Schmähtext als Kommentar

Von Wolfgang Horn

Wermelskirchen | Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, eines der wichtigsten Rechte in einer demokratischen Gesellschaft. Jeder Mensch darf, im Rahmen der Gesetze, seine Meinung öffentlich kund tun. Presse und Medien recherchieren und klären auf, informieren öffentlich, auch über Dinge, die der Regierung, Unternehmen, Parteien, wichtigen Menschen, Organisationen und Verbänden nicht passen, nicht in den Kram passen, nicht zu Nutzen sind. Und dabei dürfen sie nicht zensiert und beeinträchtigt werden. Presse- und Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht in Deutschland, eines, das nicht beschnitten werden darf, von niemandem.

Meinungsfreiheit ist eher die persönliche Seite des Grundrechts, die Pressefreiheit eher die institutionelle Sicherung des Presse- und Medienwesens vor allem gegen staatliche Willkür, Informationsverweigerung, Verbote oder Zensur.

Schmähungen und Beleidigungen genießen nur innerhalb gesetzlicher Grenzen den Vorteil der Meinungs- und Redefreiheit. Und Zeitungen oder andere Medien dürfen ebenfalls nicht vollkommen ungeregelt und jenseits aller Gesetze vollkommen unhaltbare Behauptungen aufstellen. In dem Fall machen sie sich, wenn nicht strafbar, dann jedenfalls angreifbar.

Ins Kleine runtergebrochen, auf die Verhältnisse in Wermelskirchen, stellt sich das heute so dar: Unter der Überschrift: „Den Rechten nicht das Wort überlassen“ berichtet Theresa Demski in der Bergischen Morgenpost von gestern über die Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Wermelskirchen“ und ihren Dank an die Bürger der Stadt. Ein seriös-sachlicher Beitrag, der über das Willkommen in Wermelskirchen aus der Sicht vor allem von Flüchtlingen berichtet und über die Motivation der Flüchtlingsinitiative Auskunft gibt. Cornelia Seng, Sprecherin der Initiative, wird schließlich zitiert mit einem Beispiel auch für Gegenwind für die Initiative, etwa über polemische Briefe von AfD-Vertretern.

Die Online-Ausgabe dieses Beitrages „schmückt“ nun der Kommentar eines mutigen “Freidenkers”, der sich zwar selbst nicht zu erkennen gibt, aber Cornelia Seng unter Nennung ihres Namens öffentlich als „Heuchlerin“ schmäht. Dieser angebliche Freidenker kommentiert den Beitrag von Theresa Demski nicht, sondern beleidigt und schmäht eine Protagonistin des Beitrages, in einer Weise, die in Wermelskirchen bekannt ist, schon des öfteren zu lesen war und erkennbar aus der rechten Ecke der Parteienspektrums stammt.

Kein Kommentar also, sondern eine als Kommentar verkleidete Schmähung. Das ist vom Presserecht und der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Die Verantwortlichen der Lokalredaktion hätten einen derartigen Kommentar, wenn überhaupt, dann bestenfalls nicht umkommentiert in ihr Blatt beziehungsweise die entsprechende Online-Ausgabe aufnehmen dürfen.

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie zu schützen, ist auch Aufgabe von Journalisten. Ihr journalistischer und ihr gesellschaftlicher Kompass sollte ihnen allerdings möglich machen, Schmähungen von Kommentaren zu scheiden. Im konkreten Fall braucht man dafür nicht einmal besondere sprachwissenschaftliche oder politische Kompetenzen.

Der “Freidenker” nutzt lediglich die Basis einer auflagenstarken Zeitung am Ort, um Schmähungen zu veröffentlichen. In Netzwerken ist er als “Freidenker” jedenfalls nicht zu finden. Die Bergische Morgenpost macht sich so zum Vehikel. Schade.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Mike Galow
    • 22.12.18, 13:58 Uhr

    Ist nichts Neues bei der Bergischen Morgenpost (RP-Online) hier in Wermelskirchen. Auffällig ist aber, dass Kommentare, die diesem rechten Treiben Paroli bieten, gar nicht erst freigeschaltet werden. In den letzten Tagen und Wochen konnte man in der überregionalen Presse lesen, dass sich in immer mehr Institutionen wie z.B. bei der Bundeswehr oder der Polizei braune Netzwerke bilden. Warum sollen da nicht auch bei der örtlichen Presse „Kameraden“ und „Brüder im Geiste“ am Werk sein?

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.