“Sie standen still vor dem Rathaus. Und sie waren viele.”

Eindrucksvoller Bürgerprotest gegen völkisch-nationale Provokation

VON WOLFGANG HORN

Wermelskirchen | “Sie standen still vor dem Rathaus. Und sie waren viele.” So beginnt die Berichterstattung von Anja Carolin Siebel im Wermelskirchener General-Anzeiger über die Antwort Wermelskirchener Bürger auf die Provokation der AfD, am 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz mit einem “Bürgerdialog” mit Kölner Landtagsabgeordneten im Rathaus der Stadt aufzuwarten. Radio Berg schätzte die Teilnehmerzahl am Protest gegen die AfD gar auf 150 Bürgerinnen und Bürger.

Familien hatten sich vor dem Rathaus versammelt, Junge, Alte, Vertreter fast aller politischer Parteien mit Ausnahme von WNK UWG, die Flüchtlingsinitiative, Künstler, Kirchenvertreter, Lehrer und Schüler, der Bahndamm, Vereine, Blogger, die Kulturinitiative, Wir in Wermelskirchen, die Katt, die gesamte Breite der Zivilgesellschaft war vertreten, um ein Zeichen gegen die Politik der AfD zu setzen und gleichzeitig an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 75 Jahren zu erinnern.

Dagegen nahm sich das Häuflein der von einer auswärtigen Sicherheitsfirma gut bewachten Funktionäre der völkisch-nationalen Rechtspartei ausgesprochen klein und mickrig aus. Wie ein “Bürgerdialog” möglich sein soll hinter Barrieren, Eingangssperren und Ausweiskontrollen, wie ein Gespräch organisiert werden kann hinter äußeren und inneren Verschanzungen, das können auch die ansonsten vollmundigen Rechtspopulisten und ihre völkisch-nationalistischen Kumpane nicht erklären. Die AfD ist in der Defensive. Und das ist gut so. 

„Zugegeben ist der Termin ungeschickt gewählt, uns war das nicht bewusst“, so Jörg Vennedey, Sprecher der Kreis-AfD laut RGA. Ungeschickt? Nicht bewußt? Was für ein Armutszeugnis. “Wir prüfen auch nicht vor jedem Termin, ob und welche Jahrestage es gibt.” Das schrieb der nämliche Sprecher der AfD im Kreis noch am Montag an das Forum Wermelskirchen. Das kann natürlich gut sein, daß wichtige Funktionäre dieser Partei über derart wenig historisches Wissen verfügen und mit derart wenig politischem Anstand ausgestattet sind, daß sie am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, ahnungslos und ungeschickt, historisch unbeleckt und würdelos einen Bürgerdialog planen. Nein. Im Ergebnis war und ist das Auftreten der AfD in unserer Stadt eine Provokation.

Klaus Ulinski erinnerte an seinen Großvater: „Er kam in einem Gestapo-Gefängnis ums Leben“, erzählte der Wermelskirchener. „Dass eine Partei wie die AfD heutzutage Aufwind und Zuspruch bekommt, macht mich persönlich betroffen.“ „Nicht an einem Tag wie heute“, betonte Viola Willinghöfer, „nicht an einem Tag, an dem wir an die Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz erinnern.“ „Wehret den Anfängen“, rief Jochen Bilstein, Fraktionsvorsitzender der SPD und Mitarbeiter bei “Willkommen in Wermelskirchen” über den Platz. Und Marie Louise Lichtenberg, ehemalige Lehrerin und Künstlerin appellierte: „Wir müssen Gesicht zeigen. Wir haben gedacht, dass jenes Gedankengut, das erst zu Auschwitz geführt hat, irgendwann überwunden ist. Ist es aber nicht.“

Beide Lokalzeitungen haben schnell und gut über diese unsägliche AfD-Planung und den machtvollen Protest der demokratischen Zivilgesellschaft berichtet. Traurig nur, daß seither bei der Bergischen Morgenpost AfD-Trolle anonym und ungezügelt über den Protest und die Berichterstattung der Zeitung herfallen dürfen, ohne daß die Redaktion auch nur eine einzige Moderation, einen einordnenden Hinweis dazu abgibt.

Hier einige Impressionen von Karl-Reiner Engels:

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

  1. Die Damen oder Herren Kommentatoren, welche eine Veranstaltung der AfD an so einem Tag rechtfertigen.

    Armin Himmelrath, der wie meine Frau und ich zum Gedenken an den Holocaust und die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am besagten “Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 2020” an dieser Versammlung zur Mahnung an ein “Nie wieder” teilgenommen haben, rief ihnen und ihren Besuchern an diesem Abend etwas zu. Er rief: “Sie sollten sich schämen!” Und damit scheint er nicht zu falsch zu liegen.

    Lutz Balschuweit

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