Frohe Weihnacht

Liebe Leserinnen und Leser, 

nahezu 108.000 Menschen sind in Deutschland mit oder an Corona gestorben. Knapp zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie hat das Virus mit seinen immer neuen Varianten, derzeit ist es Omikron, die Menschen im Griff. Eine große, eine sehr große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat getan, was man zum eigenen Schutz und dem anderer, seiner Lieben, dem der Nachbarn, dem Schutz von Kindern und Kranken sowie Gefährdeten tun kann: sich impfen lassen. 

Dagegen versucht eine immer aggressiver auftretende, lautstarke, aber kleine Minderheit aus Coronaleugnern, Impfgegnern, anthroposophischen oder antisemitischen Verschwörungsgläubigen, durchgeknallten und beinharten Reichsbürgern, Rechtextremisten und Nazis Virolog:innen, Politiker:innen und Journalist:innen zu attackieren und mit Morddrohungen einzuschüchtern. Die wirkliche Zielscheibe dieser eigentümlichen Melange ist jedoch die Demokratie, der Rechtsstaat, sind seine Institutionen, seine Träger und Eliten, Parteien und Medien. Wie lächerlich diese auf allen Kanälen der Social-Media-Welt verbreiteten Wahnvorstellungen, die halluzinierte Diktatur der Eliten und eines staatlichen Willkürregimes mit Unterdrückung der Meinungsfreiheit sind, beweist alleine die Tatsache, dass auch für solche Positionen unter dem Schutz des Grundgesetzes demonstriert werden darf. 

Wir alle, die wir die Demokratie schützen und bewahren wollen, sind aufgerufen, gegenzuhalten und Lügen und Fake News zu entlarven. Der Rechtsstaat muß mit aller Härte des Gesetzes gegen Gewalt oder Gewaltandrohungen der Demokratieverächter vorgehen. 

Bei der Corona-Bekämpfung ist nun Eile und Entschlossenheit geboten. Die neue Regierung mit Karl Lauterbach als Gesundheitsminister muss durch weitere niederschwellige Angebote zum Impfen und Boostern im ganzen Bundesgebiet und durch eine allgemeine Impfpflicht sowie durch rigorose Kontaktbeschränkungen (vor allem für Ungeimpfte) dafür sorgen, dass die vierte Welle noch gebrochen und die Fünfte trotz weiterer Verbreitung der Omikron-Variante beherrschbar wird. 

Die reichen Länder des globalen Westens haben die Verpflichtung, armen Ländern den dort dringend benötigten Impfstoff zur Verfügung zu stellen. Überdies hat die Pandemie noch einmal gezeigt, dass ein Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik dringend nötig ist. Dazu zählt neben der Einführung der Bürgerversicherung und der leistungsgerechten Bezahlung des Pflegepersonals eine Krankenhausversorgung und -finanzierung, die sich am Wohl der Patient:innen und des Personals und nicht an Renditeerwartungen orientiert.

Als wäre Corona nicht schon genug, ereilte die Menschen in der Eifel sowie an Erft und Ahr im Juli eine furchtbare Flutkatastrophe, die unglaubliche Verwüstungen anrichtete, viele Menschen um ihr Hab und Gut brachte und über 180 Menschenleben kostete. Das Leid ist groß und der Wiederaufbau von Häusern, Stadtteilen und Dörfern wird noch viele Jahre dauern und eine großzügige finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern erfordern. Das Leid wäre allerdings noch viel größer, hätte es nicht diese riesige und menschlich anrührende Solidarität mit den Geschädigten gegeben. Nicht nur wegen der hohen Spendensumme, sondern vor allem wegen der zahlreichen Helfer:innen aus allen Teilen der Republik, die sich mit oder ohne Gummistiefel, Schaufeln, Baggern und LKW’s spontan in die überfluteten Gebiete aufgemacht haben und tage-, wochen- und monatelang unentgeltlich bei den Aufräumarbeiten geholfen haben und noch helfen.

Der erste Schock des Jahres war zweifellos der 6. Januar, als aufgehetzte und angestiftete Rechtsradikale das Kapitol in Washington stürmten. Die verbreitete Legende vom Wahlbetrug fiel auf fruchtbaren Boden und der neue Präsident Biden regiert ein tief gespaltenes Land, dessen Rechte sich formiert und radikalisiert. 

Bei allen Unterschieden eint die die Potentaten, Autokraten und Diktatoren dieser Welt – egal ob demokratisch gewählt oder nicht – doch so manches: Nationalismus, Unterdrückung politischer, ethnischer, religiöser und sexueller Minderheiten, Einschränkung der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, Verhinderung einer unabhängigen Justiz und vor allem die Angst vor einer politisch emanzipierten Bevölkerung. Nicht nur in China und Russland werden Oppositionelle bedroht, gewaltsam unterdrückt, eingesperrt. So auch in islamischen Diktaturen, aber auch in Europa werden, etwa in Ungarn, in Polen und der Türkei, bürgerliche Freiheiten und demokratische Rechte eingeschränkt und nicht genehme Meinungen unterdrückt oder mit Gefängnis bestraft.

Eine politische Bankrotterklärung bleibt auch die Flüchtlingspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten. 1.645 Menschen sind bislang in 2021 auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken. Die humanitären Zustände in den Lagern auf den griechischen Inseln, in Bosnien, im polnisch-belarussischen Grenzgebiet sowie bei Calais am Ärmelkanal sind insbesondere angesichts des beginnenden Winters katastrophal. Die deutsche Regierung ist moralisch und politisch gefordert, zusammen mit den Willigen in der EU kurzfristig ein Hilfsprogramm auf den Weg zu bringen. Über 200 Kommunen in Deutschland könnten sofort als sichere Häfen Geflüchtete aufnehmen, sofern die Bundesregierung dafür die rechtlichen Voraussetzungen schafft.

Mehr als besorgniserregend ist die Entwicklung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, in den auch die USA, die NATO und die EU zunehmend involviert sind. Auch wenn die Sorge der Ukraine, der baltischen Staaten und Polens nach der völkerrechtswidrigen Annektion der Krim 2014 vor einer Invasion Russlands nachvollziehbar ist, muss dieser Konflikt diplomatisch gelöst werden. Die weitere Stationierung von Waffen und Streitkräften der NATO in der Ukraine oder gar deren NATO-Beitritt würde den Konflikt verschärfen und frühere Zusagen der Westens negieren, seinen militärischen Einflussbereich nicht weiter nach Osten auszudehnen. Nötig ist vielmehr eine friedenspolitische Initiative der EU unter Federführung Frankreichs und Deutschlands, die an die erfolgreiche Entspannungspolitik von Willy Brandt anknüpft und für Osteuropa eine Sicherheitsarchitektur mit und nicht gegen Russland entwickelt.

Ein großes, ein Megathema – weltweit als Fluchtursache, aber auch national – bleibt die Armutsbekämpfung. Eine gerade veröffentlichte Studie des Paritätischen Wohlfahrtverbandes weist aus, dass die Armutsquote in der Pandemie ein Rekordhoch erreicht hat. 16,4% der Bevölkerung (15,4 Millionen Menschen) sind von Armut betroffen. Und dies in einem der reichsten Länder der Erde, in dem die Vermögensverteilung immer ungerechter geworden ist. Damit zusammen hängt auch das wachsende Problem der Wohnungs- und Obdachlosigkeit.

All diese Probleme werden jedoch überlagert von der Zukunftsfrage der Menschheit, dem Klimawandel. Spät, aber hoffentlich nicht zu spät, hat die Politik begriffen, dass jetzt schnell und entschlossen gegengesteuert werden muss. Bei der Energieerzeugung, der Mobilität, in der Industrie und in den privaten Haushalten. Auch wenn wir es nicht gerne hören: Es wird nicht gelingen, den Klimawandel aufzuhalten, wenn wir nicht alle unsere Lebensweise hin zu mehr Nachhaltigkeit und weniger Emissionen (z.B. beim Reisen) ändern.

Angela Merkel hat 16 Jahre lang als Bundeskanzlerin die Geschicke des Landes geleitet. Bei aller berechtigten Kritik an ihrer Politik im Einzelnen hat Frau Merkel unser aller Respekt verdient. Weil sie uneitel und skandalfrei ihr Amt ausgeübt hat, wird sie auch rund um den Globus in hohem Maße anerkannt. 

In zu Ende gehenden Jahr gestorben, aber nicht aus unserem Gedächtnis verschwunden sind die großen Künstler:innen Mikis Theodorakis, Milva (die nicht nur wegen ihrer roten Haare La Rossa genannt wurde) sowie der wunderbare Jean Paul Belmondo. Ebenso die Ausnahmejournalist:innen Bettina Gaus und Gerd Ruge. Nicht vergessen werden wir die eindrucksvolle KZ-Überlebende, Antifaschistin und Musikerin Esther Bejarano und den klugen und warmherzigen Schriftsteller und Kämpfer für Meinungsfreiheit in der Türkei und überall, Dogan Akhanli. Und wir werden uns immer gerne an unsere legendären und bodenständigen Fußballweltmeister und Idole Horst Eckel (1954) und Gerd Müller (1974) erinnern.

Wir, die Herausgeber, Verantwortlichen und Mitarbeiter des Forum Wermelskirchen wünsche Ihnen und Ihren Lieben eine frohe Weihnacht, erholsame Feiertage und alles nur erdenklich Gute für 2022

Herzliche Grüße
Wolfgang Horn

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Wolf
    • 24.12.21, 17:10 Uhr

    Frohe Weihnachten! Und ein dickes Dankeschön für all die Mühe und Arbeit, die das Team hinter dem Forum hat und leistet.

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