­ren, die sie erlebt haben.

    Mar­tin Schäub­le hat über vie­le Jah­re mit Israe­lis und Paläs­ti­nen­sern gespro­chen. Sie berich­ten von einem Leben im Aus­nah­me­zu­stand, von lan­gen, erbit­ter­ten Kämp­fen. Was sie aus dem All­tag erzäh­len, macht über­deut­lich, dass es nicht die eine gül­ti­ge Wahr­heit gibt.“ (Klap­pen­text)

    Der Jour­na­list und pro­mo­vier­te Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Mar­tin Schäub­le ergänzt das Buch mit Kar­ten, einer Zeit­ta­fel, vie­len Medi­en­tipps und Ori­gi­nal-Doku­men­ten.

    „Von klein auf sah ich Krie­ge. Ich selbst kämpf­te im Unab­hän­gig­keits­krieg, im Suez­krieg, im Sechs-Tage-Krieg, im Jom-Kip­pur-Krieg und in vie­len wei­te­ren Ein­sät­zen. Mein Sohn kämpf­te. Mein Enkel kämpf­te. Er liegt ver­wun­det im Kran­ken­haus. Und ich glau­be, der Enkel mei­nes Enkels wird auch kämp­fen.“ (Abra­ham Bar-Am, Israe­li)

    „Mei­ne Mut­ter kam wäh­rend der osma­ni­schen Besat­zung auf die Welt. Ich wur­de wäh­rend der eng­li­schen Besat­zung gebo­ren, mei­ne Kin­der wäh­rend der jor­da­ni­schen, deren Kin­der wäh­rend der israe­li­schen. Es gibt immer jeman­den, der die­ses Land will, aber nie jeman­den, der uns will. Ist das kei­ne Tra­gö­die?“ (Ame­lie Dscha­qa­man, Paläs­ti­nen­se­rin)

    Zwei lesens­wer­te Bücher nicht nur für Jugend­li­che, son­dern für alle, die sich mit die­ser The­ma­tik näher beschäf­ti­gen wol­len.

    Fotos: Marie-Loui­se Lich­ten­berg