Camino Santiago 2018 bis 2020 – Ein Tagebuch

Tag 13 meiner Pilgerreise – Puenta la Reina nach Estella

Ich bin gegen 14 Uhr in Estella angekommen. Nach dem ich mich kurz orientieren mußte, fand ich die Herberge der Anfas. Die Aufnahme war herzlich und bestimmt. – Die Anfas ist eine Organisation der Behindertenhilfe und kümmert sich um Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Dementsprechend arbeiten in der Herberge  auch Menschen mit einer solchen Beeinträchtigung mit.

Heute Morgen stand ich schon um 6:30 Uhr auf, da ich nicht mehr liegen konnte. Ich war hellwach. Also machte ich mich fertig. Ich verließ die Herberge gegen 7:30 Uhr, um einige Meter die Hauptstaße von Puenta la Reina entlang zulaufen. Siehe da, das erste Café war geöffnet und ich gönnte mir erst einmal ein Frühstück mit frisch gepresstem Orangensaft. Dannach ließ der Weg sich doch gleich leichter an.

Gestern habe ich John, einen jungen Mediziner aus Brisbane, kennengelernt. Wir tauschten uns über die soziale Arbeit ein wenig aus. Ich mußte wieder einmal feststellen, wenn ich gezwungen bin, Englisch zu sprechen,geht es besser, als gedacht.

Damit erst gar keine Fragen aufkommen: Ja, er sah gut aus. Er war mir in der Pilgermasse in Puenta la Reina gleich aufgefallen. – Und, nein, ich habe ihn heute nicht gesehen.

Für einen Pilger wie mich ist es echt ein harter Schnitt, vom Camino Aragonés auf den Camino Frances zu kommen. Hier sind deutlich mehr Pilger unterwegs. Klar, hier kommt man mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. – Das hat auch etwas.

So lernte ich Kan aus Süd-Korea und seinen Vater kennen. Kan erzählte mir, er sei jetzt Student, nachdem er seinen zwei jährigen Wehrdienst abgeleistet habe. Eine Mutter mit ihren beiden Söhnen aus Taiwan oder die ältere Dame aus Australien, die sich mit 71 Jahren  auf den Weg gemacht hat. –  Es ist weiterhin Italien, Brasilien, Kolumbien und, und, und vertreten. Eigentlich Menschen von sämtlichen Kontineten.

So kam mir heute irgendwann unterwegs die Schöppfungsgeschichte in den Sinn:

Gott sah, hielt sein Werk für gut und ruhte am siebten Tag.

Wenn wir alle Geschöpfe Gottes sind – und daran glauben ja nicht nur wir Christen -, dann macht es auch keinen Unterschied, woher ich komme. Ob aus Europa, Asien, Afrika, Australien oder Amerika. Egal, welche Sprache ich spreche. Egal, welche sexuelle Orientierung ich habe. – Wir alle sind die Geschöpfe Gottes. – Also, laßt uns mit Respekt begegnen und genießt das Leben. Denn auch das haben wir gemein: Keiner von uns weiß, wieviel Lebenszeit ihm geschenkt ist.

Der Weg führte über Chirauqui und Lorca durch Wein- und Olivenfelder. Wir Pilger konnten uns an einer improvisierten Kaffeebude erfreuen. – Ok, das ganze schien für mich ein wenig esotorisch angehaucht, aber mir und auch anderen Mitpilgern hat das nichts ausgemacht. Es war einfach nett.

Unterwegs trafen ich einen meiner spanischen Mitpilger vom Camino Aragonés wieder. Ein großes Hallo war angesagt. Nach einem Kilometer ging jeder wieder seiner Wege. So erreichte ich schneller als gedacht bzw gefühlt Estella. Klar hatte der liebe Gott die eine oder andere nette Steigung auch heute in den Weg eingebaut.  Am orginellsten fand ich aber kurz vor Estella die halb runde Brücke.

Estella bekam seine Stadtrechte durch König Sancho Ramirez 1090 verliehen. Er siedelte französische Siedler in die baskische Ortschaft Lizarra an und verlegte den Pilgerweg, der ursprünglich südlicher verlief.

Morgen wird mich der Weg nach Snsol führen.

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