Camino Santiago 2018 bis 2020 – Ein Tagebuch

Sarrance nach Borce – Tag Vier

Heute Morgen bin ich relativ spät gestartet. Es war schon neun Uhr, als ich mich auf den Weg machte und das Kloster verließ. Gut gestärkt nach dem Frühstück.

Irgendwie kam mir gestern Abend das Thema Einsamkeit in den Sinn. Ja, hier auf dem Jakobsweg lebe ich einer selbst gewählten Einsamkeit, ganz bewußt. Dennoch fühlte ich mich gestern Abend nicht im geringsten einsam. Ich war mit in der Klostergemeinschaft beim Abendessen. Ein leckeres 3-Gänge-Menü, aus einer Gemüsesuppe, Spargel mit einer Orangensoße und einem Salat mit Meeresfrüchten. Zum Abschluß gab es Kaffee und selbstgebackene Madleins. – Ja, ich war mitten in der Gemeinschaft. Wir verständigten uns mit einigen Brocken Deutsch, Englisch und mit Händen und Füßen. Der älteste Pater war stolze 92 Jahre jung. Meinte nur “Deutsch” und winkte ab, achtete aber die gesamte Zeit auf mein Wohl.

Der liebe Gott, den ich ja gestern schon bemühte, meinte es auch heute mit mir gut. Strahlender Sonnenschein den ganzen Tag, mehr oder minder. Kein Regen. Der Weg nach Bedus, dem ersten Zwischenziel, verlief an der Gave de l´Aspe. Der Fluss rauschte und man konnte seine Kraft spüren. – Unglaublich.- Der Weg war stellenweise sehr schmal. Links die Felswand, rechts der Abgrund zum Fluß. Ich erreichte das Städchen Bedus wie geplant nach ca. 2 Stunden. Dort gönnte ich mir einen weiteren Kaffee und ging ins Touristikbüro. Ich vergewisserte mich, dass der Somportpass geöffnet ist. Dies wurde mir in Englisch bestätigt. Ein Sorge, die heute Morgen aufkam, war damit genommen.

Beim Verlassen des Städchens kam ich an einer kleinen Kornmühle vorbei. Der Besitzer erzählte mir, dass heute eine Pilgerin um 8 Uhr bei ihm  gestartet sei, um bis zum Somportpass zu gehen. Sehr sportiv meinte er. Ich dachte nur: Wahnsinn, über 30 Kilometer bei mehr als 1200 Metern Höhenunterschied.  – Für mich keine Option.

Auf dem weiteren Weg nach Borce kam ich durch einige sehr schöne kleine Weiler, war aber die meiste Zeit im Wald dem Fluß folgend unterwegs. Keine Menschen. – Und, dann mußte es ja passieren. Ich verlor den Weg, lief damit 2 Kilometer in die falsche Richtung. Also zurück, um mich dann auf den GR365 direkt am Fluß in die selbe Richtung zu begeben. Ich war schlicht oben am Waldrand gelaufen und nicht wie der GR es vorgab. Ich hätte nur runter zum Fluß gemußt, aber nicht zurück! Wer konnte es erahnen.

Achso, Thema Einsamkeit und die Frage: bin ich einsam: Wie grade weiter oben schon gesagt, hier lebe ich eine gewählte Einsamkeit. Im “normalen” Leben gibt es sicherlich Situationen, in denen ich mich einsam fühle.  – Wer kennt dies nicht? -Aber ich habe einen Freundeskreis vor Ort und im weiten Kreis, der mich trägt. Der mich auch mal zurück holt, wenn ich entschwebe. Einsamkeit spüre ich, wenn der Wunsch nach einem Lebenspartner sich in den Vordergrund schleicht. – Wie gesagt, ansonsten kann ich sagen, ich bin gesegnet und nicht Einsam.

Kurz vor Borce beim Überqueren eines Baches rutschte ich aus. Es verriss mich ganz schön, wie ich feststellen muss. Hier in Borce bin ich in der Gite Communal untergekommen. Und habe für Morgen auf der spanischen Seite des Somportpass ein Bett in der Herberge gebucht.

Ganz frei nach Matthäus: “Sorget Euch nicht, der Herr richtet es.” –  So ist es mir die letzten Tage ergangen.

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