Lagerwahlkampf

Zukunft Wermelskirchen und das parteitaktische Gefummel am Kommunalwahlrecht

Ein Einwurf von Wolfgang Horn

Zukunft Wermelskirchen, so der Name der Partei um den einst auf dem Ticket der AfD in den Stadtrat gewählten Andreas Müßener, hatte vor kurzem noch mitgeteilt, auf jeden Fall mit einem eigenen Bürgermeister-Kandidaten bei der Kommunalwahl antreten zu wollen.

Heute indes, nur einen Tag, nachdem die schwarz-gelbe Landesregierung das Kommunalwahlrecht insoweit geändert hat, daß die Stichwahl bei der Wahl des Bürgermeisters wegfallen wird, überdenkt Zukunft Wermelskirchen laut einer Mitteilung von Andreas Müßener an die Presse die eigene Kandidatur für den Fall, daß ein „aussichtsreicher“ Kandidat zur Verfügung steht, damit das „bürgerlich-liberale“ Lager nicht unnötig durch Konkurrenz aus den eigenen Reihen geschwächt werde. 

So wollte es die Landesregierung vermutlich auch haben. Im Vorfeld bereits die lästigen Kandidaten der kleineren Parteien in eine Lagerdisziplin einpressen und so Zersplitterung, anderswo heißt das Differenzierung, zu vermeiden. „Die Abschaffung der Stichwahl in NRW ist ein parteitaktisches Gefummel am Wahlrecht“, wie Stefan Lauscher im WDR treffend kommentierte. 

Möglichst viele Stimmen für das konservative Lager. Darum geht es der schwarz-gelben Mehrheit im Landtag wirklich. Die CDU mußte erleben, überall im Land und auch in Wermelskirchen, dass sie als vielerorts stärkste Partei nach dem ersten Wahlgang mit ihrem Kandidaten zwar noch vorne lag, in der Stichwahl dann aber doch der Kandidat der SPD oder einer anderen Partei das Rennen machte. Sollte es bei der gegenwärtigen Entscheidung bleiben, wird Nordrhein-Westfalen übrigens das einzige Bundesland sein, dass keine Stichwahl mehr kennt.

Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung von Andreas Müßener dann weiter, daß das „oberste Ziel“ für 2020 bleiben müsse, „dass der neue Bürgermeister wieder das liberal-konservative Lager bedient und einen grundsätzlichen Kurswechsel bei der Haushaltsführung nimmt“. Mit unfreiwilliger Komik spricht Andreas Müßener aus, was sich Christ- und Freidemokraten im Land wie in der Stadt niemals öffentlich zu sagen trauten. 

Das liberal-konservative Lager bedient? Das hätte man dann ganz gerne, daß der Bürgermeister Lager bedient. Nach meinem Verständnis ist der Bürgermeister der Bürgermeister aller Bürger und nicht nur der Bürgermeister der Parteien, die ihn zur Wahl aufgestellt haben. Gottlob haben die bisherigen Bürgermeister keine Lager bedient, jenseits aller Parteifarben, Heinz Voetmann nicht, Heinrich Niehaves oder Michael Heckmann nicht, Eric Weik und Rainer Bleek nicht.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

  1. Guten Morgen,

    der Beitrag klingt nach den Flop 5 von”Post von Wagner”. Schlecht angefangen und dann immer weiter abgebaut.

    Völlig selbstverständlich bilden Bürgermeister mit dem jeweiligen Parteibuch auch eine gewisse politische Note ab. Und zwar überall auf der ganzen Welt. Ich bin sprachlos, warum genau das hier in Abrede gestellt wird.

    Sehr gute Beispiele sind die hier genannten Weik und Bleek. Weik versuchte mit klaren Einschnitten in der Verwaltung den Haushalt zu entlasten. Der klassisch-sozialdemokratische Bürgermeister Bleek nimmt diese Schritte wieder zurück.

    Die Stadt Wermelskirchen ist eine liberal-konservative Hochburg. Zukunft Wermelskirchen reagiert klug auf plötzliche Politik-Ereignisse und möchte den Fehler, der bereits 2015 passierte, durch einen eigenen Kandidaten nicht noch einmal wiederholen.

    Weiterhin wird hier das Thema “Stichwahl” viel zu hoch gepusht emotional. Bei einfachem Blick auf die Zahlen fällt auf, dass 56 % der Bürger bei der Bürgermeister-Stichwahl nicht mitmachten und bei der Landratswahl 74 % der Bürger bei der Stichwahl lieber zu Hause blieben.

    Natürlich reagiert der Schreiber hier sehr einseitig. Das liegt daran, dass er sich einem “bestimmten Lager” zugehörig fühlt und dann doch ehrlich zugibt, dass die Stichwahl-Entscheidung zu gewissen Nachteilen führen könnte.

    Dabei erkennt er aber den einfachen Zusammenhang nicht, dass einzig die Wähler, und zwar alle Lager, es demokratisch selbst in der Hand haben, sich mehrheitlich für einen bestimmten Kandidaten zu entscheiden. Dabei spielt es dann keine Rolle, ob mit Stichwahl oder ohne.

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    • EDV-Schrauber
    • 14.04.19, 10:39 Uhr

    Nein, Herr Müßener. Gute Bürgermeister bilden mit dem jeweiligen Parteibuch eben nicht “eine gewisse politische Note ab”, sondern entscheiden sachlich im Sinne des Bürgers. Und dafür, dass Sie sprachlos sind, folgen noch viele Sätze.

    Wie Sie oben schon schruben: Weik “versuchte”. Diese Versuche habe die Stadt Millionen gekostet. Meiner Beobachtung nach macht Bleek genau deshalb die Schritte zurück. Die Stadt muss eine ausreichende Anzahl motivierter und fähiger Mitarbeiter haben, um die anfallende Arbeit zu erledigen. Das hat Weik ignoriert. Wohin das geführt hat, weiß jeder interessierte bzw. informierte Bürger nur zu genau.

    Und es spielt eben doch eine Rolle, ob mit oder ohne Stichwahl. Oder sind Sie so naiv zu glauben, die Landesregierung hätte das Kommunalwahlrecht nur so aus Jux und Dollerei geändert? Oder weil man sich knallharte Vorteile davon verspricht?

    Für mich hat diese Änderung mal wieder das übliche Geschmäckle: passt einem der Ausgang der Wahl nicht, ändert man eben das Wahlrecht. Und ihre Fraktion hat ja schon mal in vorauseilendem Gehorsam reagiert.

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

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