Da staunte meine Pohlhausener Männerrunde nicht schlecht. Statt einer unterhaltsamen Auslosung erlebten wir Fußballbegeisterten am Freitagabend eine Show zur WM 2026, die wie ein Sinnbild dafür wirkte, wie weit sich der internationale Fußball inzwischen von seinem eigenen Selbstverständnis entfernt hat. Eigentlich sollte es ein traditionelles Ritual sein: Kugeln, Gruppen, ein paar Überraschungen – fertig. Stattdessen wurde uns ein langatmiges Spektakel präsentiert, das eher an eine geopolitische Werbeveranstaltung erinnerte als an eine sportliche Ziehung.
Schon das Bühnenbild sprach Bände: Nationalflaggen, politische Botschaften, ein Tonfall irgendwo zwischen Wahlkampf und Showbusiness. Die FIFA inszenierte sich einmal mehr als weltpolitischer Akteur – vertreten durch Funktionäre, die sich offenbar nicht zu schade sind, sich mit fragwürdigen Politikern und merkwürdigen Symbolfiguren zu schmücken.
Der bizarrste Moment des Abends war zweifellos die beinahe ehrfürchtige Präsentation eines „Friedenspreises“, der Donald Trump gewidmet war – einem Mann, der in seiner Amtszeit eher neue Gräben gezogen als alte überbrückt hat. Wer meint, diese groteske Überhöhung sei Satire gewesen, hat das heutige FIFA-Universum nicht verstanden. Dort zählt nicht, ob etwas moralisch oder politisch Sinn ergibt, sondern allein, ob es Aufmerksamkeit erzeugt. Und Trump liefert Aufmerksamkeit – immer.
Die gesamte Inszenierung wirkte wie ein Lehrstück jener gefährlichen Symbiose zwischen Sport und Politik, die längst Alltag geworden ist: Autokraten nutzen Turniere als Imagepolitur. Funktionäre posieren mit Staatschefs. Verbände geben den selbsternannten Friedensstifter, während sie gleichzeitig Milliarden in Prestigeprojekte pumpen.
Dass die Sportlichkeit dabei völlig in den Hintergrund rückte, ist fast folgerichtig. Die eigentliche Gruppen-Auslosung verkam zur dramaturgischen Nebensache, eingehüllt in Pathos, Selbstbeweihräucherung und politische Anspielungen. Die FIFA möchte offenbar nicht nur Weltmeister küren, sondern Weltpolitik mitgestalten – allerdings ohne die Verantwortung, die echte politische Akteure tragen müssen.
Die WM 2026 soll ein Fest des Fußballs werden. Doch wenn die Eröffnungsinszenierung bereits so grotesk verpolitisierend ausfällt, darf man sich fragen, wie viel Sport in diesem gigantischen Zirkus überhaupt noch übrigbleiben wird.
Unsere Pohlhausener Runde diskutierte jedenfalls noch lange weiter, nachdem die letzte Kugel gefallen war. Am Ende waren sich alle einig: An diesem Abend hätte man nichts anderes erwarten dürfen. „Brot und Spiele“ – dieses uralte Konzept funktioniert heute noch genauso zuverlässig wie eh und je.
Bild: Chat GPT


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