Zugewanderte Ärzte und Pflegekräfte in Deutschland

Den nachfolgenden Beitrag von Carsten Janke entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung der Website vom Mediendienst Integration:

VON CARSTEN JANKE

Berlin | Krankenhäuser und Altenheime sind immer stärker auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. 2018 kamen die meisten ausländischen Pflegekräfte aus Nicht-EU-Staaten. Besonders die Zuwanderung aus Balkanstaaten nimmt zu, wie ein aktualisiertes Factsheet des MEDIENDIENSTES zeigt.

In Krankenhäusern und Altenpflegeheimen fehlen Arbeitskräfte. Viele Einrichtungen sind heute schon auf Personal aus dem Ausland angewiesen. Und Prognosen zeigen, dass der Bedarf weiter wachsen wird. Wie viele Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte aus dem Ausland arbeiten aktuell in Deutschland? Und aus welchen Ländern kommen sie? Der MEDIENDIENST hat ein aktualisiertes Factsheet mit den wichtigsten Zahlen und Fakten erstellt.

Pflegekräfte (Kranken- und Altenpflege)

Wie groß ist der Fachkräftemangel?

Die Bundesagentur für Arbeit sieht bei Pflegeberufen in fast allen Bundesländern einen Fachkräftemangel. In der Altenpflege etwa kommt auf vier gemeldete Arbeitsstellen nur eine arbeitslose Fachkraft. 2018 gab es in der Pflege im Schnitt knapp 40.000 offene Stellen, davon rund 23.900 in der Altenpflege und rund 15.700 in der Krankenpflege.

Wie viele Pflegekräfte aus dem Ausland gibt es zurzeit?

2018 arbeiteten 154.000 Pflegekräfte mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland. Das sind fast doppelt so viele wie noch im Jahr 2013. Ihr Anteil an allen Pflegekräften liegt inzwischen bei 9 Prozent . Allerdings sind sie nicht in allen Bereichen der Pflegearbeit gleich stark vertreten: Im Bereich der Helfertätigkeiten lag ihr Anteil 2016 bei 13 Prozent, bei Fachkräften hingegen nur bei 5 Prozent.

Die meisten ausländischen Pflegekräfte kamen 2018 aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (rund 78.000). Die Zahl der Pflegekräfte aus Balkanstaaten stieg innerhalb eines Jahres um ein Drittel (unter anderem wegen der “Westbalkan-Regelung”, siehe unten). Etwa 6.400 Pflegekräfte kamen aus den “Top-8-Asylherkunftsstaaten”. 2017 war die Zusammensetzung noch etwas anders: Damals gab es mehr Pflegekräfte aus EU-Staaten als aus Drittstaaten.

Wie wird sich die Situation weiter entwickeln?

Das Bundesinstitut für Berufsbildung schätzt, dass 2035 rund 270.000 Arbeitskräfte in Gesundheitsberufen fehlen werden. Die Bertelsmann Stiftung geht sogar von 350.000 Arbeitskräften in der Pflege aus, die bis zum Jahr 2030 fehlen werden.

Wirbt Deutschland in anderen Ländern um Pflegekräfte?

Die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit haben 2013 das Projekt “Triple Win” gestartet, um Pflegekräfte aus Bosnien-Herzegowina, Serbien, den Philippinen und Tunesien für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Seitdem sind etwa 1.600 Pflegekräfte aus diesen Ländern nach Deutschland gekommen. Weitere 800 nehmen noch an Sprachkursen im Herkunftsland teil. Weitere Kooperationen gab beziehungsweise gibt es mit Mexiko und China (Stand: November 2018).

Auch für Arbeitskräfte aus Balkanstaaten ist es in den vergangenen Jahren einfacher geworden, nach Deutschland zu kommen. Seit 2016 gibt es die “Westbalkan-Regelung”, die es Arbeitskräften von dort ermöglicht, nach Deutschland zu kommen, wenn sie eine Job-Zusage haben. Im Pflegebereich ist ihre Zahl seitdem gestiegen (siehe oben).

Ärztinnen und Ärzte

Wie groß ist der Fachkräftemangel?

Bei Ärztinnen und Ärzten gibt es aktuell keinen flächendeckenden Fachkräftemangel. In bestimmten Regionen sieht die Bundesagentur für Arbeit aber durchaus einen Ärztemangel, vor allem in ländlichen Gebieten.

Wie viele ausländische Ärztinnen und Ärzte gibt es zurzeit?

Aktuell arbeiten rund 49.000 ausländische Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Das entspricht einem Anteil von 12,4 Prozent an allen Ärzten. Vom ausländischen Personal kommt etwa die Hälfte aus der Europäischen Union (22.600), darunter die meisten aus Rumänien (4.300). Rund ein Viertel kommt aus asiatischen Ländern (11.500).

Der Anteil von ausländischen Ärztinnen und Ärzten ist regional sehr unterschiedlich. Krankenhäuser in kleineren Städten sind oft stärker auf Zuwanderung angewiesen als Krankenhäuser in Großstädten. In einigen ländlichen Regionen beträgt der Anteil bei neu eingestellten ausländischen Assistenzärztinnen und -ärzten inzwischen 80 Prozent – so etwa in einzelnen Landkreisen, die im Bereich der Ärztekammer Westfalen-Lippe (Nordrhein-Westfalen) liegen.

Wie wird sich die Situation weiter entwickeln?

Das Bundesinstitut für Berufsbildung geht davon aus, dass es bis 2035 keinen flächendeckenden Mangel bei Ärztinnen und Ärzten geben wird – auch wegen der Zuwanderung aus dem Ausland.

Kritik von Sozialverbänden und Ärztekammern

Sozialverbände betonen, dass Zuwanderung den Personalmangel in der Pflege zwar mindern, aber nicht lösen werde. Zudem müsse ein “Care Drain” verhindert werden, also eine zu starke Abwanderung von Pflegekräften aus anderen Ländern. Aus diesem Grund verzichtet Deutschland unter anderem auf die Anwerbung aus Ländern mit eigenem Fachkräftemangel.

Ärztekammern kritisieren, dass man sich aktuell zu sehr auf zugewanderte Ärztinnen und Ärzte verlasse, die jedoch teilweise nicht über eine gleichwertige Ausbildung verfügten.

Wie aussagekräftig sind die Zahlen?

Einige Zahlen zum Bedarf und zu Arbeitskräften sind nur bedingt aussagekräftig. Die Zahl der offenen Stellen dürfte heute schon deutlich höher liegen – besonders bei Ärztinnen und Ärzten, da viele Arbeitgeber ihre offenen Stellen nicht der Bundesagentur für Arbeit melden. Oft suchen sie selbst nach geeignetem Personal.

Zudem gibt es einen Graubereich, der von der Statistik nicht erfasst wird: die Pflege in privaten Haushalten. Eine Studie aus dem Jahr 2014 schätzt, dass etwa 150.000 migrantische Arbeitskräfte in diesem Bereich beschäftigt sind. Viele von ihnen kommen aus mittel- und osteuropäischen Ländern.

Hier das factsheet mit allen Quellenangaben als PDF-Datei:

Beitragsfoto: Pflegekräfte und Klientin in einem Altenheim in Düsseldorf. © Thomas Lobenwein / MEDIENDIENST

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.