Ich Idiot! – Vorsicht Falle! Das passiert mir doch nicht!

VON JOACHIM ZAPPE

Mit dem Älterwerden wechselt man unweigerlich die Mitgliedschaft in bestimmen Zielgruppen. Die  sind wichtig für die Werbeindustrie oder  – skrupellose Betrüger. Je betagter  die Altersklasse, umso mehr gehen die Ganoven davon aus, mit Tricks und geschickter Fallenstellung an das Geld unbescholtener Bürgerinnen und Bürger  zu kommen. Es häufen sich auch in Wermelskirchen Meldungen  über Vermögensdelikte, gemeine Abzocke oder Betrügereien, die beträchtliche materielle oder psychische Schäden bei den Betroffenen verursachen. Die Methoden werden dabei immer perfider. Skrupellose Kriminelle haben  mit dem Enkeltrick  Erfolg. Gewinnaussichten oder inszenierte Notlagen werden mit hoher krimineller Energie in lebensnahe Drehbücher eingebaut, um  gutgläubige Menschen um ihr Geld zu bringen. Längst werden alle Lebensbereiche zur  Abzocke genutzt. Wer denkt, „mir passiert das nicht, ich bin vorsichtig und clever genug“ – der sollte sich nicht allzu sicher sein.

Gerade habe ich diese Erfahrung am eigenen Leib erlebt und erfahren, wie schnell man trotz aller Vorsicht und Aufgeklärtheit in die Fänge von Abzockern gelangen kann. Die sind zwar bei mir nicht zum finalen Erfolg, aber doch erschreckend weit gekommen. Die Geschichte dazu sollte unbedingt zur Aufklärung beitragen.

Ich bin Kunde bei unserem örtlichen Grundversorger, der BEW. Bereits  im Herbst 2021 habe ich den von der BEW angebotenen Gasvertrag in einem sogenannten „KLIK!“-Vertrag  verlängert und so die Konditionen und einen Bonus für die Laufzeit von zwei Jahren verlängert. Das sollte nun auch für den Stromvertrag in die Wege geleitet werden und wurde von mir auf dem Gas-Vertrag angefordert. Da ich noch eine Nachfrage zum Thema Naturstrom hatte, versuchte ich – leider vergeblich – telefonisch Kontakt zur BEW aufzunehmen. Also schickte ich eine Mail mit meinem Anliegen. Es ist die Zeit, in der die Lokalpresse berichtet, dass die Grundversorger  in „Arbeit ertrinken“, weil es einen wahren Ansturm von Kunden gibt, die von ihren insolventen Vertragspartner zum Grundversorger wechseln wollen oder müssen.  Also Verständnis für die BEW, schließlich steht man  ja auch noch mitten in den Jahresabrechnungen.

Meine BEW-„Klik!“-Vertragsunterlagen kommen  Mitte Januar. Ich kann sie nicht sichten und bearbeiten, da ich zum Skifahren in Frankreich weile. Meine Frau informiert mich aber von Zuhause aus, dass es einen Anruf gab, ich solle den Vertrag vorerst nicht unterzeichnen, es gäbe ein besseres Angebot. Eine Kontaktaufnahme sei für den Montag nach meiner Rückkehr vorgesehen. Dieser Anruf erfolgt tatsächlich. Der Mitarbeiter, der unter einer Berliner Nummer anruft, stellt sich als Beauftragter der BEW vor. Man habe seine Agentur mit der Anbahnung und  Abschluss neuer Verträge betraut, quasi Outsourcing wegen zu hohem Arbeitsanfall. Das Ganze erscheint logisch, und mein Gesprächspartner jongliert in dem Gespräch mit Daten und Fakten, die eigentlich ohne Insiderwissen nicht vorhanden sein können. Es erscheint alles sehr konsistent und logisch. Außerdem kenne ich mich im Vertragsrecht aus, ich weiß um das 14tägige Widerspruchsrecht, die notwendigen Formvorschriften (Text- und Schriftform) und die Möglichkeiten der Anfechtbarkeit. Also lasse ich mich darauf ein, mein Einverständnis für den Abschluss dieses für die BEW vermittelten Stromvertrages am Telefon zu erklären. Meine Kundennummer und die Zählernummer der BEW gebe ich (leider) an. Bei der IBAN-Nr. verweigerte ich mich erst, lasse mich aber (ich Idiot!) trotzdem überrumpeln. Ich solle, so der Abzocker am Ende der Leitung, die Iban  bis zu die letzten beiden Stellen (der Kontonummer) angeben, er würde diese dann sofort richtig ergänzen. „So schnell die richtige unter den sehr vielen Kombinationsmöglichkeiten zu finden, ist schwierig“, dachte ich. Außerdem, die Iban ist im heutigen Alltag und in Zeiten des Internets überall in der Welt. Also habe ich mich darauf eingelassen. Tatsächlich ergänzte der Mann in der Leitung sofort die letzten beiden Zahlen.

So weit, so schlecht. Nach dem Gespräch am Montag versuche  ich eine Woche lang vergeblich, Kontakt mit der BEW aufzunehmen. Ich möchte den Vorgang natürlich verifizieren und außerdem meinen Missmut darüber äußern, dass die vom „BEW beauftragte Agentur“  mich mit Anrufen zu allen möglichen Themen bombardiert.  Am Freitag erreiche ich dann tatsächlich eine Mitarbeiterin der BEW persönlich. Und, völlig klar, die BEW hat niemals eine Agentur für ihre Dienste eingeschaltet! „Sch…. , Zappe, reingefallen Du blöder Idiot“, sage ich zu mir selber, um gleich alle Maßnahmen zu ergreifen, möglichen Schaden abzuwenden. Die Kontoauszüge sollten noch sorgfältiger geprüft werden, ungerechtfertigten Abbuchung innerhalt von acht Wochen widersprochen werden, so fordert mich meine Sparkassen-Sachbearbeiterin zur Lockerheit auf.  Die Polizei belehrt mich, es handele sich im vorliegenden Fall nicht um Betrug, den ich gegen Unbekannt anzeigen wollte.  Dies sei erst mit Eintritt eines konkreten Schadens, zum Beispiel bei einem erfolgreichen Kontenzugriffs der Fall. Da ich mittlerweile den echten BEW-Vertrag formgerecht abgeschlossen habe, kann  kein anderer, betrügerischer Anbieter „reingrätschen“, versichert mir die BEW-Mitarbeiterin. Alles gut also, wenn man vom Gefühl der Blamage und Wut mal absieht.

Spätestens hier muss man die Abzocke stoppen. Die Vertragsunterlagen auf keinen Fall unterschreiben, sondern innerhalb von 14 Tagen möglichst beweiskräftig widerrufen. Am besten per Einschreiben – Rückschein.

Mittlerweile sind die Vertragsunterlagen der Berliner Abzocker-Agentur mit Namen „voxenergie“ eingetroffen. In den Unterlagen wird sogar ein zweiter Betrugs- und Abzock-Versuch gestartet, denn die dort genannten Konditionen haben nun absolut nichts mit den am Telefon genannten zu tun. Eine Recherche im Internet zeigt, dass kriminelle Abzocke zur Kernkompetenz dieser  Firma zählt.

Natürlich ist der Widerruf des Vertragsangebotes per Einschreiben-Rückschein sofort von mir versendet worden, versehen mit dem Hinweis, über die kriminellen Praktiken  dieser Firma zu berichten, um Schaden von weiteren „Opfern“ abzuwenden. Ich hoffe, dieser Betrag trägt dazu bei.

Beitragsbild (c) pixabay

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