Prekäre Lage in der Nahverkehrsbranche beklagt

Die nachfolgende Pressemitteilung entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid:

Kommunen und Verbände fordern mehr Geld für ÖPNV

Der öffentliche Verkehr leidet nach wie vor unter der Pandemie. Die mit Corona einhergehenden Beschränkungen haben den Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den vergangenen Jahren finanziell zugesetzt. Hinzu kommt die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung aufgrund der weltpolitischen Ereignisse, die die gesamte Branche vor zusätzlich zu bewältigende Herausforderungen stellt. Die aktuelle Situation haben der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS), der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), der Aachener Verkehrsverbund (AVV) und die WestfalenTarif GmbH zum Anlass genommen, gemeinsam mit Vertreterinnen von Kommunen, Landkreisen und Verkehrsunternehmen, auf die prekäre Lage in der Nahverkehrsbranche aufmerksam zu machen und einen Appell an Bund und Land gerichtet, mehr finanzielle Mittel für den Erhalt und den Ausbau des Verkehrsangebotes zu investieren. Als unverzichtbares Rückgrat für die Mobilität in Nordrhein-Westfalen habe der ÖPNV in der Krise Bestand und leiste seinen gesellschaftlichen Beitrag.

Um die Mobilität der Menschen zu sichern, die auf den öffentlichen Verkehr angewiesen sind, und trotz geringer Auslastung haben die Verkehrsunternehmen ihr Angebot während der Corona-Krise aufrechterhalten. Dass der ÖPNV trotz aller Krise großen Zuspruch erhält, zeige auch die gemeinsame Aktion der NRW-Verbünde in den Sommerferien der letzten beiden Jahre.

Mit den Lockerungen der Corona-Beschränkungen hat sich das gesellschaftliche Leben wieder normalisiert. Damit nehmen die Fahrtanlässe wieder zu und lassen, ebenso wie das 9-Euro-Ticket, die Fahrgastzahlen wieder ansteigen. Dies allerdings immer noch deutlich unter dem Niveau von vor Corona. Neben dem Ziel, Bürgerinnen und Bürger mit einem deutlich verbilligten ÖPNV-Ticket unmittelbar zu entlasten und Anreize zum Energiesparen zu setzen, sieht die ÖPNV-Branche die Chance zur Rückgewinnung von Fahrgästen und zur Neukundenansprache. Damit der Fahrgasteffekt des 9-Euro-Tickets keine Momentaufnahme bleibt, bedarf es einer umfangreichen und langfristigen Finanzierung aus den Haushalten des Bundes und der Länder sowie passender Rahmenbedingungen.

Es zeichnet sich ab, dass die Einnahmen, die die Verkehrsunternehmen benötigen, um ihre Aufwandssteigerungen zu decken, nicht mehr ausreichen. Mit den durch die von Bund und Land zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln im Rahmen des Corona-Rettungsschirms sind die Einnahmeausfälle bis Ende des Jahres aufgefangen worden. Und auch die Fahrgeldausfälle aus dem 9-Euro-Ticket gleicht der Bund vollständig aus. Zudem gewährt das Land NRW einen pauschalen Ausgleich an die Verkehrsunternehmen für die gestiegenen Energiekosten. Neben den allgemeinen Kostensteigerungen bei Energie und Personal sind es die Kosten für eine lückenlose digitale Fahrgastinformation sowie Investitionen in die moderne und barrierefreie Infrastruktur und in Fahrzeuge mit sauberen, emissionsarmen Antriebstechnologien, die es zukünftig zu kompensieren gilt. Wenn Ende August die Aktion zum 9-Euro-Ticket ausläuft, werden die Verbünde und Tarifgemeinschaften auf das alte Preisniveau zurückgehen.

Die Branche rechnet damit, dass die Corona-Auswirkungen auch im kommenden Jahr noch nachwirken und sie auch die weiter steigenden Energiekosten und die Inflation schultern muss. Die Nahverkehrsakteure in NRW gehen für das kommende Jahr von einem kurzfristigen Finanzierungsbedarf von circa 500 bis 600 Millionen Euro aus. Dies zeigt sehr deutlich, wie groß die Misere der Branche für die nächsten Jahre ist. Nicht nur in allen Teilen Nordrhein-Westfalens, sondern auch bundesweit. Unter diesen Voraussetzungen trotzdem eine Verkehrswende zu ermöglichen, ist eine große Herausforderung, aber nötig.

Kommunen und Verbände sind sich einig: „Die Finanzierung des ÖPNV durch die Kommunen ist weitestgehend ausgereizt und lässt nur wenig Raum für zusätzliche Angebote, die explodierenden Aufwandssteigerungen setzen sie massiv unter Druck. Somit stehen die kommunalen Haushalte ab dem Jahr 2023, mit dem Auslaufen des Corona-Rettungsschirms, vor noch größeren Herausforderungen.“ 

Kommunen und ÖPNV-Branche appellieren an Bund und Land, die Finanzierung der Nahverkehrsleistungen nachhaltig auszubauen und neben den erforderlichen Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge auch die gestiegenen und weiter steigenden Betriebs- und Personalkosten sowie den Ausgleich der Corona-bedingten Einnahmeausfälle zu fördern. Der ÖPNV von (über)morgen brauche heute schon entsprechende Mittel. Andernfalls müssten die bisherigen turnusmäßigen Fahrpreissteigerungen überproportional zu den Vorjahren angehoben oder das Angebot reduziert werden. Im ländlichen Raum würde dann eine Angebotskürzung zu einem „Riss der Reiseketten“ führen. Dies sei weder gewollt noch zielführend, denn um die internationalen Klimaziele zu erreichen und den ÖPNV voranzubringen, müsse das Angebot gestärkt und deutlich mehr Fahrgäste für eine klima- und umweltfreundliche Mobilität mit Bus und Bahn gewonnen werden. 

Noch aber gebe es keine nachhaltigen Lösungsvorschläge für eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung, die es den Verkehrsunternehmen ermögliche, ihre Nahverkehrsleistungen dauerhaft zu sichern und im erforderlichen Maße in Innovationen, Infrastruktur, Fahrzeuge und Betrieb zu investieren.

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