Buchtipp: Kämpfe um Meinungsfreiheit und Medien

In sieben Beiträgen widmen sich die Autorinnen aus dem Umfeld des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung den Diskursen um Meinungsfreiheit, Political Correctness sowie Fake News und ergänzen dabei um Aspekte, die in der breiten Öffentlichkeit nur allzu oft untergehen. Ausgehend von einer detaillierten Darstellung medialer Diskursstrategien (neu-)rechter Akteurinnen zeichnet Helmuth Kellershohn nach, wie sich eben jene Akteur*innen im Spannungsfeld zwischen vermeintlicher Meinungsfreiheit und beabsichtigter Provokation bewegen und ergänzt um eine juristische Einordnung.

Andrea Becker beschreibt sich in einem weiteren Artikel extrem rechte Online-Gruppierungen und ihren Ausprägungsformen auf unterschiedlichen Plattformen. Dabei nimmt sie insbesondere die kampagnenartige Mobilisierung durch Online-Foren in den Blick und beleuchtet auch, wo Algorithmen der großen sozialen Medien anfällig für Manipulation scheinen. Marc Fabian Erdl widmet sich in seinem Beitrag dem Begriff der „Political Correctness“ und seiner Rezeption im deutschsprachigen Raum. Anhand zahlreicher Beispiele zeichnet er nach, wie sich der Begriff als rechtes Schlagwort etablie- ren konnte und eine andersartige Begriffsbesetzung früh scheiterte.

Fake News stehen im Fokus des Artikels von Jobst Paul. Anhand der Trump-Administration illustriert er die Verstrickung von rechten Medien-Unternehmer*innen mit Regierungskreisen und rekurriert auf die Bedeutung von fragwürdigen „Wahrheiten“ für das politische System der USA.

Das capulcu redaktionskollektiv legt einen gänzlich eigenen Schwerpunkt und geht auf die Rolle von Algorithmen privater Unternehmen für die fortschreitende Digitalisierung des privaten Lebens ein. Aus technologiekritischer Perspektive hinterfragt das Redaktionskollektiv die uneingeschränkte Souveränität marktwirtschaftlich agierender Akteure über die Automatisierung von Prozessen und Lebenssphären.

Vervollständigt wird der Sammelband durch einen Beitrag von Jennifer Eickelmann zum Dualismus von hate speech vs. free speech. Sie zieht den Begriff Cybermobbing exemplarisch heran, um die eindimensionalen Vorstellungen von Täter*innen und Opfern und ihre diskursiven Reproduktion aufzuzeigen. Gleichzeitig geht Eickelmann auf geschlechtsspezifische Sterotypen ein, die in diesem Kontext unterhinterfragt übernommen werden.

Insgesamt bietet der 44. Band aus der Edition DISS im Unrast Verlag eine große Bandbreite an Themen, die an die Debatten um Meinungsfreiheit anschließen. Gleichzeitig verorten sich einzelne Beiträge in einer sehr spezifischen Perspektive und sind daher ohne thematische Vorkenntnisse nicht uneingeschränkt zum Einstieg in den Themenkomplex zu empfehlen – was der insgesamt positiven Bilanz jedoch keinen Abbruch tut. (we)

Paul Bey, Benno Nothardt (Hg.)• Kämpfe um Meinungsfreiheit. Im Spannungsfeld von Hate Speech, Fake News und Algorithmen • Unrast Verlag, Münster 2019 • 158 Seiten • 16,00 Euro • 978-3-89771-773-2

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.