VON EINER, DIE ZUHÖREN KONNTE

Ein Wort zum Montag, dem 8. August 2022 

VON CORNELIA SENG

„Wann haben wir eigentlich aufgehört, einander zuzuhören?“ Wir sitzen im RuruHaus, dem Zentrum der Documenta, und sprechen über den „Antisemitismus-Eklat“. Die OMAS GEGEN RECHTS haben hier einen Infostand und bieten Gespräche an. Eine Besucherin der Documenta scheint richtig verzweifelt. Viele Documenta-Künstler:innen thematisieren die aktuellen Probleme in ihrem Land. Den westlichen Schrott, der nach Kenia verkauft wird, das geraubte Land der Aborigines in Australien, die Nichtbeachtung der Sinti und Roma …

Hören wir ihnen eigentlich zu? Hören wir zu – bevor wir bewerten und verurteilen? Mit der Einladung zum Taizégebet in dieser Woche hat Peter ein Bild geschickt. Ein Bildchen wie die Sammelbilder, die ich früher im Kindergottesdienst bekommen habe.

Es zeigt die Geschichte von Maria und Martha. Maria sitzt Jesus zu Füßen und hört ihm konzentriert zu. Martha im Hintergrund deckt den Tisch. Sich Zeit nehmen zum Zuhören, das wollte Maria. Nur Jesus zuhören.

Nichts gegen die Gastfreundschaft und Großzügigkeit der Martha! Aber „Maria hat das gut Teil erwählt“, sagt Jesus. Wirklich zuhören kann ich nur, wenn ich bereit bin, auf das Gehörte zu reagieren. Mich verändern zu lassen. Maria wollte das. Gespannt hört sie zu, was Jesus sagt.

Was meinen Sie, hat Jesus ihr erzählt? Vielleicht das Gleichnis vom „Barmherzigen Samariter“? In der Bibel steht es kurz vor der Geschichte von „Maria und Martha“ (Lk 10). Hat Jesus ihr erklärt, was Barmherzigkeit bedeutet? Barmherzigkeit ist mehr als Empathie, – wer barmherzig ist, handelt entschlossen. Wo es Not tut. Wie der Samariter.

Fehlt uns Barmherzigkeit? In der politischen Debatte? In der Bereitschaft zum sozialen Ausgleich? Im Einsatz für Gerechtigkeit unter uns und weltweit? Wären wir barmherziger miteinander, wenn wir Jesus mehr zuhören würden? Wie lernen wir es wieder, einander zuzuhören?

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