Heute vor 50 Jahren: Das Eisenbahnunglück in Radevormwald-Dahlerau

Dahlerau/Bergisches Land | Im Bergischen kennt man das Datum auswendig: Am 27. Mai 1971, heute vor 50 Jahren, stießen bei Dahlerau, einem Ortsteil von Radevormwald, zwei Züge frontal zusammen. Dabei kamen 46 Menschen zu Tode, 41 Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Schule. Das Entsetzen über das schreckliche Unglück lähmte das Bergische Land für viele Tage.

Die Ermittlungen zur Unfallursache dauerten länger als ein Jahr. Der Hergang ließ sich jedoch nicht hinreichend rekonstruieren, denn der Fahrdienstleiter des Bahnhofs starb kurze Zeit nach dem Ereignis bei einem nachgewiesenermaßen nicht selbst verschuldeten Autounfall.

Die Mehrzahl der ums Leben gekommenen Schüler wurde auf dem Kommunalfriedhof in Radevormwald in einem gemeinsamen Gräberfeld beigesetzt. Zur Beerdigung am 2. Juni 1971 kamen etwa 10.000 Menschen, unter ihnen auch der damalige Bundeskanzler Willy Brandt, Bundesverkehrsminister Georg Leber und Bundesratspräsident Hans Koschnick.

In Radevormwald blieben die Geschäfte geschlossen und in vielen Schaufenstern lagen Beileidsbekundungen aus. Alle geplanten Veranstaltungen wurden abgesagt, Taxis trugen Trauerflor, die Feuerwehr stand Ehrenwache. Der Onkel eines verstorbenen Kindes brach bei den hohen Temperaturen auf dem Friedhof zusammen und starb an einem Herzinfarkt.

Ein steinernes Denkmal mit der Inschrift: „Von den vier Winden komme Geist und hauche über diese Toten, damit sie wieder lebendig werden“ (Vision des Ezechiel, Ez. 37,9) wurde vom Bildhauer Hans Gerhard Biermann geschaffen und neben den Gräberreihen aufgestellt.

Beitragsfoto: Denkmalkreuz und Gräber für Opfer des Eisenbahnunglücks in Radevormwald 1971 © Taube Nuss im Oktober 2004 (CC) BY-SA 3.0

Kommentare (3) Schreibe einen Kommentar

    • Andrea Epking
    • 27.05.21, 6:29 Uhr

    Ein ganz trauriges Ereignis – ich war damals 10 Jahre und bis heute denkt man daran, wenn man über Radevormwald spricht…sowas vergisst man nie, auch wenn es schon ein halbes Jahrhundert her ist…

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    • Angelika Macholl
    • 27.05.21, 11:32 Uhr

    Ich war damals 13 Jahre alt und wir kamen von einer Klassenfahrt an diesem Tag von der Mosel zurück. Im Bus. Bei uns ist alles gut gegangen, wohlbehalten kamen wir zu Hause an. Der Schreck und die Trauer über das Zugunglück war bei uns und unseren Eltern trotzdem hoch.

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    • Joachim Zappe
    • 27.05.21, 16:08 Uhr

    Das größte Eisenbahnunglück in der Geschichte der Bundesrepublik vor 50 Jahren in Radevormwald bringt auch bei mir Erinnerungen zurück, die weit über das Unglücksgeschehen hinaus gehen. Vor 40 Jahren, 1981, habe ich zusammen mit meinem damaligen RGA-Kollegen Ralph Christians für den WDR ein 45-Minuten-Feature erstellt, der einen Blick auf die Geschehnisse des Jahres 1971 richtete und vor allem „zehn Jahre danach“ Bilanz der Bewältigung und Verarbeitung ziehen sollte. Neben dem unglaublichen Leid der Betroffenen war vor allem die Zerrissenheit der Radevormwalder Stadtgesellschaft eine Folge des Unfalls. Angeheizt vor allem durch die Bildzeitung wurde die Solidarität einer Vielzahl von Hinterbliebenen in erheblicher Weise zerstört. Statt zusammen zu stehen, sich gegenseitig zu stützen und gemeinsam das erlebte Trauma zu überwinden, brachen sich Einzelinteressen ihre Bahnen. Soweit ich mich erinnern kann, war die Bundesbahn auch zehn Jahre nach dem Unglück nicht bereit, sich den Fragen zu den Verantwortlichkeiten und Konsequenzen zu stellen.
    Was ich nie vergessen werde, das sind die stundenlangen Gespräche mit Überlebenden der Zugkatastrophe, insbesondere mit der Lehrerin, die den Klassenausflug damals organisiert hatte. Ihr Leben war zu diesem Zeitpunkt komplett zerstört, sie lebte völlig zurückgezogen vor der Öffentlichkeit. Dabei hatte Sie eigentlich nur das gemacht, was gute Lehrer*innen für ihre Schüler tun: einen interessanten und lehrreichen Schulausflug zu planen und durchzuführen. Ich fühle heute mit allen, für die sich vor 50 Jahren das Leben änderte.

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